Ahmet Cengiz
Artikel aus der Einheit & Kampf, Ausgabe 47
Es gab einmal die These vom „kollektiven Imperialismus“. Sie wurde in den Jahren aufgestellt, als die „Globalisierung“ überall wütete. Nach dieser These beherrschten alle imperialistischen Staaten kollektiv andere Länder und Kriege zwischen Imperialisten gehörten demnach der Vergangenheit an. In Deutschland wurde diese These z.B. von einem Flügel der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) vertreten, dessen Sprecher Leo Mayer war. Die Weltwirtschaftskrise 2008 machte, wie vieles andere auch, eine „Aktualisierung“ dieser These notwendig. Von nun an bildeten nur noch die USA und die NATO-Staaten den „kollektiven Imperialismus“. Ihre Zielscheiben waren Russland und China.
Die wirtschaftliche Grundlage der These war der Übergang zum „transnationalen“ oder „übernationalen“ Monopolkapitalismus. In dem Maße, wie die Eigentumsstruktur einen „transnationalen“ Charakter annahm, entstanden neue „transnationale“ Formationen auf der Ebene der Staaten. Das „transnationale Kapital“ spiele die Nationalstaaten gegeneinander aus, um sich günstigere Bedingungen zu sichern. Zwischenstaatliche Widersprüche blieben nicht aus, aber die „übernationale Organisation des transnationalen Kapitals“ verhindere, dass diese Widersprüche gefährliche Dimensionen annehmen…
Es ist verlockend, der Versuchung der Oberflächlichkeit zu erliegen und sich ständig vom Schein „bestätigen“ zu lassen. Aber wir können dem Leser versichern, dass wir uns in diesem Artikel nicht mit der These des „kollektiven Imperialismus“ aufhalten werden. Denn diese These ist bereits durch das Leben widerlegt worden. Die Vielfalt des Lebens führt aber auch zur Entstehung neuer Arten. Die Befürwortung des Endes der „unipolaren“ Welt und des Übergangs zu einer „multipolaren“ Welt ist eine davon. Gehen wir zunächst auf dieses Argument ein und versuchen wir dann am Beispiel der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) zu konkretisieren, dass berechtigte Kritik am Falschen keine Garantie für die richtige Antwort ist.
Uni- oder Multipolar?
Spätestens seitdem Ukraine-Krieg steht die Frage der „internationalen Ordnung“ bekanntlich im Mittelpunkt intensiver Debatten. In unseren früheren Ausgaben haben wir uns mit einigen Aspekten dieser Debatten befasst. In der folgenden Diskussion geht es um die Metapher der „Polarität“. „Ist die heutige kapitalistische Welt unipolar, bipolar, multipolar oder nicht-polar? Welche dieser Optionen ist besser für die Arbeiter und Völker?“. Fragen wie diese stehen dabei im Vordergrund.
Bei Diskussionen rund um die Frage der Polarität wird der Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg als Basis genommen und im Allgemeinen eine Einteilung wie folgt vorgenommen: Bipolarität zwischen 1945-1990, Unipolarität zwischen 1991-2008 und Multipolarität seit 2009.[1] Einige sehen die gegenwärtige Situation jedoch eher als einen Übergang von der Unipolarität zur Multipolarität. Ihrer Meinung nach ist die Hegemonie der Vereinigten Staaten immer noch außerordentlich dominant. Während Staaten wie China und Russland versuchen, diese Unipolarität zu durchbrechen, kämpfe die USA dagegen an. Die Schaffung einer Multipolarität wäre für die arbeitenden Klassen und Völker von Vorteil, so die Behauptung. Diesen Standpunkt propagieren auch Putin und Xi Jinping am laufenden Band!
Zunächst müssen wir die folgende Frage beantworten: Ist Unipolarität im Rahmen des Imperialismus möglich? Wir wissen, dass der Imperialismus mindestens zwei konkurrierende imperialistische Staaten erfordert. Dies liegt daran, dass das Monopol die Konkurrenz, aus der es entsteht, nicht beseitigen kann. Es kann den Wettbewerb vorübergehend einschränken oder unterdrücken, aber nicht beseitigen. Damit eine imperialistische Macht alle anderen imperialistischen Mächte vollständig beseitigen kann, müsste sie die ungleiche Entwicklung des Kapitalismus und die materiellen Beziehungen und Widersprüche, die eine solche Entwicklung ermöglichen, beseitigen. In diesem Sinne ist die Antwort auf unsere Frage klar: Unipolarität ist nicht möglich.
Es kann jedoch eine ganz besondere Periode in der Geschichte geben, eine Periode, deren Vergänglichkeit von Anfang an offensichtlich ist. Die Zeit nach 1989/1991, d.h. die ersten Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des „Ostblocks“, war beispielsweise ein solcher Zeitraum. Unter den gegebenen Machtverhältnissen dieser Zeit konnten die USA das durch den Zusammenbruch entstandene Vakuum ausfüllen, was sie auch taten. In einem Artikel in „Foreign Affairs“, der führenden außenpolitischen Zeitschrift der USA in jenen Jahren, hieß es, ein „unipolarer Moment“ sei möglich. Der Autor des Artikels, Charles Krauthammer, kam zu folgender Einschätzung: „Die Welt nach dem Kalten Krieg ist unipolar, nicht multipolar. Im Zentrum der Welt steht unbestreitbar eine Supermacht, die Vereinigten Staaten mit ihren westlichen Verbündeten.“ Gleich in der nächsten Zwischenüberschrift sieht sich der Autor veranlasst, hinzuzufügen: „Zweifellos wird es zu gegebener Zeit einen Übergang zur Multipolarität geben.“[2]
Für unsere Frage spielt es allerdings keine Rolle, ob dieser Zustand bis 2008 andauerte oder nicht, wie in der obigen groben Einteilung dargestellt wurde. Wichtig ist, dass die Multipolarität kein Zustand ist, den es zu erreichen gilt, sondern eine Realität unserer Zeit, die ihrem Wesen nach auch so sein muss. So ist zum Beispiel die Konfrontation zwischen den USA und China Teil des Kampfes um die Vorherrschaft zwischen gewissen imperialistischen Staaten im Weltmaßstab. Was aber, wenn einige dieser Pole nicht imperialistisch sind? Was, wenn es zum Beispiel, wie die DKP behauptet, eine „antiimperialistische Macht“ unter ihnen gibt, oder sogar eine „Macht auf dem Weg zum Sozialismus“?
Wenn man den Begriff des Imperialismus mit den USA gleichsetzt und Russland und China nicht als imperialistische Mächte ansieht, steht man natürlich jeder Entwicklung positiv gegenüber, die die USA und ihre Verbündeten untergräbt oder erschüttert. Vor allem, wenn man, wie die DKP, Russland nicht als imperialistische Macht sieht[3], sondern als ein Land, das angesichts der Aggression der westlichen Imperialisten „gezwungen /ist), eine antiimperialistische Außenpolitik zu betreiben“ (!)[4], fällt es leicht, diesbezüglich „hoffnungsvoll“ zu sein.[5]
Das ist die Analyse, die wir vor uns haben: Auf der einen Seite gibt es Länder „mit eindeutig imperialistischem Charakter“ (die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan und ihre internationalen Organisationen wie die NATO und die EU). Auf der anderen Seite stehen „kapitalistische Länder, die oft durch imperialistische Aggressionen gezwungen sind, eine antiimperialistische Außenpolitik zu betreiben. Dazu gehören unter anderem Brasilien, Südafrika, die BRICS und die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit.“[6] Und schließlich China als „eine antiimperialistische Macht auf dem Weg zum Aufbau des Sozialismus“![7]
Wenn man die Situation auf diese Weise betrachtet, ist die daraus resultierende Schlussfolgerung auch nicht überraschend: „Wenn wir in diesem Zusammenhang von der Notwendigkeit sprechen, den Trend zur ‚Multipolarität‘ zu begrüßen, so hat dies nichts mit Illusionen zu tun. Dies ist noch nicht das Stadium, in dem der Sozialismus von Triumph zu Triumph eilt. Aber es ist eine Etappe, die wahrscheinlich den Weg dorthin ebnen wird. Es kann eine Etappe sein, in der das Kräfteverhältnis zwischen Imperialismus und Antiimperialismus ausgewogener ist. Und dass dies ein Fortschritt ist, wird von vielen Völkern außerhalb Europas ganz deutlich gespürt.“[8]
Das Verlockende an solchen Analysen ist, dass sie den Schein der Differenziertheit tragen, da man ja nicht „alles“ Imperialismus nennt.[9] Bei genauerer Betrachtung zeigt sich allerdings die enorme Horizontverengung, die Oberflächlichkeit im theoretischen Verständnis einiger Kreise, die vorgeben, im Namen der Linken und sogar des Marxismus-Leninismus zu handeln, und deren derart blinde Bewertung der offenen Konfrontation – d.h. der direkten Kriegsvorbereitungen der großen imperialistischen Staaten. Ferner werden die demagogischen Reden, die von Imperialisten wie China und Russland in diesem Prozess offeriert werden, übernommen, sogar „bejubelt“ und zum Anlass für „Hoffnung“ gemacht. In Anbetracht dieser Lage ist die Mannigfaltigkeit falscher Imperialismus-Analysen nicht verwunderlich.
Nicht zu leugnen ist natürlich, dass die wachsende Konfrontation und Verschärfung der Widersprüche zwischen den Imperialisten kann der Arbeiterklasse und den werktätigen Völkern neue Chancen und Möglichkeiten eröffnen. Diejenigen, die auf Probleme nicht auf Staatsebene, sondern auf der Basis von Klassen und Klassenkämpfen blicken, wissen jedoch auch um die Notwendigkeit eines Organisations- und Kampfniveaus, das diese möglichen Chancen nutzen kann. Wenn die Arbeiterklasse nicht organisiert ist und über keine starke offene Bewegung verfügt, auf die sie sich stützt, wenn sie über keine unabhängige politische Linie im Allgemeinen und eine Partei verfügt, die diese garantiert, werden diese möglichen Chancen nicht von der Arbeiterklasse und den arbeitenden Völkern genutzt, sondern von der Monopolbourgeoisie in diesem oder jenem Land; mehr noch, sie werden sich in Mittel verwandeln, um die Arbeiter und Werktätigen zu instrumentalisieren und sie für die Interessen der Monopolbourgeoisie ins Feld zu führen.
Solange sich also die erwähnten Machtverhältnisse der Klassen nicht ändern, bedeutet „Multipolarität“ letztlich die noch deutlichere Verschärfung der zwischen-imperialistischen Widersprüche als heute, das Entstehen neuer Stellvertreterkriege[10], das Erstarken reaktionärer Kräfte und des Militarismus, die Ausbreitung des Giftes des Nationalismus, das Hineinziehen von Völkern in neue Katastrophen usw. Sind dies nicht bereits die vorherrschenden Tendenzen? Liegt es unter den gegebenen Bedingungen der Machtverhältnisse zwischen den Klassen nicht auf der Hand, dass die Entlarvung der Kräfte und Tendenzen hinter der Einläutung der „Multipolarität“, die Aufdeckung des wahren Gesichts ihres Kampfes und die Warnung der Völker der einzige revolutionäre Weg ist? Die Verinnerlichung des Diskurses eines der Pole, diese Lage zu „begrüßen“, ist nichts anderes als durch den Verlust der Klassenperspektive verblendet zu sein.
Die imperialistische Pyramide
Bei der KKE kann man natürlich nicht von einer solchen Verneblung der Vernunft sprechen. Im Gegenteil, für die KKE ist der imperialistische Charakter Chinas und Russlands klar. So argumentieren laut KKE die Opportunisten in Griechenland und anderen Ländern der Welt, „dass die kapitalistische Restauration in den ehemals sozialistischen Ländern den Kalten Krieg abgeschafft habe und die Welt daher multipolar – somit auch „besser“ – geworden ist, d.h. sie hat viele Zentren und neue Mächte, […] während sie die Tatsache ‚vergessen‘, dass diese neuen ‚Zentren‘ und ‚Mächte‘ auf der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse, auf der Dominanz der Monopole in der Wirtschaft beruhen, d.h. dass wir es mit neuen imperialistischen Mächten im Aufwind zu tun haben.“ Ebenso hält die KKE es nicht für richtig, den Imperialismus mit den USA gleichzusetzen. Darüber hinaus kritisiert sie viele rechtsopportunistische und oberflächliche Ansätze in der Imperialismus-Debatte. So kritisiert sie zurecht „die Propagierung des Imperialismus als etwas vom Kapitalismus Verschiedenes und Getrenntes, als ein von der ökonomischen Basis des Kapitalismus losgelöstes politisches Konzept“ und stellt richtig fest, dass sich daraus viele falsche Analysen des Imperialismus ergeben.[11]
Doch wie wir oben festgestellt haben, ist berechtigte Kritik am Falschen keine Garantie für die richtige Antwort. Und diese allgemeine Wahrheit gilt leider auch für die KKE. In der Tat hat die KKE ein kurioses Konzept entwickelt, um ihre Position in diesen Debatten darzulegen. Sie spricht als Metapher für ihr Konzept von der „imperialistische Pyramide“. Diese Pyramide soll die hierarchische Struktur der herrschenden Verhältnisse im imperialistischen Weltsystem widerspiegeln. An der Spitze stehen die mächtigsten imperialistischen Staaten, während die Macht über die Mitte nach Unten abnimmt. Die KKE verweist mit einer Vehemenz, die seltsam erscheinen mag, auf das Phänomen des „internationalen imperialistischen Systems“. Ohnehin wird die Metapher der „imperialistischen Pyramide“ in verschiedenen Texten als Klammer dieses Systems, d.h. des „internationalen imperialistischen Systems“, fortlaufend verwendet.
Aber warum wird trotz der historischen Tatsache, dass der Kapitalismus ein sich über den Weltmarkt entwickelndes System ist, so deutlich auf dieses „internationale imperialistische System“ hingewiesen? Der Grund dafür liegt darin, dass die KKE feststellt, dass sich in diesem Zusammenhang eine neue Situation ergeben hat. Diese Situation sei so neu, dass angenommen wird, dass die von Lenin verwandten Metaphern von „einer Handvoll imperialistischer Staaten“ und der „Kette“ die Realität von heute nicht mehr vollständig widerspiegeln.
Um den Kern des Problems besser zu verstehen, müssen wir uns das Thema genauer ansehen. Der KKE zufolge befindet sich der „griechische Kapitalismus“, obwohl er „starke Abhängigkeiten gegenüber den USA und der EU“ hat, „im imperialistischen Stadium seiner Entwicklung“ und „nimmt eine Zwischenstellung“ innerhalb des internationalen imperialistischen Systems ein[12] (d. h. in der Mitte der Pyramide)[13]. Aber nicht nur Griechenland, sondern alle kapitalistischen Länder in der Pyramide befinden sich in der „imperialistischen Phase“ ihrer Entwicklung. Ihre Macht mag unterschiedlich sein, je nachdem auf welcher Stufe der Pyramide sie sich befinden, aber sie seien alle auf die eine oder andere Weise imperialistisch. Die KKE kritisiert die Behauptung, dass die kapitalistischen Länder, z.B. Griechenland, „hauptsächlich von Deutschland besetzt“ und „ihr Regime neokolonial“ seien. Denn solche Argumente schließen demnach einerseits aus, dass die Monopolbourgeoisie dieses Landes das Ziel ist (was in gewisser Weise eine richtige Kritik ist), andererseits würden sie die Tatsache ignorieren, dass sich der Kapitalismus in diesem Land „in der imperialistischen Phase seiner Entwicklung“ befände. Nach Ansicht der KKE identifizieren diejenigen, die diese Tatsachen nicht sehen, einerseits „den Imperialismus mit einer sehr kleinen Anzahl von Ländern, einer Handvoll von Ländern“, und andererseits betrachten sie „alle anderen Länder als abhängige und unterdrückte Kolonien“[14]. Heute gäbe es jedoch nicht nur Abhängigkeit, sondern auch „Interdependenz“ (=gegenseitige Abhängigkeit).
Auf die Frage, welche Entwicklung das Pyramidenkonzept notwendig machte, antwortet die KKE im Wesentlichen: „Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts begann sich die Situation zu verändern. Dahinter stehen zwei Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen, aber relativ unabhängig voneinander sind.“[15] Zum einen die Änderung der Wirtschaftspolitik nach der Krise von 1973, d.h. die Abkehr vom „Neo-Keynesianismus“ (gefolgt von Privatisierung, Abbau sozialer Rechte, verstärktem Kapitalexport usw.). Zweitens die „Chancen für den Imperialismus“, die sich durch den Zusammenbruch der UdSSR und des Ostblocks boten („kapitalistische Restauration“); die Einleitung „einer neuen Angriffswelle des Kapitals, die auf wenig Widerstand stieß“, „die Schaffung neuer Märkte in den ehemaligen sozialistischen Ländern“. Diese Entwicklung hatte Folgen: „Die Einheit der führenden Mächte gegenüber dem Sozialismus begann sich aufzulösen“, „eine neue Runde zwischen-imperialistischer Widersprüche wurde durch die Aufteilung neuer Märkte eröffnet“, was zu Kriegen auf dem Balkan, im Nahen Osten und in Nordafrika führte. „Am Ende des 20. Jahrhunderts gab es drei imperialistische Zentren, die sich nach dem Weltkrieg gebildet hatten: … die EU, die USA und Japan. Heute hat sich die Zahl der imperialistischen Zentren erhöht, und es sind neue Formen von Bündnissen entstanden, wie das russisch orientierte Bündnis, das Schanghaier Bündnis, die BRICS, das Bündnis der lateinamerikanischen Länder ALBA, MERCOSUR usw.“ Zusammenfassend: „Es sind nicht nur die an der Spitze, die eine imperialistische politische Linie verfolgen, sondern auch die Länder auf der unteren Ebene, selbst diejenigen, die als regionale und lokale Mächte von den größeren Mächten abhängig sind, verfolgen eine solche Linie. Die Türkei zum Beispiel ist eine solche Macht in unserer Region, ebenso wie Israel, die arabischen Staaten und die Mächte, die dem Monopolkapital ermöglichen, neue Märkte und Gebiete in Afrika, Asien, Lateinamerika zu erschließen. Infolgedessen sind wir mit dem Phänomen der Abhängigkeit und gegenseitigen Abhängigkeit konfrontiert.“[16]
Es gibt keinen Grund, das Offensichtliche infrage zu stellen, nämlich dass alle kapitalistischen Länder Teil des internationalen imperialistischen Systems sind. Genauso wenig müssen wir die Tatsache infrage stellen, dass die Machtverhältnisse zwischen den kapitalistischen Ländern unterschiedlich sein können und dass sie sich aufgrund der ungleichen Entwicklung verändern können. Was wir kritisieren, ist die Charakterisierung aller Länder innerhalb dieses Systems als imperialistisch. Mit anderen Worten: Das Problem besteht darin, dass der Unterschied zwischen den kapitalistischen Ländern auf einen quantitativen Unterschied reduziert wird und der qualitative Unterschied zwischen ihnen in Bezug auf ihren Entwicklungsstand und ihre Position vernachlässigt wird. Und so werden die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen ihnen in „Interdependenz“ umgewandelt. Nicht weniger wichtig ist natürlich die Tatsache, dass mit der Behauptung, alle kapitalistischen Länder befänden sich in der imperialistischen Phase, der Begriff der abhängigen Länder und der unterdrückten Völker zusammen mit ihren objektiven Widersprüchen verschwindet.
Aus erklärten und unerklärten Gründen hat sich das Antlitz der Weltwirtschaft in den letzten Jahrzehnten verändert, die westlichen imperialistischen Länder, insbesondere die USA, haben einen Rückgang ihres Anteils am Weltmarkt erlebt und ein Land wie China ist inzwischen zu einer imperialistischen Macht aufgestiegen. In dieser Zeit hat der Kapitalismus in vielen Ländern, insbesondere in den sogenannten „Schwellenländern“ (Länder, die noch nicht zu imperialistischen Mächten aufgestiegen sind, aber auch nicht mehr als rückständige kapitalistische Länder gelten), eine rasante Entwicklung erlebt. Insbesondere während der Phase der sogenannten „Globalisierung“ hat es einen erheblichen Anstieg des Kapitalexports von imperialistischen Ländern in kapitalistische Länder gegeben. Dies hat wiederum zu einem außergewöhnlichen Wachstum der Kapitalakkumulation dieser Länder geführt. Gleichzeitig erleben wir eine neue Phase in der Internationalisierung des Produktionsprozesses und einer Neugestaltung und Vertiefung der Arbeitsteilung in der kapitalistischen Weltwirtschaft usw. usf. Dies sind Entwicklungen, die denjenigen, die die Weltwirtschaft und ihre Beziehungen verfolgen, mehr oder weniger bekannt sind (Faktoren wie die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Klassen und ihre Kämpfe müssen nicht erwähnt werden, da sie nicht Thema sind). Wenn es also darum geht, kann man sagen, dass diese Entwicklungen allein z.B. Griechenland oder die Türkei noch nicht zu einem imperialistischen Staat/einer imperialistischen Macht machen – auch wenn die Bourgeoisie dieser Länder, abhängig von ihrer Kapitalakkumulation, imperiale Ambitionen für ihre Region haben kann. Die KKE lehnt dies jedoch ab! Sie sagt, dass sie dies tun kann und getan hat. Aber wie?
Die Argumentation der KKE lautet wie folgt: Erstens sind diese Länder gar keine Kolonien oder Halbkolonien oder Opfer mächtiger kapitalistischer Staaten, wie man gemeinhin glaubt. In diesen Ländern gibt es Monopole, und die Monopolbourgeoisie arbeitet auf eigene Rechnung und manchmal zusammen mit den Staaten an der Spitze und exportiert Kapital in verschiedene Länder der Welt, insbesondere in ihre eigenen Regionen. Ein Beispiel: „Diejenigen, die von Unterwerfung und Besatzung sprechen, sehen nicht den Kapitalexport aus Griechenland (der ein charakteristisches Merkmal des Kapitalismus in seiner imperialistischen Phase ist) […] Das Kapital wird für produktive Investitionen in andere Länder und natürlich an europäische Banken exportiert […].“[17]
Wir zitieren aus einem anderen Text zum gleichen Thema: „Tatsache ist, dass die Akkumulation und Konzentration des Kapitals seit vielen Jahren zur Bildung und Entwicklung von Monopolen geführt hat, die den Kern des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium bilden… Genau diese Entwicklung bildet die Grundlage der Analyse der KKE bei der Entwicklung ihrer Strategie und der daraus abgeleiteten Taktik. Das vom 19. Parteitag verabschiedete Parteiprogramm unterstreicht die folgenden Punkte: Die griechische Bourgeoisie hat zunächst von dem konterrevolutionären Machtwechsel in den Balkanländern und deren Beitritt zur EU profitiert. Die griechische Bourgeoisie hat eine bedeutende Kapitalakkumulation erreicht und einen starken Kapitalexport zu verzeichnen, der durch Direktinvestitionen zur Stärkung der griechischen Unternehmen und Monopole beigetragen hat… Diese Entwicklung, die eine weitere Reifung der materiellen Voraussetzungen für den Sozialismus darstellt,[18]ist nicht nur auf Griechenland beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle kapitalistischen Länder. Die Entwicklung des Monopolkapitalismus in den letzten Jahrzehnten bestätigt genau dies.“[19] In einer Rede auf einem internationalen Treffen in Kuba im Jahr 2022 betonte das Mitglied des Politbüros der KKE, G. Marinos, dass die fünf Merkmale, die Lenin in seiner Zusammenfassung des Imperialismus aufzählte, nicht auf die Länder an der Spitze der Pyramide beschränkt werden sollten: „Diese Merkmale sind nicht nur den Staaten an der Spitze der imperialistischen Pyramide eigen, sondern sie sind ganzheitlich, sie sind allen Staaten, in geringerem oder größerem Maße, eigen, denn die monopolistische und reaktionäre Epoche des Kapitalismus ist ein Ganzes.“
Es scheint, dass wir bei der Diskussion über den Imperialismus immer wieder am selben Punkt ankommen. Die Verwirrung, die bei der Analyse der von Lenin identifizierten Merkmale des Imperialismus entsteht…
Die Herangehensweise an Lenins fünf Merkmale des Imperialismus
Es wurde oben erwähnt, dass die in der DKP und einigen linken Kreisen existierende geistige Verblendung in der KKE nicht existiert. Wir sehen jedoch, dass sich die Wege der beiden Parteien in gewisser Weise im Umgang mit den von Lenin in fünf Punkten ausgedrückten Merkmalen des Imperialismus überschneiden. Während die DKP behauptet, dass China und Russland auf der Grundlage dieser fünf Punkte nicht imperialistisch sind, behauptet die KKE unter Berufung auf ebenjene fünf Punkte, dass alle kapitalistischen Länder imperialistisch sein müssen! Es muss gleich zu Beginn festgestellt werden, dass das, was diese Überschneidung ermöglicht, der Positivismus ist, der im Geist der modernen revisionistischen Tradition geradezu verankert ist.
In diesem Sinne ist die Kritik, die wir gegenüber der DKP geäußert haben,[20] im Wesentlichen auch auf die KKE anwendbar. Die positivistische Lesart sieht im Kern nur das Faktische, das Lenin in den fünf Punkten zusammengefasst hat, wie etwa das Monopol, das Finanzkapital, den Kapitalexport usw. Bei Betrachtung dieser Punkte jedoch wird deutlich, dass für die Diskussionen über den Imperialismus genauso wichtig ist, in welchem Kontext das Faktische steht, welche Auswirkungen es hat und zu welchen Entwicklungen es führt. Zum Beispiel ist es nicht nur das Auftreten von Monopolen an sich entscheidend, sondern, dass in diesem Stadium des Kapitalismus die Monopole eine „entscheidende Rolle im Wirtschaftsleben“ spielen. Ebenso lassen sich sicher vereinzelte Beispiele für das Verschmelzen von Bank- und Industriekapital im Rahmen einer wirtschaftlichen Maßnahme in diesem oder jenem kapitalistischen Land aufzeigen, aber das Wesentliche in Lenins Analyse dieses Stadiums des Kapitalismus ist die Schaffung einer „Finanzoligarchie“ infolge dieser Verschmelzung.
Oder nehmen wir das Beispiel internationaler monopolistischer Kapitalverbände; solche Verbände könnten in der freien Wettbewerbsperiode in diesem oder jenem Einzelfall auftreten, aber was für den Imperialismus entscheidend ist, ist die Fähigkeit dieser Verbände, „die Welt unter sich aufzuteilen.“ In ähnlicher Weise haben in der Weltgeschichte bestimmte Mächte bestimmte Regionen unter sich aufgeteilt, aber im Imperialismus, wie er von Lenin analysiert wurde, geht es in erster Linie um die „Aufteilung der ganzen Welt“ und der „Vollendung“ dieser.
Kurz gesagt, das Neue was der Imperialismus bringt, ist die Entstehung eines Souveränitäts-, Herrschafts- und Machtverhältnisses, das auf der widersprüchlichen Überwindung der kapitalistischen Periode des freien Wettbewerbs beruht (das Monopol erstickt den Wettbewerb, kann ihn aber nicht beseitigen). Das Fundament, auf dem diese Machtbeziehung ruht, ist natürlich das Monopol. Phänomene lassen sich jedoch zusammen mit ihrer Entstehung und ihren Eigenschaften richtig verstehen: Monopole, ja, aber Monopole, die heute eine entscheidende Rolle im Wirtschaftsleben spielen. Finanzkapital, ja, aber ein der Finanzoligarchie gleichkommendes Finanzkapital, usw. usf. Die Hauptsache ist nicht die Existenz oder Nichtexistenz von Monopol, Finanzkapital und Kapitalexport in diesem oder jenem kapitalistischen Land, sondern ihre Stellung, ihr Marktanteil und ihre Sanktionsfähigkeit gegenüber den großen imperialistischen Mächten und Monopolen im Sinne des Herrschaftsverhältnisses. Ob ein Land imperialistisch ist oder nicht, lässt sich also nicht allein durch die Betrachtung dieses oder jenes von Lenin identifizierten Merkmals des Imperialismus feststellen, sondern dazu muss man die Gesamtheit dieser Merkmale in dem Herrschaftsverhältnis, dem sie entsprechen, betrachten und sehen, ob dieses materielle Verhältnis im wirtschaftlichen und politischen Leben dieses Landes und in seinen Außenbeziehungen vorherrschend ist. Wenn man dies nicht tut, wird die Gesamtheit der Merkmale des Imperialismus zu einer leeren Aussage.
Auf der anderen Seite besteht – als Notwendigkeit dieses Ansatzes – ein nicht unerheblicher Unterschied zwischen den imperialistischen kapitalistischen Ländern, die sich aufgrund der inneren Gesetze ihrer Entwicklung vom freien Wettbewerbskapitalismus zum Monopolkapitalismus entwickelt haben, und den Ländern, die den Übergang zum imperialistischen Stadium unter „fortgeschrittenen“ historischen Bedingungen vollzogen haben, als der Imperialismus die Welt beherrschte und die Aufteilung der Welt durch imperialistische Monopole und Staaten bereits abgeschlossen war. Die kapitalistische Entwicklung der Letzteren in ihren eigenen Ländern findet unter Bedingungen statt, unter denen die Ersteren die Wirtschaft, die Marktanteile, die Einflusssphären und die Technologie beherrschen. Sie entwickeln sich nicht außerhalb der im Weltmaßstab dominierenden Monopole, sondern neben und oft durch sie. An einem bestimmten Punkt ihrer Entwicklung, d. h. ab einem Punkt, an dem sie eine Kapitalakkumulation, einen Marktanteil und eine(n) technologische(n) Vorsprung/Überlegenheit erreichen, die sich von den imperialistischen Monopolen und Staaten, die die Welt beherrschen, unterscheiden, können sie jedoch als imperialistische Macht aktiv werden. Mit anderen Worten, sie können in dem Maße als imperialistische Macht auftreten, wie sie das ihnen gegenüberstehende imperialistische Monopol auf einer bestimmten Ebene und in einem bestimmten Bereich durchbrechen. Der springende Punkt ist die Durchbrechung/Überwindung des bestehenden Monopols/der Monopolisierung, das/die in verschiedenen Sektoren, Bereichen und Themen vorherrscht. Für ein kapitalistisches Land, das dieses Entwicklungsniveau nicht erreicht hat, macht die Tatsache, dass sein Unternehmen in diesem oder jenem Sektor ein Monopol ist, dass es über Finanzkapital verfügt oder dass es Kapital exportiert, dieses Land nicht automatisch zu einem imperialistischen.
Etwas anderes zu behaupten hieße, die Leninsche Imperialismustheorie von einem positivistischen Standpunkt aus zu betrachten, die innere Einheit der Merkmale des entstandenen Imperialismus zu leugnen, zu vergessen, dass sich die Entwicklung der heutigen kapitalistischen Länder unter den Bedingungen der Epoche des Imperialismus vollzieht und daher ihr Entwicklungstempo und ihre Entwicklungsformen von der Existenz und den Tendenzen des Imperialismus zu abstrahieren, kurz gesagt, das Thema zu verfehlen.
In seinem Imperialismus-Werk zitiert Lenin den deutschen Ökonomen Kestner zu den Folgen der Entstehung der Kartelle, nachdem er ihn mit den Worten zitiert hat, dass die Kartelle nicht nur hohe Profite machten, sondern auch „ein bei freier Konkurrenz nicht gekanntes Herrschaftsverhältnis gewonnen“ haben, und sagt: „Das von uns hervorgehobene Wort deckt das Wesen der Sache auf, das von den bürgerlichen Ökonomen so ungern und selten zugegeben wird und um das die heutigen Verteidiger des Opportunismus mit K. Kautsky an der Spitze so eifrig herumzureden versuchen. Das Herrschaftsverhältnis und die damit verbundene Gewalt – das ist das Typische für die ‚jüngste Entwicklung des Kapitalismus‘, das ist es, was aus der Bildung allmächtiger wirtschaftlicher Monopole unvermeidlich hervorgehen mußte und hervorgegangen ist. “[21]
Das ist der Grund, warum Lenin für sich feststellt, dass „Imperialismus monopolistischer Kapitalismus ist“ und keineswegs nur der Kapitalismus mit Monopolen! Und aus diesem Grund leugnen die liberalen Ökonomen heute nicht die Existenz von Monopolen, sondern die Abschaffung der freien Konkurrenz durch sie! Aus denselben Gründen erhält die ungleiche Entwicklung des Kapitalismus, die auf Wettbewerb und der Anarchie in der kapitalistischen Produktion beruht, mit dem Imperialismus eine Eigenschaft sprunghafter Entwicklung. Denn der Druck, den die Dominanz der Monopole und die durch sie entstehenden Herrschaftsbeziehungen auf den Wettbewerb ausüben, erfordert eine Art Bruch dieser Dominanz, besonders in strategischen Sektoren wie der Technologie. Dies geschieht oft unter bestimmten Bedingungen wie einer großen Wirtschaftskrise oder internationalen politischen Wendepunkten. Anders ausgedrückt, die herrschende Monopolstellung und die damit verbundenen Herrschaftsbeziehungen bedingen und erzwingen die sprunghafte Entwicklung.
Die Art und Weise, wie China zu einer imperialistischen Macht wurde, ist ein eindrucksvolles Beispiel für das, was hier hervorgehoben wurde.[22]
Die positivistische Sichtweise hingegen ignoriert sowohl das Historische als auch ihre Geschichtlichkeit. Sie reduziert die Leninsche Analyse des Imperialismus auf eine einfache Feststellung von Tatsachen: Es gibt Monopole, es gibt Finanzkapital, es gibt den Export von Kapital. Folglich müssen sich ziemlich viele kapitalistische Länder in einer „imperialistischen Phase“ befinden – mit dieser Erklärung ist das Thema für sie erledigt! Zunächst einmal sind diese Merkmale die Merkmale der Entwicklung des freien Wettbewerbskapitalismus zum Monopolkapitalismus. Insofern sind sie Ausdruck von Merkmalen, die sich vom Vergleichspunkt, d.h. vom freien Wettbewerbskapitalismus, unterscheiden, widersprechen und differenzieren. Zweitens ist unter den Bedingungen des Weltkapitalismus, in dem der Imperialismus, der Monopolkapitalismus und damit seine spezifischen Merkmale und Tendenzen seit mehr als einem Jahrhundert in Kraft sind, das Auftreten der genannten Merkmale in diesem oder jenem kapitalistischen Land nicht nur eine verständliche Entwicklung, sondern auch kein Widerspruch zu den Tendenzen des Imperialismus. Aus diesen Gründen macht die festgestellte kapitalistische Entwicklung diese Länder nicht direkt imperialistisch.
Warum? Weil die Monopole, das Finanzkapital usw. in diesen Ländern nicht unter den Bedingungen eines frei konkurrierenden Weltkapitalismus gebildet werden. Im Gegenteil, die Monopole und das Finanzkapital in diesen Ländern bilden sich und versuchen, unter den Bedingungen einer gegebenen Weltwirtschaft aktiv zu werden, in der die wirtschaftliche und finanzielle Macht, die Weltmärkte, die Einflusssphären und die technologischen Möglichkeiten von den großen imperialistischen Monopolen und Staaten geteilt werden, in der ein konkretes und spezifisches Machtverhältnis relativ vorherrscht. Warum ist dies wichtig? Weil die Monopole in diesen Ländern usw. nicht unabhängig von den großen imperialistischen Monopolen und dem Finanzkapital entstehen, sondern im Gegenteil, sie entstehen – bis auf Ausnahmen – in Zusammenarbeit mit ihnen, sie lehnen sich an sie an und versuchen, als ihre kleinen Partner zu existieren und zu wachsen. Kann nicht diese oder jene Gruppe des Finanzkapitals, dieses oder jenes Monopol in Ländern, deren Kapitalakkumulationsprozesse von Anfang an so konditioniert und benachteiligt sind, selbst in kleinem Maßstab einen Marktvorteil für sich gewinnen? In einem historischen Prozess, in dem sich der Kapitalismus im Weltmaßstab ausbreitet, können sich solche außergewöhnlichen Möglichkeiten und Chancen ergeben und tun dies auch. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel. Kurzum, die von Lenin zusammengefassten fünf Charakteristika des Imperialismus isoliert von den gegebenen materiellen Verhältnissen und Kräfteverhältnissen des heutigen imperialistischen Kapitalismus zu behandeln, ist nichts anderes als eine positivistische Interpretation der Imperialismustheorie.
„Globaler Süden“ und „gegenseitige Abhängigkeit“
Zweifellos hat sich der Kapitalismus in den letzten 40 Jahren weltweit entwickelt, insbesondere in den „Schwellenländern“, vor allem in der Zeit der „Globalisierung“, d.h. als das westliche Finanzkapital im Siegesrausch nach der Wende von 1989/91 keinen Markt unerschlossen ließ und seine Produktionsprozesse ins Ausland verlagerte. Diese außergewöhnliche Ausbreitung des Kapitalismus und der kapitalistischen Verhältnisse in einem relativ kurzen Zeitraum hatte vielfältige Auswirkungen sowohl auf diese Länder als auch auf die Weltwirtschaft. Im Hinblick auf unser Thema ist vor allem hervorzuheben, dass mit dieser kapitalistischen Entwicklung in den nicht-imperialistischen Ländern eine nennenswerte Industrialisierung und Kapitalakkumulation stattgefunden hat. Je nach Akkumulationsniveau wendet sich die Monopolbourgeoisie in diesen Ländern bekanntlich dem Kapitalexport zu, insbesondere in die Nachbarländer, wobei sie in diesem oder jenem Sektor konzentrierte Investitionen tätigt und auf Gelegenheiten stößt, die eine Ausweitung ihres Marktanteils versprechen. Mit den Worten von Orhan Turan, dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats der TÜSİAD: „Überall auf der Welt verändern sich die Lieferketten, und die Produktionszentren verlagern sich. Für die Volkswirtschaften, die diesen Prozess richtig einschätzen können, bieten sich sehr große Chancen.“[23] Darüber hinaus vergrößert das Auftauchen einer neuen imperialistischen Macht wie China die Möglichkeiten der Monopolbourgeoisien dieser Ländern und ermöglicht es ihr, eine Verhandlungsmacht zu erlangen, die sie zuvor nicht hatte, insbesondere gegenüber westlichen Monopolen.
Tatsächlich konnten die „Schwellenländer“, d.h. Brasilien, Indien, Mexiko, Südafrika (die Türkei gehört mit ihren eigenen und einzigartigen Gegebenheiten auch zu diesen Ländern), seit einiger Zeit selbstbewusster aus der Konfrontation der Großmächte, insbesondere mit den westlichen Imperialisten, hervorgehen und waren in der Lage, vorläufig von der Verschärfung der Widersprüche zwischen den großen imperialistischen Ländern zu profitieren. Indien ist ein konkretes Beispiel für die zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Kooperationsmöglichkeiten. Indien ist die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt. Es fühlt sich nicht verpflichtet, dieser oder jener imperialistischen Großmacht zu folgen. Es wendet sich einer separaten und speziellen wirtschaftlichen, politischen und militärischen Zusammenarbeit mit jeder von ihnen zu.
Aus der Sicht der KKE sind solche Situationen Indikatoren für das „Phänomen der Abhängigkeit und gegenseitigen Abhängigkeit“. Die „gegenseitige Abhängigkeit“ ändert sich auch dann nicht grundlegend, wenn eines dieser Länder Mitglied eines bestimmten imperialistischen Bündnisses ist. Die Mitgliedschaft Griechenlands in der NATO und der EU beispielsweise „schränkt die Fähigkeit der griechischen Bourgeoisie ein, unabhängig zu handeln“, aber die „gegenseitige Abhängigkeit“[24] verschwindet auch in diesem Fall nicht, sondern verwandelt sich nur in „ungleiche Beziehungen der gegenseitigen Abhängigkeit“ (!). Und wieder lesen wir, dass das Phänomen der „gegenseitigen Abhängigkeit„ auch für die klassischen imperialistischen Staaten gilt: „Selbst wenn ein oder mehrere Staaten an der Spitze [der Pyramide] stehen und an der Spitze der kapitalistischen Internationalisierung und der Neuverteilung der Märkte stehen, existieren sie weiterhin in einem Regime gegenseitiger Abhängigkeit mit anderen Ländern. Deutschland zum Beispiel mag die führende Macht in Europa sein, aber der Export seines Kapitals und seiner Industrieprodukte hängt von der Fähigkeit der europäischen Länder und Chinas ab, sie zu kaufen.“[25]
Lassen wir die im letzten Zitat erwähnte Abhängigkeit einmal beiseite. Abgesehen davon, dass sie Gegenstand zwischen-imperialistischer Beziehungen ist, handelt es sich um eine Art von „Abhängigkeit“, die besteht, seit es den Weltmarkt, die Wirtschaft und die Export-/Importbeziehungen gibt. Es liegt auf der Hand, dass diese gegenseitigen „Abhängigkeiten“ beim gegenwärtigen Stand der Verflechtung der Weltwirtschaft zugenommen haben. Aber auch hier gibt es gravierende Unterschiede in den Möglichkeiten der imperialistischen Staaten, die Nachteile zu überwinden, die sich aus dieser Art von gegenseitiger „Abhängigkeit“ ergeben. Wenn die zwischen-imperialistischen Widersprüche die Formen, in denen sie bisher auftraten, aufbrechen, wenn sie eine Neugestaltung erfahren, die dem neuen Niveau der Verschärfung der Widersprüche entspricht (das geschieht heute!) und wenn offene Konfrontationen auf die Tagesordnung kommen, wird auch diese gegenseitige „Abhängigkeit“ unerkennbar werden. Die Worte „De-Risking“, von denen die westlichen Imperialisten in diesen Tagen sprechen, d.h. das Ziel, die gegenseitige Abhängigkeit in strategischen Bereichen und Sektoren zu reduzieren, sind Anzeichen dafür, dass der erwähnte Wandel als Prozess bereits begonnen hat.
Aber um auf den Punkt zu kommen: Wie so oft liegt das Geheimnis im Widerspruch! Gerade in der obigen widersprüchlichen Aussage („ungleiche Abhängigkeitsverhältnisse“) kommt der für unser Thema wichtige Punkt und Einwand zum Ausdruck. Wenn es ein ungleiches Abhängigkeitsverhältnis gibt, und wenn andere Faktoren im Spiel sind, die diese Ungleichheit bedingen, dann ist in diesem Verhältnis die eine Seite abhängig und die andere Seite nicht. Genau diese Ungleichheit macht den Hauptunterschied der „gegenseitigen Abhängigkeit“ aus. Insofern dient die „gegenseitige Abhängigkeit“ hier nur dazu, die Abhängigkeit der einen Seite zu verschleiern.[26]
Ein letzter Punkt, um diesen Text abzuschließen, indem wir auf das Beispiel der neuen Allianzen kurz eingehen, ist BRICS. Wie bekannt ist, machen die BRICS-Länder, zu denen auch Indien, Südafrika und Brasilien gehören, 40% der Weltbevölkerung, 25% des globalen BIP und 50% des weltweiten wirtschaftlichen Wachstums aus. Seit einiger Zeit fordern die BRICS-Länder eine Reform internationaler Institutionen wie der Vereinten Nationen, der Welthandelsorganisation und des Internationalen Währungsfonds, die hauptsächlich von den USA und westlichen Ländern beeinflusst werden. Gleichzeitig bauen sie jedoch auch ihre eigenen internationalen Strukturen auf.
Zum Beispiel haben sie die New Development Bank (NDB) und einen neuen Reservefonds namens Contingent Reserve Arrangement (CRA) gegründet, um sich bei Devisen- und Kreditausweitungen zu unterstützen und durch SWAP-Abkommen Bargeldreserven zu schaffen. Innerhalb der BRICS-Gruppe wird auch an einem alternativen Zahlungssystem (ähnlich wie SWIFT) gearbeitet. Die BRICS-Gruppe, zu der auch China und Russland gehören, ist derzeit im Aufwind, und die Liste der Bewerbungen für die Mitgliedschaft wird immer länger. Obwohl die BRICS-Gruppe intern nicht homogen ist (zum Beispiel gibt es Spannungen zwischen China und Indien), sollten ihre Schritte, insbesondere um ein neues Gravitationszentrum im „Globalen Süden“[27] zu werden, nicht als unbedeutend betrachtet werden. Die Gründung der NDB durch die BRICS-Staaten im Juli 2014 war ein Schritt in diese Richtung. Die Botschaft war, dass der „Globale Süden“ nicht auf die Weltbank (WB) und den Internationalen Währungsfonds (IWF) angewiesen ist! Insbesondere hat China Anfang der 2000er Jahre versucht, Initiativen zur Neufestlegung der Stimmrechte im IWF gemäß dem neuen Machtgleichgewicht in der Weltwirtschaft zu starten, aber weder die USA noch die EU haben sich darauf eingelassen. Was es dort nicht erreichen konnte – nämlich eine stärkere Mitsprache in den weltweiten Finanzpolitiken und Ressourcen – versucht es nun über die NDB zu erreichen. Dabei werden erkennbare Erfolge verzeichnet,[28] zumal die Vereinigten Arabischen Emirate und Bangladesch im Jahr 2021 und Ägypten im Februar 2023 der NDB beigetreten sind. Es wird erwartet, dass auch Saudi-Arabien, Simbabwe, Argentinien und Honduras Mitglieder werden.
Eine der am meisten spekulierten Fragen der letzten Zeit ist, ob die BRICS eine neue „gemeinsame Währung“ einführen werden, die an „Gold“ gebunden ist. Natürlich würde ein solcher Schritt den Prozess der „Entdollarisierung“ (d. h. den Niedergang des Dollars als Weltwährung) beschleunigen, der derzeit nur in begrenztem Umfang voranschreitet. Es ist jedoch höchst unwahrscheinlich, dass es in naher Zukunft zu raschen Fortschritten kommen wird. Vorerst steht die „Entdollarisierung“ nur dadurch, dass immer mehr Länder im Handel untereinander ihre nationalen Währungen anstelle des Dollars verwenden, auf der Tagesordnung. In Brasilien zum Beispiel hat der Yuan den Euro überholt, aber die Devisenreserven der brasilianischen Zentralbank sind immer noch überwiegend in Dollar angelegt. Die insbesondere seit dem Ukraine-Krieg zugenommenen finanziellen Sanktionen durch die USA, beispielsweise die Beschlagnahmung Russlands ausländischer Devisenreserven, die der Hälfte seiner Gesamtreserven entsprechen, kurz, die aggressive Verwendung der Weltwährungsstellung des Dollars als Waffe hat ziemlich viele Länder dazu veranlasst, verstärkt nach Alternativen zu suchen…
Die eigentliche Frage ist, wo und wie man diese Entwicklungen einordnen kann. Die BRICS-Gruppe sollte nicht nur durch das Prisma des „globalen Südens“ betrachtet werden. China und Russland sind bei diesem Unterfangen nicht aus Nächstenliebe dabei. Der Grund für das BRICS-Engagement dieser beiden Imperialisten ist klar. Unter anderem geht es darum, ihre Hand gegen rivalisierende imperialistische Staaten zu stärken, indem sie den Ländern des „Globalen Südens“ in einer Vielzahl von Bereichen von Rohstoffen bis hin zur Geopolitik den Rücken stärken. Es lassen sich viele Beispiele dafür anführen, dass der Wettbewerb auf diesem Gebiet in den letzten Jahren zugenommen hat. Dazu genügt ein Blick auf die Zusammensetzung der internationalen Gipfeltreffen und Konferenzen, die von den großen imperialistischen Staaten in den letzten Jahren veranstaltet wurden. Auffällig ist, dass China und Russland erfolgreich die aus dem Kolonialismus resultierenden, berechtigten Einwände gegenüber westlichen imperialistischen Staaten nutzen können und besonders darauf achten, nicht als Kolonialisten wie die Westler wahrgenommen zu werden, und dies in der Praxis mit Infrastrukturinvestitionen oder die im Rahmen der BRICS-Gruppe angebotenen Möglichkeiten zu untermauern. Zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels war die Erklärung des von Russland ausgerichteten Russland-Afrika-Gipfels in St. Petersburg, dass sich die Parteien gemeinsam gegen den „Neokolonialismus“ wenden und sich für die Vollendung des Entkolonialisierungsprozesses in Afrika einsetzen sowie Anstrengungen unternehmen werden, um die ehemaligen Kolonien für die Schäden zu entschädigen, die sie durch die Kolonialmächte erlitten haben, nur ein aktuelles Beispiel dafür.
Wir müssen betonen, dass die oben zusammengefassten Entwicklungen nur die eine Seite der Medaille sind. Auf der anderen Seite stehen die Entwicklungen und Stellungen, die die westlichen imperialistischen Länder in den letzten 40 Jahren errungen haben, d.h. die Produktion mit außerordentlichen Ausbeutungsraten in Ländern, in denen die Arbeitskraft billig ist, die Senkung der Kosten für die Reproduktion der Arbeitskraft in ihren eigenen Ländern, die Durchsetzung von Monopolpreisen, das Erreichen eines Niveaus der Kapitalakkumulation, das mit dem der kapitalistischen Entwicklungsländer nicht vergleichbar ist, die Erneuerung ihrer Monopolstellung in der Technologie, usw. usf. Infolgedessen haben die Monopolisierung, die Monopolherrschaft, das Niveau der Kapitalakkumulation, der Kapitalüberschuss und das Anschwellen des Finanzsektors in den klassischen imperialistischen Ländern Dimensionen erreicht, die mit der Zeit von Lenin nicht vergleichbar sind. Heute hat beispielsweise allein das Apple-Monopol eine Finanzkraft, die größer ist als das Bruttosozialprodukt vieler Länder. Wenn man also die Aufmerksamkeit auf die kapitalistische Entwicklung in verschiedenen Ländern der Welt und die dort entstandenen Monopole und das Finanzkapital lenkt, darf man nicht den Grad der Zentralisierung und Konzentration des Kapitals auf der anderen Seite, d.h. in den imperialistischen Ländern, und die neuen Möglichkeiten, die sich daraus für diese Länder ergeben, übersehen.
Tut man dies, wird deutlich, dass die Aussagen über imperialistische Länder ihrem Inhalt nach die Entwicklungen im „Globalen Süden“ genau in der Frage der Monopole und die darauf basierenden Herrschaftsbeziehungen relativieren. Natürlich haben diese Länder im Vergleich zu ihrer eigenen Vergangenheit erhebliche kapitalistische Fortschritte gemacht. Wenn sie jedoch nicht mit ihrer früheren Lage, sondern mit klassisch imperialistischen Länder verglichen werden, liegt die Verhältnismäßigkeit auf der Hand. Insbesondere hinsichtlich der monopolistischen Position in Schlüssel- und strategischen Sektoren, der Marktherrschaft, der Kapitalakkumulation und -reserven sowie der militärischen, finanziellen und diplomatischen Sanktionsmacht hat sich der Unterschied zwischen den klassischen imperialistischen Ländern und den in den letzten zehn Jahren entwickelten kapitalistischen Ländern im Wesentlichen nicht geändert. Obwohl die Pyramidenmetapher durch die Unterscheidung zwischen Spitzen- und Basisakteuren den Anschein erweckt, diesen Unterschied nicht abzulehnen, wandelt sie diesen Unterschied in einen quantitativen Unterschied zwischen grundsätzlich gleichartigen Akteuren um, indem sie alle als imperialistisch definiert werden. Im wirklichen Leben, d.h. unter den harten Wettbewerbsbedingungen des Weltkapitalismus, wird jedoch jeden Tag aufs Neue erlebt, dass dieser Unterschied nicht nur ein quantitativer Unterschied ist, sondern dass, um mit Hegel zu sprechen, Quantität auch Qualität ist, d.h. dass gerade dieser quantitative Unterschied einen qualitativen Unterschied in Bezug auf die Durchsetzung des Verhältnisses von Herrschaft und Beherrschung schafft, das das Wesen des Monopols ist.[29]
Es sollte nicht vergessen werden, dass die derzeitige Lage der Gleichgewichte und der Machtverteilung in der Weltwirtschaft, die viel stärker verflochten ist als früher, nicht von Dauer sein wird. So wie sich die Vorhersage, dass es „keine Kriege mehr geben wird“, die auf dieser Verflechtung beruhte, nicht bewahrheitet hat, so sollte man auch nicht denken, dass die Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten, die diese Verflechtung heute bietet, immer gleich bleiben werden. Ja, die Marktanteile der klassischen imperialistischen Länder steigen nicht mehr wie früher, im Gegenteil, sie zeigen in verschiedenen Sektoren Anzeichen eines Rückgangs, ihre frühere Stellung in der Weltwirtschaft gerät ins Wanken, ihre Fähigkeit, den Wettbewerb zu begrenzen und sich durchzusetzen, wird schwächer. Diese Entwicklung ist jedoch weder als einseitig noch als dauerhaft zu betrachten. Im Gegenteil, sie verschärft die Widersprüche der Epoche des Imperialismus, indem sie den Widerstand derjenigen provoziert, die an Boden verlieren. Wenn die Verschärfung einen bestimmten Punkt erreicht, d.h. wenn sich die Veränderung des Kräfteverhältnisses beschleunigt und ein Stadium erreicht, das für dieses oder jenes imperialistische Zentrum inakzeptabel ist, wird sich der allgemeine Rahmen, der den gegenwärtigen Kurs ermöglicht, rasch verändern und die Sprache der Kraft und der Gewalt wird mit all ihrer Destruktivität gesprochen werden. Spätestens dann wird klar werden, wer Imperialist ist und wer nicht!
[1] Goldberg, Jörg (2023): Weltordnung zwischen Globalisierung und Nationalstaaten, Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung, [online] https://www.zeitschrift-marxistische-erneuerung.de/de/article/4149.weltordnung-zwischen-globalisierung-und-nationalstaaten.html [abgerufen am 10.12.2023].
[2] Vgl. Goldberg 2023.
[3] Zur Frage, ob Russland imperialistisch ist oder nicht vgl. Cengiz, Ahmet (2023): Der Imperialismus und das Spiegelbild Russlands, Theorie und Praxis, Arbeit-Zukunft, [online] https://www.arbeit-zukunft.de/2023/01/15/imperialismus-russland/ [abgerufen am 10.12.2023].
[4] In seiner Rede auf dem „20. Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien“ behauptete Günter Pohl, Sekretär für internationale Angelegenheiten der DKP, dass die russische Außenpolitik in Syrien und der Ukraine/Donbass „objektiv antiimperialistisch“ sei, vgl. http://solidnet.org/article/20-IMCWP-Written-Contribution-of-German-CP/.
[5] Es ist anzumerken, dass solche Hoffnungen nicht nur in Deutschland bestehen, sondern auch in verschiedenen linken und sogar selbsternannten marxistischen Kreisen in anderen Ländern zu finden sind.
[6] Aus dem Referat des Parteivorsitzenden Patrik Köbele auf dem 25. Parteitag vgl. Köbele, Patrik (2023): In welcher Epoche leben wir?: Referat von Patrik Köbele auf dem 25. Parteitag der DKP, in: Unsere Zeit, CommPress Verlag, 28.03.2023, [online] https://www.unsere-zeit.de/in-welcher-epoche-leben-wir-4778511/ [abgerufen am 10.12.2023].
[7] Vgl. Köbele 2023
[8] Vgl. Köbele 2023
[9] Wie wir weiter unten sehen werden, zielt diese Anspielung in gewisser Weise auch auf die KKE ab.
[10] Die Entwicklungen nach dem Putsch im Niger deuten darauf hin, dass jederzeit ein neuer Stellvertreterkrieg in Afrika ausbrechen kann.
[11] Vgl. Rede der Parteivorsitzenden Papariga, Alexandra (2013): On Imperialism – The Imperialist Pyramid, Communist Party of Greece, [online] https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/ [abgerufen am 10.12.2023].
[12] Die Definition der „Zwischenstellung“ erinnert an das Argument des Subimperialismus. Aber die KKE unterscheidet sich davon letztlich dadurch, dass sie alle kapitalistischen Länder als imperialistisch definiert. Zur Debatte über den Subimperialismus vgl. Argın, Ender Şiar/Deniz Yılmaz (2023): Alt-emperyalizm: kuramsal bir eleştiri, Teori ve Eylem, [online] https://teoriveeylem.net/tr/2023/03/27/alt-emperyalizm-kuramsal-bir-elestiri/ [abgerufen am 10.12.2023].
[13] Vgl. Papariga 2013, (fast die gleiche Definition findet sich auch im Programm der KKE).
[14] Vgl. Papariga 2013.
[15] Vgl. Papariga 2013.
[16] Vgl. Papariga 2013.
[17] Vgl. Papariga 2013.
[18] Die Analyse der materiellen Voraussetzungen für den Sozialismus sind nicht Gegenstand dieses Artikels, so dass wir nicht darauf eingehen werden.
[19] Vgl. Abteilung Internationale Beziehungen des ZK der KKE (o. D.): Der Diskurs soll mit Argumenten und nicht mit Verleumdungen durchgeführt werden, Communist Party of Greece, [online] https://inter.kke.gr/de/articles/Der-Diskurs-soll-mit-Argumenten-und-nicht-mit-Verleumdungen-durchgefuehrt-werden [abgerufen am 10.12.2023].
[20] Vgl. Cengiz 2023.
[21] Lenin, Wladimir Iljitsch (1917): Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus: 1. Konzentration der Produktion und Monopole, Marxists’ Internet Archive, [online] https://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1917/imp/kapitel1.htm [abgerufen am 10.12.2023].
[22] So ist es kein Zufall, dass die USA in ihrem Wettbewerb mit China versuchen, ihre Vormachtstellung in der Chiptechnologie aufrechtzuerhalten, und zu diesem Zweck besonderes Augenmerk auf Gegenangriffe und Sanktionen legen. Während diese Fußnote geschrieben wurde, wurde angekündigt, dass US-Präsident Biden ein neues Dekret erlassen würde. Diesem Dekret zufolge ist es US-Kapital verboten, in chinesische Unternehmen (Unternehmen, die in China tätig sind oder von der chinesischen Regierung kontrolliert werden) zu investieren, die in den Bereichen bestimmter Halbleiter, Quantencomputer und künstliche Intelligenz tätig sind.
[23] Turan, Bloomberg (2022): “Verlagerung von Produktionszentren, große Chancen”, https://www.bloomberght.com/turan-uretim-merkezleri-kayiyor-onemli-firsatlar-mevcut-2315805
[24] Vgl. Abteilung Internationale Beziehungen des ZK der KKE (o. D.).
[25] Vgl. Papariga 2013.
[26] Für eine Zusammenfassung der Abhängigkeitsdebatten vgl. Koşar, A. (2021) “Emperyalizme bağımlılık partileri”, Teori ve Eylem, Ausg.: 52, 86-98.
[27] Wir verwenden diesen irreführenden Ausdruck in Anführungszeichen, weil er u. a. die gravierenden Unterschiede zwischen den genannten Ländern sowohl hinsichtlich des kapitalistischen Entwicklungsniveaus als auch hinsichtlich der politischen Ausrichtung ausblendet.
[28] Eines der strukturellen Merkmale der NDB, die ihren Sitz in Shanghai hat, besteht darin, dass die fünf Gründungsländer trotz der großen wirtschaftlichen Unterschiede zwischen ihnen gleiche Anteile und Stimmrechte haben. Die dominante Stellung der fünf Länder wird sich durch die Aufnahme neuer Mitglieder nicht ändern. Gemäß der Charta werden ihre Gesamtstimmrechte nicht unter 55 Prozent fallen. Bislang hat die Entwicklungsbank verschiedene Infrastrukturinvestitionen in den BRICS-Mitgliedsländern finanziert, wobei sich die Kosten für 96 Projekte auf insgesamt 32,8 Milliarden Dollar beliefen.
[29] Es versteht sich von selbst, dass unsere quantitative/qualitative Unterscheidung hier nicht bedeutet, dass die imperialistischen Länder nicht kapitalistisch sind. Denn wenn der Imperialismus die höchste Stufe des Kapitalismus ist, dann ergibt sich der Unterschied der imperialistischen kapitalistischen Länder gegenüber den gewöhnlichen kapitalistischen Ländern gerade aus ihrer Fähigkeit, als Länder, die diese höchste Stufe erreicht haben, monopolistische Herrschafts- und Beherrschungsverhältnisse herzustellen und durchzusetzen. Die Bedingtheit der Entstehung und des Auftretens dieser Fähigkeit mit dem Erreichen der höchsten Stufe des Kapitalismus weist darauf hin, dass sie nicht eine quantitative, sondern eine qualitative Eigenschaft im oben genannten Sinne aufweist.