Der Kampf gegen den deutschen Imperialismus heute

In den letzten Jahren hat Deutschland im Rahmen der Verschärfung der zwischenimperialistischen Widersprüche seine Beteiligung an Konflikten weltweit verstärkt: Besonders wichtig ist hierbei der Krieg in der Ukraine, in dem Deutschland militärisch, nach den USA, die meiste Unterstützung sendet. Und auch auf ökonomischem und politischen Weg versucht Deutschland, seinen Einfluss auszubauen. Im Rahmen dieser Entwicklung wird es immer wichtiger, dass die fortschrittlichen, antiimperialistischen Kräfte eine klare Haltung gegen den deutschen Imperialismus einnehmen – dies setzt aber Klarheit in der Analyse des imperialistischen Weltsystems und vor allem die richtigen politischen Konsequenzen voraus. Im Folgenden soll die Situation des deutschen Imperialismus und seine Rolle in aktuellen Konflikten sowie der Stand des Kampfes gegen den imperialistischen Krieg in Deutschland und unsere Haltung darin umrissen werden.

Entwicklung des deutschen Imperialismus

Zunächst ein paar Beobachtungen zur Geschichte des deutschen Imperialismus. Die Entwicklung des deutschen Imperialismus nach dem Zweiten Weltkrieg und besonders der letzten Jahrzehnte steht auf einigen, für die deutsche Wirtschaft besonders wichtigen Säulen. Der „Exportweltmeister“ Deutschland profitiert insbesondere von billiger Arbeitskraft, deren Ausbeutung um die Jahrtausendwende durch die Arbeitsmarktreform „Agenda 2010“ noch einmal erleichtert wurde. Diese Reform schuf in Deutschland den größten Niedriglohnsektor Europas, in dem sowohl heimische als auch ausländische Arbeitskräfte ausgebeutet werden, insbesondere aus dem EU-Ausland. Die EU ist eine weitere wichtige Stütze des deutschen Imperialismus, dessen Monopole nicht nur durch die billige Arbeitskraft profitieren, sondern auch durch die Unterdrückung und Ausplünderung wirtschaftlich schwächerer Länder und den Binnenmarkt, über den mehr als die Hälfte der deutschen Exporte abgesetzt werden. Ein weiterer wichtiger Pfeiler der deutschen Wirtschaft und insbesondere der Industrie war billige Energie, besonders Gas, größtenteils bezogen aus Russland. Unter all diesen Voraussetzungen konnte die Wirtschaft über viele Jahrzehnte relativ friedlich und stetig wachsen.

Vor dem Hintergrund dieser Geschichte müssen wir auch die Phase bewerten, in der der deutsche Imperialismus sich heute befindet. Die Weltlage stellt den deutschen Imperialismus in den letzten Jahren vor verschiedene Herausforderungen. Die Krise hat die deutsche Wirtschaft, deren Wachstum von den fortgeschrittenen, imperialistischen Ländern zunächst mit am meisten eingebrochen ist, besonders hart getroffen. Die Rezession hält bis heute an, Forschungsinstitute prognostizierten im Frühjahr ein Wachstum von nur 0,1% für das Jahr 2024. Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland, mit denen auch Gaslieferungen weggefallen sind, von denen die deutsche Industrie stark profitiert hat, haben ebenfalls dazu beigetragen, die Wirtschaft zu schwächen. Und die sich verschärfenden zwischenimperialistischen Widersprüche, in denen sich zunehmend zwei Blöcke bilden, fordern auch Deutschland dazu heraus, seine Rolle klarer zu bestimmen.

Deutschland ist durch all diese Entwicklungen gegenüber Konkurrenten schwächer geworden. Es benötigt auch „Partner“ wie die USA, da es allein nicht stark genug ist. Daher kämpft es gegen und teilweise in Kooperation mit Konkurrenten wie Frankreich um eine Führungsrolle in Europa. Gerade dieser Kampf um eigene Stärke macht Deutschland gefährlich. Bedroht wird der Weg des deutschen Imperialismus zu mehr eigener Stärke auch durch die zunehmende Konfrontation zwischen den USA und China. China ist ein zentraler Handelspartner für das deutsche Kapital. Ein zugespitzter Konflikt würde das deutsche Kapital weiter schwächen. Es versucht daher, hier eigene Wege entsprechend seinen ökonomischen Interessen zu gehen. Darin zeigt sich die widersprüchliche Lage des deutschen Imperialismus, der seine eigene Stärke politisch, ökonomisch und militärisch beständig ausbauen will, dabei auf „Partner“ angewiesen ist, zugleich aber mit diesen in einem erbitterten Konkurrenzkampf steht. Nur eine der beiden Seiten – die Abhängigkeit oder die Eigenständigkeit – zu betonen, führt zu falschen Schlussfolgerungen. So wird in Teilen der Friedensbewegung und von sozialdemokratischen Kräften immer wieder die Abhängigkeit von den USA betont, die mit dem Ukraine-Krieg und der Absage an North-Stream-2 immer deutlicher geworden sei. Diesen Faktore überzubetonen, würde jedoch ein falsches Bild erzeugen, denn der deutsche Imperialismus versucht eigenständig von Tag zu Tag, die Situation zu nutzen, um das Beste für sich daraus zu machen – und er muss sich beeilen, um in der internationalen Entwicklung nicht unterzugehen.

Die Rolle der Regierung

Die Bundesregierung, seit 2021 bestehend aus Sozialdemokratie, Grünen und Liberalen, hat den deutschen Monopolen in den letzten Jahren große Dienste dabei erwiesen. Beispielsweise 2022 berief die Regierung die Konzertierte Aktion ein, ein Format, in dem Regierung, Gewerkschaftsführungen und Arbeitgeber zusammenkommen, um Lösungen für wirtschaftliche Herausforderungen zu finden. Diese Konstellation wird seit Jahrzehnten immer wieder einberufen, sie ist ein maßgebliches Instrument der Klassenkollaboration in Deutschland. In ihrer letzten Auflage hat sie zu einer Abmachung geführt, mit der die Belastung der Unternehmen durch Arbeitskämpfe verringert wurde, indem statt langfristigen Lohnerhöhungen in vielen Tarifrunden Einmalzahlungen ausgehandelt wurden, die in Teilen staatlich getragen wurden. Zu dieser maßgeblichen Unterstützung kommen staatliche Subventionen für Unternehmen, die in den letzten Jahren neue Höhen erreicht haben. Mit der Begründung von Pandemie und Krise wurden Milliardenpakete für Unternehmen freigegeben, die die verlorenen Profite ausgleichen. Die Subventionen sollen jedoch nicht nur Unternehmen vor der Pleite retten, sondern sie unterstützen auch dabei, die deutsche Wirtschaft „zukunftsfähig“ zu machen. So investiert Deutschland Milliarden, um beispielsweise die Chipproduktion hochzufahren. Allein 10 Milliarden Euro werden ausgegeben, damit Intel in Deutschland einen Produktionsstandort aufbaut, 5 Milliarden Euro für einen Standort von TMSC. Als „Erdöl des 21. Jahrhunderts“ bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz die Halbleiter in einer Rede. Auch für die Stahlindustrie werden 7 Milliarden Euro bereitgestellt, um auf „grünen“ Stahl umzustellen und global konkurrenzfähig zu bleiben. Diese Subventionen werden teils nicht aus dem regulären Haushalt bezahlt, weil hier die sogenannte „Schuldenbremse“ greift, ein Gesetz, das verhindern soll, dass der Staat sich weiter verschuldet und mit dem immer wieder Kürzungen in sozialen Bereichen begründet werden. Um diese Regelung zu umgehen, werden die Subventionen als Sondervermögen bereitgestellt – auch diese müssen jedoch früher oder später abbezahlt werden. Die Kehrseite dieser Subventionen sind schon jetzt große Kürzungen im sozialen Bereich, wobei lediglich das Ausmaß dieser Kürzungen noch Verhandlungsgegenstand in der Politik ist. Um die Akzeptanz für diese Einsparungen zu erhöhen, werden diese immer wieder mit dem Krieg und den Herausforderungen an die Nation begründet. Ein gutes Beispiel für die Logik war die von der Politik herausgegebene Losung des „Frierens für den Frieden“, als nach dem Kriegsausbruch die Energiepreise in die Höhe schnellten. Die hohen Preise (die höchsten in ganz Europa) wanderten jedoch direkt in die Taschen von Energiekonzernen wie RWE und E.On, die die höchsten Profite ihrer Geschichte machten. Auch 2023 machte der Energiekonzern RWE einen bereinigten Gewinn von 4,5 Milliarden Euro, 39% mehr als im Vorjahr, E.On verbuchte mit 3,2 Milliarden Euro ein Wachstum von 12% und selbst Uniper, ein Konzern der 2022 mit 20 Milliarden Euro staatlich vor der Pleite gerettet wurde, fuhr 4,4 Milliarden Euro Gewinn ein.

Die herrschende Klasse stellt die Weichen für die Zukunft und lässt kein Mittel ungenutzt, um die Stellung und Konkurrenzfähigkeit der deutschen Monopole auf dem Weltmarkt zu erhalten und verbessern. Auch der Einfluss über die eigenen Grenzen hinaus wird zu diesem Zweck ausgebaut, wobei Deutschland aufgrund seiner Vormachtstellung in der EU es schafft, diese explizit für seine Ambitionen zu nutzen. Nicht nur werden auch die Subventionen teils durch EU-Projekte gewährleistet, so zum Beispiel in der Chipproduktion mit dem milliardenschweren Projekt „Chips für Europa“.  Auch über die EU-Grenzen hinaus wird diese genutzt, um deutschen Einfluss in der Welt auszubauen. Ein Beispiel ist hier das Projekt Global Gateway, das neben der Neuen Seidenstraße und Build Back Better World als eines der derzeit   großen imperialistischen Strategievorhaben gewertet werden muss. Von den aktuell angedachten 300 Milliarden Euro für Global Gateway wurden 150 Milliarden Euro für Infrastrukturprojekte in Afrika eingeplant. In diesem Rahmen soll zum Beispiel der sogenannte Lobito-Korridor vom Kongo über Sambia nach Angola einen besseren Zugriff auf Rohstoffe gewährleisten. Mit dem Projekt Global Gateway sichert Deutschland auch seinen Zugriff auf Wasserstoff aus Namibia – Vorkehrungen, um die Zukunft der deutschen Industrie zu sichern, die zu Lasten der abhängigen Länder gehen. Auf dem G20-Gipfel 2023 wurde unter dem Namen IMEC auch ein neuer Korridor von Indien über den Nahen Osten bis Europa geplant, ebenfalls ein Gegenprojekt zur Neuen Seidenstraße. Die EU ist und bleibt zentral dabei, deutsche imperialistische Ansprüche in der Welt umzusetzen.

Seinen höchsten Ausdruck findet dieser Ausbau der deutschen Einflussnahme in den militärischen Entwicklungen. Einen Tag nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine holte der Bundeskanzler ein 100-Milliarden-Sondervermögen aus der Tasche, mit dem die deutschen Streitkräfte ausgebaut werden sollen. Bis 2026 stocken diese 100 Milliarden Euro den Verteidigungshaushalt auf, womit auch das 2%-Ziel der NATO erstmals eingehalten wird. Diese Entwicklung bezeichnet die größte Aufrüstung seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Krieg wurde vom Kanzler als „Zeitenwende“ bezeichnet, der auch die deutsche Kriegsfähigkeit herausfordere. Deutsche Politiker, wie der Vorsitzende der regierenden Sozialdemokraten, Lars Klingbeil, formulieren dies folgendermaßen: „Nach knapp 80 Jahren der Zurückhaltung hat Deutschland heute eine neue Rolle im internationalen Koordinatensystem. […] Deutschland muss den Anspruch einer Führungsmacht haben“. Auch in den jüngsten Zuspitzungen im Roten Meer beteiligt sich Deutschland durch die Entsendung einer Fregatte, die als gefährlichste Mission der Marine seit Jahrzehnten bezeichnet wird. Bis zu zehn Prozent des deutschen Außenhandels laufen über das Rote Meer, All diese Entwicklungen sind klare Anzeichen dafür, dass der deutsche Imperialismus zwar geschwächt ist und Partner benötigt, aber entschlossen kämpft, um sich in der Verschärfung der zwischenimperialistischen Widersprüche zu behaupten. Besonders wichtig für den deutschen Imperialismus ist heute der Krieg in der Ukraine, der sich näher zu betrachten lohnt.

Die deutsche Beteiligung am Krieg in der Ukraine

Auch wenn zu Beginn des Krieges in der Ukraine eine Diskussion in der deutschen Politik losbrach, wie genau man sich dazu zu verhalten habe, ist es nicht so, als hätte die deutsche Einmischung in die Ukraine erst am 24. Februar 2022 begonnen. In dem jahrelangen Ringen westlicher und russischer Kräfte nach Einfluss in der Ukraine nimmt Deutschland eine besondere Rolle ein. Schon während des Maidans mischte die Merkel-Regierung mit, für alle Welt sichtbar, als der amtierende Außenminister Westerwelle auf dem Maidan mitdemonstrierte. Deutschland war maßgeblich an der Ausformulierung des EU-Assoziierungsabkommens beteiligt, mit dem die Ukraine auch militärisch an die EU und die NATO angebunden wurde, und nach dem Angriffs Russlands auf die Ukraine war nach einigen Aushandlungen innerhalb der herrschenden Klasse schnell klar, dass die Ukraine in diesem Konflikt militärisch sowie finanziell maßgeblich unterstützt werden würde.

Die Regierung fuhr alle Geschütze auf, um die weit verbreitete pazifistische Einstellung in der breiten Bevölkerung zu bekämpfen. Die Forderungen nach Verhandlungen und Waffenstillstand wurden als Unterstützung für Putin bezeichnet und die Frage von Waffenlieferungen so lange medial bearbeitet, bis die Zustimmung zu diesen in Umfragen irgendwann über der Hälfte der Bevölkerung lag. Ein besonders abstruses Beispiel war die Bezeichnung von Friedensdemonstranten als „gefallene Engel aus der Hölle“ durch Bundeskanzler Scholz. Mit dieser großen Propagandakampagne, deren vorherrschendes Narrativ: „Die Ukraine kämpft auch für unsere Freiheit und Demokratie!“ war, schaffte es die Regierung, große Teile der Bevölkerung hinter ihrer Kriegspolitik zu vereinigen. Auch linksliberale Kreise gingen in den ersten Wochen auf die Straße, bei Solidaritätsaktionen wurden immer schwerere Waffen gefordert. Nach mehreren Jahren Krieg sieht man heute, wohin diese Unterstützung geführt hat: die Ukraine ist in einer schlechteren Verhandlungssituation als noch zu Beginn des Krieges, als die Westmächte dazu ermunterten, weiterzukämpfen, obwohl Verhandlungsoptionen offenlagen. Gleichzeitig werden in Wiederaufbaukonferenzen in Berlin bereits die deutschen Investitionen in die kriegszerstörte Ukraine verhandelt.

Auf den Krieg in der Ukraine wurde unter mehr oder weniger fortschrittlichen Kräften ambivalent reagiert: Die linksliberalen, regierungsnahen Organisationen verhielten sich im besten Fall indifferent und wurden im schlimmsten Fall direkt durch „Solidaritätsdemonstrationen“ für die deutsche Kriegspolitik eingespannt. Die deutsche Friedensbewegung hingegen formulierte schnell einen Standpunkt gegen die Kriegsbeteiligung, der jedoch in der Gesamtbevölkerung zunächst relativ isoliert bleibt, unter anderem auch aufgrund der Tatsache, dass er es nicht schafft, die richtigen Gründe für die Kriegsgegnerschaft anzuführen. Wir stellen ähnliche Haltungen in verschiedenen Ländern fest, weswegen es sich lohnt, ein wenig darauf einzugehen und unsere konkrete Politik dem gegenüber darzulegen. In unserer Resolution “Alle Monopole und Imperialisten sind Feinde der Völker” schrieben wir im November 2023:

“[Unsere Konferenz] sieht es als ihre Aufgabe, die unwissenschaftlichen Positionen zu neutralisieren, die entweder den imperialistischen Charakter Chinas und Russlands leugnen oder sie zwar als imperialistisch anerkennen, sie aber als pro-humanitäre, völkerfreundliche, friedliche Mächte definieren und nur die USA und ihre Verbündeten und die NATO als „Feinde“ betrachten. Diejenigen, die die Errichtung einer „multipolaren“ Welt anstreben und behaupten, dass die USA und die NATO die einzigen Feinde der Völker sind, als ob die heutige Welt „unipolar“ wäre und die Imperialisten nicht für eine Neuaufteilung der Welt kämpfen würden, verbreiten die Illusion, dass man den US-Imperialismus bekämpfen kann, indem man sich auf den russischen und chinesischen Imperialismus stützt. Man kann jedoch nicht gegen einen Imperialisten kämpfen, indem man sich auf einen anderen stützt!“1

Diese Haltung ist auch in der deutschen Friedensbewegung zu sehen, die von bürgerlich-pazifistischen und revisionistischen Kräften dominiert wird. Die Verklärung von Russland und China geht so weit, dass bei der Rosa-Luxemburg-Konferenz 2024, dem größten Treffen linker, opportunistischer, aber auch revolutionärer Parteien und Organisationen, das von den Revisionisten organisiert wird, auch die Botschafter Russlands und Chinas geladen waren und Platz im Programm fanden.  Und so wurde der Krieg Russlands gegen die Ukraine in der Friedensbewegung nicht verurteilt, sein Klassencharakter wurde nicht herausgestellt, sondern verschleiert, indem die russische Rechtfertigung der „Sicherheitsinteressen“ und des „antifaschistischen Kampfes“ in der Ukraine von großen Teilen übernommen wurden.

Wir haben seit Beginn des Krieges in der Friedensbewegung und darüber hinaus für die proletarische Position gekämpft, die auch eine Voraussetzung dafür ist, dass die Friedensbewegung und die Arbeiterbewegung zusammengehen und stärker werden können. Die derzeitige Weltlage und die Diskussionen in den Ländern veranlassen dazu, die tiefgreifenden Schlussfolgerungen noch einmal nachzuvollziehen, die die Kommunistische Weltbewegung aus dem Übergang des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium gezogen hat, das bis heute andauert. Im Kampf gegen die sozialchauvinistische und in das Lager des Imperialismus übergelaufenen Führer der Zweiten Internationale arbeitete Lenin seine Analyse des Imperialismus heraus, die in aller Deutlichkeit zeigte, dass der Kapitalismus früher oder später notwendig zum Imperialismus führt, dass dieser sich aus den Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus heraus ergibt und sie nicht aufhebt, sondern im Weltmaßstab fortsetzt und die Völker der Welt vollständig in dieses imperialistische Weltsystem hineinzieht. Diese grundsätzliche Entwicklung musste dazu führen, dass der Klassenkampf sich fortan im Weltmaßstab vollzog, dass aus dem Widerspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital im Weltmaßstab der Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationen sowie der Widerspruch zwischen imperialistischen und unterdrückten Nationen entstanden. Es war die Dritte Internationale, die herausarbeitete, was das für die Strategie und Taktik der Kommunisten im Kampf für die Revolution bedeuten musste und diese Entwicklung auch in ihrer Bedeutung für die Theorie zu ihrem vollen Rechte kommen ließ. Lenin formulierte die Haltung der Marxisten in zwischenimperialistischen Kriegen in „Sozialismus und Krieg“ im Jahr 1915 folgendermaßen:

„Es ist nicht Sache der Sozialisten, dem jüngeren und kräftigeren Räuber (Deutschland) zu helfen, die älteren, sattgefressenen Räuber auszuplündern.“2

Dieses Prinzip lässt sich auf aktuelle zwischenimperialistische Konflikte wie den, der in der Ukraine ausgetragen wird, übertragen. Es ist auch heute nicht unsere Aufgabe, die Sicherheitsinteressen Russlands zu verteidigen oder in Verhandlungen und Kompromissen, die die Imperialisten untereinander ausgehandelt haben und die sie wieder gebrochen haben, Stellung für die eine oder andere Seite zu beziehen. Doch es wäre falsch, aus dieser Haltung zu schließen, dass der marxistische Standpunkt diesen Konflikten gegenüber indifferent ist. Lenin schreibt weiter:

„Die Sozialisten haben den Kampf zwischen den Räubern auszunutzen, um sie allesamt zu beseitigen.“

Und:

„Die revolutionäre Klasse kann in einem reaktionären Krieg nicht anders als die Niederlage der eigenen Regierung wünschen, sie kann den Zusammenhang zwischen militärischen Mißerfolgen der Regierung und der Erleichterung ihrer Niederringung nicht übersehen. […] Gerade ein solches Auftreten würde dagegen den geheimen Wünschen jedes klassenbewußten Arbeiters entsprechen und in der Linie unseres Handelns liegen, das auf Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg abzielt.“3

Die Politik der Niederlage der eigenen Regierung und der Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg der Bolschewiki ist besonders deutlicher Ausdruck dafür, wie exakt die Marxisten den inneren Zusammenhang von imperialistischem Krieg und dem Kampf um die Revolution zu verstehen haben. Der marxistisch-leninistische Standpunkt greift den inneren Zusammenhang des Klassenwiderspruchs und der zwischenimperialistischen Widersprüche in seinem vollen Ausmaß auf, indem er nicht nur betont, dass das Ende des imperialistischen Krieg erst mit dem Ende des Kapitalismus möglich wird, sondern den Kampf gegen den imperialistischen Krieg auf allen Seiten notwendig mit dem Kampf um die Revolution verbindet. Der marxistische Standpunkt macht die Haltung der Kommunisten zu jedem Krieg abhängig von der Stärkung des Klassenkampfes.

Natürlich müssen wir anerkennen, dass die Losung der Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg auf die derzeitigen Verhältnisse in Deutschland nicht anwendbar ist. Wo der Klassenkampf von Seiten des Proletariats verhältnismäßig schwach ist, wo die Identifikation mit den eigenen Imperialisten selbst in der Arbeiterklasse stark ist und das Klassenbewusstsein schwach, da ist es auch schwierig, an dieses anzuknüpfen und daraus seine Haltung zum Krieg abzuleiten. Auch in Russland sowie in der Ukraine gibt es keine große Arbeiterbewegung, die die Interessen der Klasse zum Ausdruck bringt und sich (im Falle von Russland) gegen den imperialistischen Krieg von eigenem Boden aus oder (im Falle der Ukraine) gegen die Unterwerfung unter jeglichen Imperialismus sowie die eigene Kompradorenbourgeoisie stellt. Diese Bewegungen sind schwach, was es umso leichter für die Herrschenden macht, ihr Interesse als das Interesse der „Völker“ auszugeben. Aber nur weil die Arbeiterbewegung schwach ist und die Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg gegen die eigene Bourgeoisie auf allen Seiten nicht in naher Zukunft zu liegen scheint, bleibt die marxistische Analyse nicht nur richtig, sondern sie gibt uns sogar sehr konkrete Leitlinien für die richtige Praxis.

Sie mahnt uns, den Kampf gegen den imperialistischen Krieg niemals unabhängig vom Klassenkampf zu bewerten, uns niemals dazu verleiten zu lassen, auf der Seite des einen oder des anderen Imperialisten nach Recht oder Unrecht zu suchen, sondern aus dem Klassenstandpunkt die richtige Politik abzuleiten. Im Falle von Deutschland bedeutet das ganz konkret, an jeder Stelle die Interessen des deutschen Imperialismus aufzudecken, der sich an dem Krieg in der Ukraine labt und davon neue Energie zehrt. Und es gibt genug Anknüpfungspunkte, um den Klassencharakter dieses Krieges auf allen Seiten aufzuzeigen und davon ausgehend die richtige Politik zu entwickeln. Denn die Kriegspolitik richtet sich schon heute direkt gegen die Interessen der arbeitenden Bevölkerung, wenn sie aufgefordert wird, für den Frieden zu frieren oder ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für Rüstung ausgegeben wird, während in den Sozialleistungen gekürzt wird. Diejenigen, die diese arbeiterfeindliche Politik durchsetzen sind dieselben, die nach mehr Waffen für die Ukraine schreien. Und dieser innere Zusammenhang ist für viele Menschen nicht abstrakt oder weit weg, sondern sehr konkret und greifbar. Das ist die Wunde, in die wir das Salz streuen müssen, indem wir unsere Forderungen in Bezug auf diesen Krieg immer und an jeder Stelle mit den Angriffen auf die Arbeiterklasse verbinden.

Deutschland und der Krieg gegen das palästinensische Volk

Zwar ist der Krieg im Nahen Osten in seiner Bedeutung für den deutschen Imperialismus nicht zu vergleichen mit dem Krieg in der Ukraine. Doch der Krieg gegen das palästinensische Volk und vor allem seine öffentliche Diskussion weisen in Deutschland noch einmal nationale Spezifika auf, die es sich zu betrachten lohnt und die dazu führen, dass die israelisch-deutschen Beziehungen immer überdeckt von moralischen Begründungen sind. So ist die Solidarität mit Israel in Deutschland sogenannte „Staatsräson“ und wird aus der historischen Schuld gegenüber dem jüdischen Volk abgeleitet. Der deutsche Imperialismus hat hier eine besonders perfide Art, die eigenen Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs zur Legitimierung seiner heutigen Verbrechen heranzuziehen. Deutschland hat seine Waffenlieferungen an Israel seit dem 7. Oktober mehr als verzehnfacht und die israelische Regierung in ihrem brutalen Krieg gegen das palästinensische Volk in jeder Hinsicht unterstützt. Das alles ging einher mit einer Welle von Demonstrationen im Inland, die Mitgefühl mit den Opfern des 7. Oktobers zum Ausdruck brachten und zugleich die israelische Vergeltung guthießen. Der Slogan dieser Kampagnen war „Nie wieder ist jetzt!“ (in Bezug auf die Verbrechen des Faschismus, was implizit auch den 7. Oktober in diese Tradition antisemitischen Terrors stellt, da die Demonstrationen eine Reaktion auf diesen Tag waren). Staatlich organisierte Demos wurden unterstützt von zivilen und wirtschaftlichen Institutionen und Unternehmen. Die komplette Entkontextualisierung des Holocausts erlaubt absurde Zustände, wie beispielsweise dass Unternehmen wie Bayer (direkter Nachfolgekonzern der IG Farben, die ein eigenes Arbeitslager in Auschwitz errichten ließen) heute Unterzeichner und Unterstützer der „Nie wieder ist jetzt“-Kampagne sind und sich darüber profilieren, während fortschrittliche, antiimperialistische Kräfte in Deutschland seit dem Kriegsbeginn einer riesigen Hetzkampagne ausgesetzt sind und Demonstrationen der palästinensischen Community zu Debatten über „importierten Antisemitismus“ führen.

Diese schizophrene öffentliche Debatte wird jedoch nicht nur durch die staatliche Politik und große Medienhäuser befeuert, sondern hat ihre ganze eigene Spiegelung in der „linken“ Bewegung. Seit den 1990ern gibt es eine große Strömung innerhalb antifaschistischer Bewegungen, die exakt dieselbe Schlussfolgerung aus der deutschen Geschichte ziehen und die bedingungslose Solidarität mit Israel als Aufgabe jedes deutschen Bürgers betrachten. Diese Strömung der „Anti-Deutschen“, auf die wir nicht länger eingehen wollen, verliert zwar innerhalb der Linken in den letzten Jahren an Boden, aber ihr Einfluss ist nach wie vor groß und es gibt in fortschrittlichen Bündnissen und gewerkschaftlichen Kreisen eine breite Unterstützung Israels, die auch von Kriminalisierung und Ausschluss antiimperialistischer Gruppen begleitet ist. So sind es „Linke“, die bei pro-palästinensischen Demos Gegendemonstrationen veranstalten oder fordern, dass pro-palästinensische Gruppen aus Bündnissen ausgeschlossen werden und ihnen Räume verweigert werden. Diese weltweit einmalige Situation führt dazu, dass in breiten Teilen der „Linken“ in Deutschland Solidarität mit Palästina keineswegs selbstverständlich ist.

Die marxistische Haltung gegenüber dem palästinensischen Befreiungskampf und seiner brutalen Unterdrückung haben wir an vielen Stellen formuliert, unter anderem in unserer Resolution „Solidarität mit dem palästinensischen Volk“ aus dem November 2023:

“Jede „Lösung“, die die Besetzung des palästinensischen Territoriums nicht beendet und die nationalen Rechte der Palästinenser, insbesondere das Recht auf Selbstbestimmung bis zur Bildung eines unabhängigen Staates, nicht anerkennt, dient nur dazu, die Fortsetzung des Völkermords am palästinensischen Volk zu rechtfertigen.“4

Hier ist die marxistische Losung des Rechtes auf nationale Selbstbestimmung in seinem vollen Umfang übertragbar, unter anderem weil die Unterdrückung des palästinensischen Volkes ihrem Charakter nach am ehesten mit einer kolonialen Unterdrückungssituation vergleichbar ist, in der das Recht auf eine eigene Staatlichkeit noch nicht verwirklicht ist. Die nationale Frage ist in Palästina eine zentrale Frage, und solange die nationale Selbstbestimmung nicht verwirklicht ist, muss es eine zentrale Forderung der Kommunisten sein, die Voraussetzungen dafür herzustellen. Dies steht keineswegs im Widerspruch dazu, den Klassenkampf in jedem Land zu Gunsten des Proletariats zu stärken, sondern leitet sich im Gegenteil explizit daraus ab. Lenin schreibt 1916 in seinen Thesen „Die sozialistische Revolution und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen“:

„Die Sozialisten haben nicht nur die bedingungslose und sofortige Befreiung der Kolonien zu fordern – diese Forderung bedeutet aber politisch nichts anderes als die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen – sondern sie müssen revolutionäre Elemente in den bürgerlich demokratischen nationalen Befreiungsbewegungen in diesen Ländern auf das entschiedenste unterstützen und ihrem Auflehnen, ihren Aufständen ihrem revolutionären Krieg gegen die sie unterjochenden imperialistischen Staaten beistehen.“5

Das bedeutet auch, dass in unseren Forderungen klargemacht werden muss, dass die Freiheit des palästinensischen Volkes an diesem Punkt Voraussetzung ist für den gesellschaftlichen Fortschritt, dass es keinen Frieden in der Region geben kann ohne diese Voraussetzung, was auch bedeutet, die nationale Befreiungsbewegung zu unterstützen, jedoch innerhalb dieser Befreiungsbewegungen immer die proletarischen, fortschrittlichen Elemente zu betonen. In der Kriegssituation, die seit Oktober herrscht, ist in Deutschland die Forderung nach einem Ende der militärischen und politischen Unterstützung Israels und das Einsetzen für einen Waffenstillstand (was in diesem Fall ein Ende des israelischen Krieges gegen Gaza bedeutet) zu fordern.

Diese Forderungen zu vertreten ist in Deutschland nicht selbstverständlich. Zwar sehen wir, dass die riesige Solidaritätskampagne mit dem israelischen Krieg, die in deutschen Medien gefahren wird, keineswegs dazu führt, dass auch die breite Masse der Arbeiterklasse den israelischen Krieg wirklich unterstützt. Vor allem die vielen migrantischen Arbeiter, die oftmals einen besonderen Bezug zu der Region haben, aber auch weite Teile der Arbeiterklasse darüber hinaus unterstützen den Krieg nicht, sind aber auch nicht gewillt, gegen ihn auf die Straße zu gehen. Das führt unter anderem dazu, dass die pro-palästinensische Bewegung isoliert und stark religiös und nationalistisch dominiert bleibt. Umso wichtiger ist es, in diesen Bewegungen Forderungen in den Vordergrund zu stellen, die sich direkt an den deutschen Staat richten, die seine Unterstützung Israels als heuchlerisch enttarnen und dem intuitiven Solidaritätsgefühl von Teilen der Arbeiterklasse eine politische Begründung geben.

Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Deutschland ist nach wie vor ein starkes imperialistisches Land, das sich an verschiedenen Fronten zu behaupten sucht. Die zentrale Front, gegen die die Angriffe des deutschen Imperialismus heute gerichtet sind, ist jedoch die innere Front. Auch hier erfüllt die derzeitige Regierung einen spezifischen Zweck. Es ist ein bewährtes Mittel der deutschen herrschenden Klasse, immer dann zu in fortschrittliche Hüllen gekleideten Regierungen zu greifen, wenn die Angriffe auf die Arbeiterklasse besonders hart sind. So waren es Sozialdemokratie und Grüne, die die „Agenda 2010“ 2001 umsetzten. Und auch heute schafft es die „Fortschrittskoalition“, wie sie sich selbst nennen, mit ihrer Propaganda nach wie vor große Teile der Bevölkerung in ihren Windschatten zu bringen. Dies gelingt unter anderem durch die Sozialdemokratie, die ihren Einfluss in den Gewerkschaften explizit dafür nutzt, die Konzernpolitik in die Arbeiterschaft zu tragen. Beispielsweise haben in den letzten Monaten Proteste stattgefunden, in denen die Arbeiter in wichtigen Industriebetrieben von der Gewerkschaft aufgerufen wurden, für einen staatlich subventionierten Strompreis für die Industrie zu demonstrieren. Das erklärte Ziel dieses Strompreises: Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und Sicherung des Wohlstands unseres Landes, so Wirtschaftsminister Robert Habeck. Während das Wirtschaftsministerium eine Deckelung des Industriestrompreises auf 6ct pro Kilowattstunde vorschlägt, was einem Entlastungsvolumen von voraussichtlich bis zu 30 Milliarden Euro entspricht, legt die größte Einzelgewerkschaft der Welt, die IG Metall, noch einen drauf und fordert einen Preisdeckel bei 5ct die Kilowattstunde. Doch damit nicht genug. So forderte Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall, Mitte Januar 2024, für den „ökologischen Umbau“ der deutschen Industrie ein Sondervermögen in Höhe von 600 Milliarden Euro einzurichten. Diese Summe entspricht über eineinhalb kompletten Bundeshaushalten. Die Arbeiteraristokratie erweist sich gerade in diesen Zeiten als bewährtes Mittel des deutschen Kapitals, eine Tradition, die bis 1914 zurückgeht, als sich die Sozialdemokratie und mit ihr die Gewerkschaften das erste Mal für den sogenannten Burgfrieden einspannen ließen. Obwohl die Streikbewegung die stärkste seit Jahren und die Unzufriedenheit mit der Regierung in Umfragen sehr hoch ist, sitzt diese zurzeit mit ihrer Politik noch verhältnismäßig fest im Sattel. Ein Anwachsen des Klassenbewusstseins, das nicht nur Grundlage für ökonomische, sondern auch politische Kämpfe ist, ist zwar zu beobachten, jedoch ist die Identifikation mit dem Standort Deutschland und dem deutschen Staat nach wie vor hoch. Auch die militärischen Ambitionen werden sehr erfolgreich mit dem Narrativ der Verteidigung der Demokratie und des Friedens gerechtfertigt, wie man auch an den jüngsten Umfragen sieht, nach denen beispielsweise über die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland für die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist.

Als Konsequenz aus all diesen Versuchen, die Bevölkerung in die Reserve des Imperialismus zu bringen, sehen wir in den letzten Monaten eine bestimmende politische Tendenz: Das Ansteigen des Nationalismus. Denn sei es die Identifikation mit dem Wirtschaftsstandort Deutschland, die in die Arbeiterklasse getragen wird, oder auch die Erzählung vom „äußeren Feind“, der die Aufrüstung notwendig machen würde, die herrschende Politik versucht mit allen Mitteln, den nationalen Zusammenhalt herzustellen und das angebliche nationale Interesse an die Stelle jedes auch noch so schwachen Klassenbewusstseins zu setzen. Der ansteigende Nationalismus wird durch die Politik der regierenden Parteien bestärkt, doch er führt in seiner Konsequenz auch dazu, dass konservative und rechte Parteien an Aufschwung gewinnen. In derzeitigen Umfragen sind die CDU und die AfD, die auch faschistische Elemente beinhaltet, die stärksten Parteien. Es ist also nicht auszuschließen, dass das Pendel der bürgerlichen Politik umschlägt und das Kapital in Zukunft statt auf linksliberale eher auf rechts-konservative Parteien setzt. Doch egal, wie sich die Politik entwickelt, der deutsche Imperialismus und der verschärfte Klassenkampf von oben, zu dem er gezwungen ist, um sich im Weltmaßstab zu behaupten, wird auch den Nationalismus immer weiter erstarken lassen, weil dieser die Form seiner Herrschaft nach innen ist. In dem Maße, wie wir den Zusammenhang von imperialistischer Kriegspolitik und Behauptung im Klassenkampf im eigenen Land begreifen, in dem Maße erschließen wir uns auch die Mittel für den Kampf gegen den Imperialismus und den Krieg, der immer nur in Zusammenhang mit dem allgemeinen Klassenkampf erstarkt. Und so müssen wir in diesen Zeiten die besondere Bedeutung sozialer Kämpfe und insbesondere der Streikbewegungen, die in den letzten Jahren erstarken, herausstellen. Auch wenn die ökonomischen Kämpfe nicht zwangsläufig ein politisches Bewusstsein über die Klassengesellschaft als Ganzes mit sich bringen, sind sie die Wunden, in die es Salz zu streuen gilt. Es ist klar, dass die Steigerung des Klassenbewusstseins hin zu politischen Forderungen nicht von heute auf morgen stattfindet. Doch gerade in Zeiten, in denen der deutsche Imperialismus auf den „Burgfrieden“ besonders angewiesen ist, gewinnt jede Form des Klassenkampfes an Bedeutung, weil er einen Riss in der nationalen Front bedeutet.

Egal an welchem Punkt des Kampfes gibt uns der Marxismus das Werkzeug an die Hand, unsere Analyse zu vertiefen und den inneren Zusammenhang des Widerspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital und der Widersprüche des imperialistischen Weltsystems auch in unserer Praxis zu seinem vollen Rechte kommen zu lassen und unser Möglichstes zu tun, den unabhängigen Standpunkt der Arbeiterklasse in all diesen Konflikten hervorzuheben. In Deutschland bleibt in diesem Fall die Losung von Karl Liebknecht von vor über 100 Jahren aktuell, die wir überall anwenden können: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“


  1. https://www.arbeit-zukunft.de/2023/12/08/alle-monopole-und-die-imperialisten-sind-feinde-der-voelker/ ↩︎
  2. https://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1915/krieg/index.htm ↩︎
  3. https://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1915/krieg/index.htm ↩︎
  4. https://www.arbeit-zukunft.de/2023/12/08/solidaritaet-mit-dem-palaestinensischen-volk-2/ ↩︎
  5. https://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1916/01/nationen.html ↩︎