Der Wirtschaftswissenschaftler Michael Roberts[1] schätzt China wie folgt ein:
„China ist keine kapitalistische Wirtschaft, geschweige denn eine imperialistische (Carchedi & Roberts, 2021). In der marxistischen Terminologie ist es eine ‚Übergangswirtschaft‘, d.h. zwischen Kapitalismus und Sozialismus, aber möglicherweise auf dem Weg zum Sozialismus. Dieser Übergang beinhaltet die Möglichkeit des Verlusts der Staatsmacht durch das Kapital und seine ‚bewaffneten Gruppen von Männern‘ (Marx, 1875). Die Übergangswirtschaft ist nicht den Marktkräften überlassen, sondern verfügt über gemeinsames Eigentum an den Produktionsmitteln und einen großen Teil des Kredits sowie über Investitions- und Produktionsplanung.“
Nach der Aufzählung einiger von Marx abgeleiteter Kriterien des Sozialismus fährt Roberts fort, dass China auch nicht sozialistisch ist:
„Nach diesen Kriterien ist China eindeutig nicht sozialistisch. China ist eine Übergangswirtschaft, weil die kapitalistische Staatsmacht abgeschafft wurde und die kapitalistische Produktion rückläufig ist, aber China erfüllt die anderen Kriterien für den Übergang zum Sozialismus nicht: insbesondere gibt es keine Angleichung oder Beschränkung der Einkommen und des persönlichen Vermögens; und der große kapitalistische Sektor geht im Gegenteil nicht stetig zurück. Andererseits kontrollieren die Kapitalisten nicht den Staatsapparat, sondern die Funktionäre der Kommunistischen Partei; das Wertgesetz (Profit) und die Märkte dominieren nicht die Investitionen, sondern der große Staatssektor; und dieser Sektor (und der kapitalistische Sektor) ist verpflichtet, die nationalen Planungsziele zu erfüllen (auf Kosten der Rentabilität, wenn nötig).“ [2]
Imperialismus
Roberts versucht seine Behauptung, China sei nicht imperialistisch, damit zu begründen, dass Chinas Investitionen in der ganzen Welt nicht das Ergebnis von Kapitalüberschüssen oder sinkenden Profitraten sind und daher nicht dem Kapitalexport entsprechen, einem Schlüsselfaktor in Lenins Definition des Imperialismus. Roberts zufolge sind Chinas Investitionen in der ganzen Welt ein gut gemeintes Bestreben, „zu versuchen, seine technologischen Fähigkeiten und seinen Einfluss global zu verbreiten, wie in Afrika und anderen Staaten“. Die Produktivitätsgrafik, die Roberts im gleichen Abschnitt desselben Artikels anführt, zeigt jedoch die dramatische Verlangsamung des durchschnittlichen jährlichen Arbeitsproduktivitätswachstums in China nach 2010.[3]
China hat ein sehr großes Problem mit übermäßiger Kapitalakkumulation/Kapitalüberschuss und Überkapazitäten. Die deutliche Verlangsamung des Anstiegs der Arbeitsproduktivität und der Kapitalproduktivität sowie der makroökonomischen Wachstumsrate in den letzten 15 Jahren sind ein Indiz dafür. Nach der Krise von 2008 sind der beispiellose Anstieg der Auslandsinvestitionen in China einerseits und die inländische Immobilienblase andererseits weitere Indikatoren für das Problem der Überakkumulation/Überkapazität. Die Tatsache, dass der Abbau von Überkapazitäten zu den wichtigen Zielen und Praktiken der Wirtschaftspolitik der Regierung Xi Jinpings gehört, ist ein weiterer deutlicher Hinweis auf das Problem der übermäßigen Kapitalakkumulation.
Die schwere Krise von 2008 – eine Krise der extremen Kapitalakkumulation, der Überkapazitäten und der Überproduktion – und die explosive Entwicklung der sozialen und Klassenkämpfe zwangen die 2012 an die Macht gekommene Gruppe um Xi, den „Kampf gegen Überkapazitäten“zu einem Bestandteil der Wirtschaftspolitik zu machen. Eine der Aufgaben der Parteiaufsichtsorgane in den Staatsunternehmen (SU) besteht darin, die Investitionen zu überwachen, um sicherzustellen, dass sie mit den industriepolitischen Prioritäten des Regimes übereinstimmen und nicht zum Überkapazitätsproblem führen. Die Abschaffung der jährlichen und 5-Jahres-Wachstumsprognosen als verbindliche makroökonomische Ziele in der Xi-Ära, insbesondere in den letzten Jahren, hängt eindeutig mit den Problemen der Überakkumulation/Überkapazität zusammen. Ein weiterer Indikator ist die Ermutigung der Zentralregierung, Tausende von großen und kleinen SU von Lokalverwaltungen, die Überkapazitätsprobleme haben, – mit Ausnahme der größten und strategischen – zu schließen (während die Lokalverwaltungen versuchen, sie aus Gründen wie Beschäftigung und Steuereinnahmen zu halten).
Für das chinesische Regime ist das Problem der Überkapazitäten nicht nur ein Nachhall der Krise von 2008, sondern ein hochgradig strukturelles Problem, das auch heute noch Druck ausübt und nicht beseitigt, sondern nur verwaltet werden kann. Um seine Wettbewerbsfähigkeit und seinen relativen Anteil an der Wertschöpfung in den internationalen Lieferketten zu steigern, hat China nach wie vor das weltweit höchste Verhältnis und Tempo von industriell-technologischen Investitionen zum Bruttonationaleinkommen (BNE), insbesondere in den neuen Technologiebereichen. Es ist einer der typischen Teufelskreise der chinesischen Wirtschaft, einerseits immer größere und anspruchsvollere industriell-technologische Investitionen zu tätigen und andererseits ständig zu versuchen, Überkapazitäten abzubauen, abzuschmelzen und zu beseitigen.
Neue Institutionalistische Entwicklungsökonomie
Roberts kann eine Reihe von Kriterien für eine sozialistische Wirtschaft aufstellen und feststellen, dass China nur zwei davon erfüllt.[4] Öffentliches Eigentum und Kontrolle und Planung. Entwickeln wir nun in der Diskussion mit Roberts unsere eigene Sicht auf diese Fragen.
Michael Roberts‘ Einschätzung der „politischen Ökonomie der Entwicklung Chinas“ ist eine Form der Neuen Institutionenökonomik der Entwicklung, die mit einigen marxistischen Begriffen verschönert wurde. Die Neuen Institutionenökonomik der Entwicklung stellt die Entwicklungs- und Staatsfetische der bürgerlichen Mainstream-Ökonomie gar nicht erst in Frage. Die Tatsache, dass sich die Arbeitsgruppe „Politische Ökonomie der Entwicklung“ nennt, zeigt, dass es keine marxistische Kritik der Entwicklungsökonomie gibt; im Gegenteil, der historisch-kritische Charakter der marxistischen Kritik der politischen Ökonomie wird ausgehöhlt.
Die Neue Institutionenökonomik entstand aus der neoklassischen/neoliberalen Ökonomie mit dem Slogan, „den Staat zurückzubringen“. Es handelt sich nicht um einen Bruch mit der neoklassischen Ökonomie, sondern um eine Überarbeitung der neoklassischen Ökonomie, bei der dem Staat die Rolle der Überwachung und Regulierung von „Marktversagen“ zugewiesen wird und der Staat selbst zu einem unternehmerischen Staat wird. Das „japanische Wirtschaftswunder“ der 1980er Jahre und das „asiatische Tigerwunder“ der 1990er Jahre waren wichtige Faktoren, die den Neoliberalismus zusammen mit dem Staat in die Entwicklungsökonomie zurückbrachten. So entstand eine Neue Institutionenökonomik der Entwicklung.
Die Neue Institutionenökonomik der Entwicklung formte sich im Rahmen der Probleme und Methoden des „Aufholens“ (catch-up) der rückständigen Länder zu den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern. Mit anderen Worten, es handelt sich um eine neue Version der traditionellen Entwicklungsliteratur innerhalb des neoliberalen Kapitalismus und im Zusammenhang mit dem Problem des Übergangs zu internationaler Wettbewerbsfähigkeit und neuen Technologien. Durch die Analyse der „Entwicklungs“-Erfahrungen von Ländern wie Südkorea, Indien, Brasilien, China und der Türkei wird versucht, Kriterien, Perspektiven und Vorschläge für „erfolgreiche und erfolglose Entwicklungsmodelle“ zu entwickeln.
Nach der Neuen Institutionenökonomik der Entwicklung gibt es in den „Aufhol“-Ländern einen privaten Sektor/Kapitalisten und einen von diesen autonom agierenden, entwicklungswilligen Staat mit unklarem Klassencharakter, der Planungs- und Industriepolitik machen will. Die entsprechenden Ökonomen versuchen zu analysieren, welche Beziehungen und Widersprüche zwischen den Kapitalisten und dem autonomen Entwicklungsstaat bestehen, welches Element entscheidend ist oder sein sollte und wie eine erfolgreiche „Aufholentwicklung“ erreicht werden kann und unter wessen Kontrolle dafür diese beiden Elemente zusammenkommen müssten.
In der Neuen Institutionenökonomik der Entwicklung gibt es keine Analyse von Klassen und Klassenbeziehungen. Wie in Michael Roberts‘ „The political economy of China’s development“ gibt es eine Gruppe von „Kapitalisten“ und eine Gruppe von „Parteistaatsfunktionären“; fast alle Bewertungen werden darauf reduziert, welches dieser beiden Elemente, die als voneinander getrennt angesehen werden, entscheidend ist. Die Beziehungen des Kapitals zur Arbeit, des Staates zur Arbeit, die Produktionsverhältnisse und der Klassenkampf werden nicht in die Analyse einbezogen. Sie werden ignoriert. Die Neue Institutionenökonomik der Entwicklung, insbesondere ihr staatszentristischer Zweig, hat die Entwicklung und den Staat wieder in die Mainstream-Ökonomie zurückgebracht, aber unter sorgfältiger Vermeidung, die Produktionsverhältnisse, die Klassen, den Klassenkampf und die marxistische Kritik an Kapitalismus und Staat zurückzubringen.[5] Indem sie den unversöhnlichen Klassenantagonismus ignoriert und die Konflikte zwischen Kapitalisten und dem Staat (die in Wirklichkeit nichts anderes sind als Konflikte zwischen den besonderen und allgemeinen Interessen des Kapitals) als „Hauptwiderspruch“ darstellt.
Aus diesem Grund ist der staatszentristische sowie der BRIQ-nahe Arm der Neuen Institutionenökonomik der Entwicklung weder historisch noch kritisch noch materialistisch. Auch wenn sie sich im Anschein einer marxistischen Terminologie bedient, die sie ihres Inhaltes beraubt, tut sie dies, um den Marxismus zu einem Randdekor für etwas zu machen, mit dem er höchst unvereinbar ist: die staats- und entwicklungsfetischistischen Versionen der kapitalistischen Arbeitsteilung und des auf abstrakter Arbeit beruhenden Warenfetischismus.[6]
Die etatistische Version der institutionalistischen Entwicklungsökonomie sieht Entwicklung und Planung als inhärente „überlegene Eigenschaften“ des Staates an. Wenn die Entwicklung trotz aller gut gemeinten Bemühungen des Staates scheitert, wird die Schuld dem vom Staat getrennt betrachteten privaten Sektor, dem Markt, angelastet und damit vom „idealen Staat“ externalisiert. Die Tatsache, dass die neue etatistische Entwicklungsökonomie den Staat als „inhärent“ extern und antagonistisch gegenüber dem Kapitalismus, der kapitalistischen Klasse und dem Markt betrachtet, ist das eigentliche Wesen des Staatsfetischismus. Ganz zu schweigen von der Fetischisierung des kapitalistischen Developmentalismus, der eine Folge der Bewegungsgesetze des Weltkapitalismus ist, einschließlich seiner ungleichmäßigen Entwicklung, als „Entwicklung auf nicht-kapitalistische Weise“.
Die neue etatistische Entwicklungsökonomie glaubt, dass ein „nicht-kapitalistischer Weg“ entwickelt werden kann, indem die Dualismen des Liberalismus zwischen Wirtschaft und Politik, Gesellschaft (Kapitalisten) und Staat übernommen und umgekehrt werden. Im Kapitalismus ist die Arbeitsteilung zwischen Kapital und Staat jedoch formal. Heute, da sich der Staat zu einem sehr viel direkteren kapitalistischen Unternehmerstaat entwickelt hat, ist diese Unterscheidung dünner und durchlässiger geworden.
Die Tatsache, dass heute immer mehr kapitalistische Staaten wieder in den Schmelztiegel des Aufhol-/Entwicklungsprozesses eintreten, mit dem Diskurs und dem Bestreben, eine „Regionalmacht, Weltmacht“ zu werden, ist nicht auf die „nicht-kapitalistische Natur“ dieser Staaten zurückzuführen. Im Gegenteil, es ist eine Folge der ungleichmäßigen Entwicklung des Weltkapitalismus, der gegenwärtigen Form und Funktionsweise der Gesetze des Kapitalverkehrs und des Marktes im eigenen Land und in der Welt.[7] Es ist eine Folge der Tatsache, dass die Staaten nicht nur zu Staaten der Bourgeoisie geworden sind, sondern in ihrer Form zum „Unternehmerstaat“, viel direkter zum kapitalistischen Unternehmensstaat.
Der einzige Unterschied zwischen der „politischen Ökonomie der Entwicklung Chinas“ im Rahmen der neuen staatszentristischen Entwicklungsökonomie und den fetischistischen Bewertungen des „japanischen Wunders“ und des „Wunders der asiatischen Tiger“ durch den Mainstream-„Developmentalismus“ besteht darin, dass sie durch die Behauptung, die kapitalistische Entwicklung Chinas sei auf „nicht-kapitalistische Weise“ erreicht worden, weiter vulgarisiert wird.
Wenn man die historisch-konkrete Analyse der Produktionsverhältnisse, der Klassenbeziehungen, der Widersprüche und der Kämpfe in China und in der Welt beiseitelässt, dann wird die Einschätzung Chinas durch die Fragen bestimmt, inwieweit China gegenüber den USA aufgeholt hat und wer von einer Reihe von Kapitalisten und einer Reihe von Partei-/Staatsfunktionären in China ausschlaggebend ist, worin der Widerspruch zwischen China und den USA und die Rangeleien zwischen Kapital und Parteistaat innerhalb Chinas bestehen. Mit anderen Worten handelt es sich um eine Utopie und einen Fetischismus des „nicht-kapitalistischen Kapitalismus“, in dem die Widersprüche zwischen den finanzoligarchischen kapitalistischen Mächten als Grundlage genommen, Klassenwidersprüche vertuscht werden und das chinesische und weltweite Proletariat dazu getrieben wird, eine dieser kapitalistischen Mächte gegen die andere zu unterstützen, anstatt seine eigenen Klasseninteressen zu verwirklichen.
Michael Roberts‘ China-Interpretationen, dass „wenn in China Staatseigentum und -kontrolle überwiegt und es Planung gibt, China nicht kapitalistisch“ ist, beruht auf einer formalistischen und fetischistischen Logik. Indem er zu beweisen versucht, dass der Parteistaat das Kapital in China beherrscht, weicht er der Frage aus, ob die kapitalistischen Produktionsverhältnisse, die Mehrwertausbeutung bestimmend sind. Indem er behauptet, dass der „dominante staatliche Sektor“ das Wertgesetz einschränkt, oder sogar, dass das Wertgesetz im staatlichen Sektor nicht angewandt wird, verschleiert er die Mehrwertausbeutung in den SU. Er vermeidet auch eine konkrete Analyse der konkreten Formen von Staatseigentum, Kontrolle und Planung. So analysiert Roberts beispielsweise nicht die Tatsache, dass staatliche Unternehmen ausschließlich auf der Grundlage der Rentabilität geführt werden, dass der Anteil der SU am Gewinn über 50 Prozent beträgt, während ihr Anteil am BNE bei etwa 20 Prozent liegt, dass die Aktien der SU an chinesischen und weltweiten Börsen gehandelt werden, dass die „gemischte Eigentumsreform“ staatliche Unternehmen und private Unternehmen dazu ermutigt, gegenseitig Anteile zu kaufen, oder wie und nach welchen Kriterien die Verwaltung und Kontrolle der SU erfolgt. In der neuen Logik der etatistischen Entwicklungsökonomie wird „gibt es Staatseigentum, Kontrolle und Planung, ist es nicht kapitalistisch“ als „Erklärung“ für die Tatsache angeführt, dass China nicht kapitalistisch ist, statt sie im Kontext der Produktionsverhältnisse zu analysieren und zu erklären. Roberts verschließt ohne jede Analyse die Augen vor dem, was von Marxisten unzählige Male analysiert und nachgewiesen wurde, nämlich dass Staatseigentum eine Form von kapitalistischem Eigentum ist. Seine fetischistischen Annahmen über Staatseigentum und -kontrolle in China unterscheiden sich nicht von der Behauptung, dass beispielsweise Unternehmen wie Turkish Airlines, die zum türkischen Staatsfonds gehören, „nicht kapitalistisch“ seien.
Staatseigentum
In China ist der Anteil der SU am BNE in den letzten 30 Jahren von 4/5 auf 1/5 gesunken. Roberts zufolge liegt der Anteil der staatseigenen und/oder staatlich kontrollierten Unternehmen bei „über 50 Prozent“, einschließlich der Unternehmen, die nicht direkt staatlich zu sein scheinen, sondern von der staatlichen Prüfbehörde SASAC (Kommission zur Kontrolle und Verwaltung von Staatsvermögen) kontrolliert werden. Zwar ist die Zahl der Unternehmen, die in China unter direkter oder indirekter parteistaatlicher Kontrolle stehen, wesentlich höher als die Zahl der Unternehmen, die in den offiziellen Statistiken als Staatsbetriebe erscheinen. Es ist jedoch zweifelhaft, dass diese Kontrolle von der SASAC ausgeübt wird. Die Xi-Regierung hat die bürokratische staatliche Kontrolle über bestimmte strategische Unternehmen und Sektoren aufgegeben und die SASAC eine Zeit lang weitgehend entmachtet. Die Partei ersetzte sie durch eine „korrigierende und regulierende“ Aufsicht durch die zuständigen Kommissionen und Sekretariate, die zwar strenger waren, sich aber im Wesentlichen an Kriterien des Krisenmanagements und -kontrolle, der Effizienz und Rentabilität orientieren. Auch die Leitung der SU wurde zeitweise aus der Staatsbürokratie herausgelöst. Eingestellt wurden zwar Parteimitglieder, waren aber professionelle Manager. Diesen Managern wurde im Rahmen der Marktprozesse und unter Aufsicht der Partei mehr Autonomie und Eigeninitiative zugestanden (zur Komplexität und dem Hin-und-her in der Aufsicht über die SU in China siehe den Unterabschnitt „Aufsicht“ in diesem Artikel).
Roberts greift auf ein Wortspiel zurück, indem er Staatseigentum in China als „Gemeineigentum“ bezeichnet. Wessen „Gemeineigentum“? Der Arbeiter in den SU, der Arbeiterklasse, des Volkes, der Gesellschaft als Ganzes? Keinem von ihnen! Keiner von ihnen hat auch nur den geringsten Anteil und die geringste Initiative an den Eigentumsverhältnissen, den Entscheidungen, der Kontrolle und dem Management, den Strategien und der Politik, den Profiten und den Prioritäten der SU. Wenn die SU auf Produktions- und Arbeitsorganisierungsformen wie Just-in-Time-Produktion, Lean Production, flexible und agile Produktion zurückgreifen, die die Intensität und das Tempo der Arbeit/Ausbeutung bis zum Äußersten steigern, fragt niemand die Arbeiter. Niemand fragt die Arbeiter, welche SU strategisch sind, welche an private Unternehmen verkauft und welche geschlossen werden sollen. Roberts‘ „Gemeineigentum“-Wortspiel unterscheidet sich nicht von der „Die SU gehören uns“-Naivität in der Türkei.
Marx definiert Eigentum als ein soziales Verhältnis, „das Recht, von der Arbeit eines anderen zu profitieren.“ Im Kapitalismus bilden die privaten und öffentlich-privaten Eigentumsverhältnisse eine grundlegende Form der Beziehungen zwischen den Klassen. Aus dieser Sicht ist Eigentum nicht nur das Recht von jemandem, etwas (die Produktionsmittel) zu besitzen (d. h. sein Verhältnis zu dieser Sache), sondern auch das Recht, anderen die Möglichkeit zu nehmen, von dieser Sache zu profitieren, und somit das Recht, die Arbeit anderer auszubeuten, die von den Produktionsmitteln abgeschnitten/beraubt wurden. Das ist es, was Roberts nicht versteht. Er betrachtet Eigentum als eine „Beziehung zu Dingen“ und fetischisiert daher das Staatseigentum, das auf dem Papier „allen“ zu gehören scheint. In diesem fetischistischen Ansatz verschwinden die Klassen! Roberts stellt nicht die Frage, wer von den Mitteln und Möglichkeiten des Staatseigentums profitiert, wie z.B. von den großen, billigen Krediten der Staatsbanken, dem Land und den natürlichen Ressourcen, die der Staat den Unternehmen zuteilt, den Produktionsmitteln usw., und wem das Recht vorenthalten wird, von ihnen zu profitieren. Er stellt auch nicht die Frage, wer die Arbeitskraft von wem mit Hilfe der staatlichen Mittel und Möglichkeiten nutzt und ausbeutet. Er beklagt lediglich die fehlende Beteiligung der Arbeiter, des Volkes, an der Verwaltung des Staatseigentums in China. Damit widerlegt er erneut seine eigenen Worte. Dass der Arbeiterklasse und dem Volk die Möglichkeit der Entscheidungsfindung, der Verwaltung und der Kontrolle über die staatlichen Produktionsmittel vorenthalten wird, ist das Ergebnis der Tatsache, dass das Staatseigentum kein „Gemeineigentum“ ist, sondern eine Form des kapitalistischen Eigentums.
Gehen wir noch einen Schritt weiter, so impliziert die Behauptung, das Staatseigentum in China sei „Gemeineigentum“, dass der Staat ein gemeinsamer Staat der gegensätzlichen Klassen oder ein klassenübergreifender Staat ist. Ein weltbekannter Wirtschaftswissenschaftler, der behauptet, Marxist zu sein, schüttet mit seinem Vorhaben, China als „nicht-kapitalistisch“ zu etikettieren, den Marxismus mit dem Bade aus.
Betrachten wir das Urteil von Roberts, dass es unbestreitbar ist, dass China nicht kapitalistisch ist:
„Andererseits kontrollieren die Kapitalisten nicht den Staatsapparat, sondern die Funktionäre der Kommunistischen Partei; das Wertgesetz (Profit) und die Märkte dominieren nicht die Investitionen, sondern der große Staatssektor; und dieser Sektor (und der kapitalistische Sektor) ist verpflichtet, die nationalen Planungsziele zu erfüllen (auf Kosten der Rentabilität, wenn nötig).“
Keines der in diesem Satz genannten Kriterien ist ein wissenschaftlicher Beweis dafür, dass China nicht kapitalistisch ist. In kapitalistischen Ländern kontrollieren „Kapitalisten“ den staatlichen Mechanismus nicht „als kapitalistische Individuen oder Ansammlungen von Individuen“; sie kontrollieren ihn als kapitalistische Klasse. Die Tatsache, dass Roberts es vermeidet, den Begriff der Klasse in diesem „Urteils“-Satz zu verwenden, wie er es in seiner gesamten Einschätzung Chinas tut, macht seine Einschätzungen ausreichend hohl. Leider haben wir in der Geschichte viele „kommunistische Parteien“ gesehen, deren Name „kommunistisch“ war, die aber bereits in den Kapitalismus integriert waren. Diejenigen, die den Staat und die Wirtschaft leiten, können eine Erweiterung und ein Vertreter der Kapitalistenklasse sein, oder sie können ein Teil von ihr sein. Die Staats- und Parteibürokratie selbst kann „Kapitalisten“ als Klasse aus sich selbst heraus produzieren und reproduzieren.[8]
Roberts zufolge gibt es in China einige Kapitalisten und einige Funktionäre, aber wir können einfach nicht herausfinden, ob es eine Mehrwertausbeutung gibt, wenn ja, ob sie die gesamte Wirtschaft bestimmt, ob es eine Mehrwertausbeutung „im staatlichen Sektor“ gibt, ob es in China Klassen gibt, und wenn ja, wie die Klassenbeziehungen zwischen „Kapitalisten“, „Arbeitern“ und diesen „Funktionären“ aussehen und wie sie funktionieren.
Privatunternehmen/Monopole in kapitalistischen Volkswirtschaften können auch unrentabel oder mit Verlust arbeiten, „wenn nötig“. Es sind viele Beispiele bekannt, wie z. B. Amazon, eines der größten Privatunternehmen der Welt, und Walmart, die manchmal riskieren, 4-5 Jahre lang unrentabel oder mit Verlust zu arbeiten, bis sie ihre Konkurrenten vernichten und auf dem Markt eines neuen Landes eine marktbeherrschende Stellung einnehmen. Es gibt viele Beispiele für neue Technologieunternehmen, Plattformunternehmen und Start-ups, die mit Hilfe von Kreditmechanismen eine gewisse Zeit lang unrentabel oder mit Verlusten arbeiten können, bis ein ausreichender Markt für neue Produkte und Innovationen geschaffen ist. Es gibt auch viele historische Beispiele dafür, dass staatliche Unternehmen in kapitalistischen Volkswirtschaften durch Preiskontrollmechanismen mit Verlusten geführt wurden, um Mehrwert und Gewinn an private Unternehmen zu übertragen. In den heutigen kapitalistischen Volkswirtschaften kennen wir auch viele Beispiele aus der Türkei, wie private Zombie-Unternehmen, die ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen können, die Verluste machen und praktisch bankrott sind, durch verschiedene Kredit-, Anreiz- und Ausschreibungsmechanismen am Leben erhalten werden.
Diesmal erweckt Roberts mit einem Wortspiel wie „auf Kosten der Rentabilität“ den Eindruck, dass „der Staatsektor und die Parteistaatsfunktionäre in China“ gegen den Kapitalismus arbeiten. Die Vorstellung, dass alle Formen von staatlicher Intervention, Planung, öffentlichem Eigentum, Kontrolle und Regulierung der Wirtschaft, einschließlich kapitalistischer Formen der Planung und Kontrolle, „gegen den Profit“ sind (gegen das Wertgesetzes, gegen den Markt usw.), ist kein marxistischer Ansatz, sondern ein Dogma des klassischen Liberalismus. Dass beispielsweise bestimmte Unternehmen in kapitalistischen Volkswirtschaften unter bestimmten Bedingungen unrentabel/verlustreich arbeiten, bedeutet keineswegs, dass sie „gegen den Profit“ sind. Die Verluste der staatlichen Unternehmen einer bestimmten Periode waren dazu gedacht, die Rentabilität privater Unternehmen mit den von ihnen bereitgestellten billigen Inputs zu erhöhen. Der unrentable/verlustbringende Betrieb eines bestimmten Unternehmens während eines bestimmten Zeitraums kann das Ziel haben, in einem bestimmten Zeitraum einen viel höheren Monopolüberschuss zu erzielen.
Außerdem sind die SU in China sehr profitabel und werden nach rein kapitalistischen Effizienz-/Profitabilitätskriterien geführt. Die Praxis, SU mit Verlust zu betreiben, wurde längst aufgegeben. In den 1990er und frühen 2000er Jahren wurde mehr als die Hälfte der SU privatisiert oder mit dem typischen Argument „Verlustgeschäft“ geschlossen. Nach der Krise 2008 machte die Xi-Regierung die SU vollständig von Effizienz/Profitabilität und internationalen Kapitalmarktprozessen abhängig. Die Rentabilitäts- und Kapitalmarktkriterien sind so spezifisch, dass individuelle und aggregierte durchschnittliche Produktivitäts-, Rentabilitäts- und Profitabilitätsstatistiken der SU monatlich, halbjährlich und jährlich separat veröffentlicht und mit denen privater Unternehmen verglichen und zueinander in Konkurrenz gesetzt werden. Dies ist das eigentliche Modell des unternehmerischen Staates, das kapitalistische Unternehmensstaatsmodell der heutigen Phase des Kapitalismus.
Roberts schweigt sich über die Rentabilität chinesischer SU aus und greift auf ein weiteres Wortspiel zurück, indem er sagt, dass in China „Investitionen nicht dem Wert/Profit und dem Markt unterliegen“. In kapitalistischen Volkswirtschaften können jedoch Investitionen, insbesondere langfristige und umfangreiche Investitionen, nicht mit der Erwartung eines sofortigen Gewinns getätigt werden. Die Suche nach dem schnellsten, einfachsten und risikolosesten Profit behindert Investitionen, und auch wenn es den Anschein hat, dass die Rentabilität kurzfristig steigt, so sinkt sie doch allmählich und führt dazu, dass man gegenüber der Konkurrenz zurückfällt. Heute wendet sich der imperialistische US-Kapitalismus auch langfristigen, groß angelegten industriell-technologischen Investitionen im Rahmen dessen zu, was im Jargon der Neuen Institutionenökonomik als „öffentlich-private Partnerschaft“ bezeichnet wird. Das bedeutet natürlich nicht, dass die industriell-technologischen Investitionen der USA „gegen den Profit“ sind. Warum sollte das bei China der Fall sein?
Im Kapitalismus sind langfristige und umfangreiche Investitionen in neue industriell-technologische Forschung und Entwicklung, Design und Produkte aufgrund der Ungewissheit der Zukunft immer mit Risiken verbunden. Im Falle eines Misserfolgs verpuffen all diese umfangreichen Kosten und Ausgaben. Wenn sie erfolgreich sind, sind sie ebenfalls riskant, weil sie zwar den relativen Mehrwert und den Extramehrwert für eine gewisse Zeit erhöhen, aber ab einem bestimmten Punkt dazu neigen, die durchschnittlichen Profitraten weiter zu senken. Aber die kapitalistischen Kräfte sind, ob sie wollen oder nicht, durch die Krise und den Wettbewerb gezwungen, langfristige Investitionen in immer größerem Umfang vorzunehmen. Betrachten wir nun einen kostenintensiven, langfristigen Forschungs- und Entwicklungsprozess. Ungeachtet der Ausgaben für die Investition und der Löhne der wissenschaftlichen und technischen Arbeitskräfte, die den Prozess durchführen, scheint es, als ob der Prozess noch nicht „dem Wert/Profit und dem Markt unterliegt“, bis er abgeschlossen und auf den Markt gebracht wird. In der Tat kann es sein, dass die Innovation, die in diesem Prozess gemacht werden soll, unter den bestehenden Bedingungen nicht einmal einen Markt hat. Aber zu sagen, dass ein solcher Investitionsprozess „nicht dem Wert/Gewinn und dem Markt unterliegt“, ist nichts als Demagogie. Denn die Investition wird ohnehin getätigt, um den Markt- und Profitanteil zu erhöhen oder einen neuen Profitmarkt zu schaffen, um den relativen Mehrwert zu erhöhen, um einen Mehrgewinn zu erzielen. Wert, Mehrwert, Profit, Markt usw. sind hier potenziell vorhanden, bevor das Produkt auf den Markt gebracht wird. Wenn es fertiggestellt und in Produktion/auf den Markt gebracht wird, ist der potenzielle Mehrwert auch Teil des relativen Mehrwerts der neu produzierten Waren. Nichts an kapitalistischen Investitionen, auch nicht in China, ist unvereinbar mit den grundlegenden Gesetzen kapitalistischen Handelns, einschließlich der Steigerung der Ausbeutung des relativen Mehrwerts, des Transfers eines Teils des Mehrwerts der Konkurrenten, der Erzielung von Extramehrwert, der Erhöhung des Anteils und der Kontrolle in den internationalen kapitalistischen Mehrwertketten usw.
Was Roberts als „nicht-kapitalistisch“ bezeichnet, mag die Tatsache sein, dass China weiterhin in innovative technologische Start-up-Unternehmen investiert, auch wenn die meisten von ihnen scheitern. Aber das ist keine „nicht-kapitalistische“ Investition, sondern Risikokapital, und das ist auch im westlichen Kapitalismus der Fall. Wenn in 100 solcher technologischen Unternehmen investiert wird, von denen 74-95 scheitern und eine kleine Anzahl erfolgreich ist, absorbieren die erfolgreichen Unternehmen die Kosten und Verluste der anderen, erlangen eine hohe Monopolstellung und machen hohe Gewinne, und das Risikokapital erhält eine gute Rendite auf seine Gesamtinvestition.[9] Risikokapital ist eines der brutalsten, parasitärsten, spekulativsten und rücksichtslosesten erpresserischen Teile des Finanzkapitals.
Roberts‘ Darstellung des chinesischen Risikokapitals, das sich, als „nicht-kapitalistische/unrentable Investition“, nicht von dem des westlichen Kapitalismus unterscheidet, weist auf eine mit „Gemeinwohlorientierung“ verpackte liberale Tendenz hin. Die Behauptung, dass Investitionen in China „wert-/gewinn- und marktneutral“ sind, ist vergleichbar mit der Behauptung, dass die Zwischenprodukte einer kapitalistischen Fabrik, die eine bestimmte Ware für den Markt produziert, „wert-/gewinn- und marktneutral“ sind, weil sie für sich genommen noch keine Waren sind!
Roberts hätte aufhören sollen zu sticheln und erklären sollen, warum das Investitionstempo in China, das als Prozentsatz des BNE das höchste in der Welt ist, nicht dazu geführt hat, den Lebensstandard der Arbeiter zu erhöhen, warum es keine Investitionen in die Verbesserung des verkümmerten Sozialversicherungssystems gegeben hat, um inländische Wanderarbeiter einzubeziehen, und warum diese Investitionen im Gegenteil zum 996-Arbeitssystem (6 Tage – 72 Stunden Arbeit pro Woche) geführt haben.
Aus marxistischer Sicht ist in der Debatte um das Gemeineigentum zunächst Folgendes zu sagen: 1. Das öffentliche Eigentum ist eine Form des kapitalistischen Eigentums. 2. Mindestens genauso wichtig wie die Form des Eigentums ist es, die Produktionsverhältnisse in den öffentlichen Unternehmen zu analysieren und aufzuzeigen, ob es eine Mehrwertausbeutung gibt oder nicht. Unter den Bedingungen des neoliberalen Kapitalismus ist selbst die alte formale „öffentliche Hand“ längst entleert worden, und selbst staatliche Institutionen, ganz zu schweigen von „öffentlichen“ Unternehmen, die nicht direkt wirtschaftlich zu sein scheinen, sind dem Funktionieren von Effizienz, Leistung und Rentabilität unterworfen worden. Der chinesische Staat ist da keine Ausnahme.
Übergang
Das chinesische Modell kann sicherlich als eine Form des „Übergangs“ bezeichnet werden. Aber es ist weder, wie Michael Roberts behauptet, ein „Übergang“ vom Kapitalismus zum Sozialismus (den er selbst als „Fehlschlag“ bezeichnet), noch, wie Sungur Savran umgekehrt argumentiert, eine Rückkehr/ein Übergang vom Sozialismus zum Kapitalismus.[10] Die kapitalistische Restauration in China ist abgeschlossen, abgesehen von einigen formalen Überresten des Sozialismus, die auf der Ebene des Diskurses und der Verschleierung völlig ausgeweidet wurden. Die Produktionsweise (und den Staat) in China in Rätsel zu verwandeln, wie z. B. „sie ist nach zwei von acht Kriterien nicht kapitalistisch, aber nach sechs auch nicht sozialistisch“, wie Roberts argumentiert, oder „seine Wirtschaft ist weitgehend kapitalistisch [ein paar Sätze später sagt er „sozialistische Marktwirtschaft„], aber seine Bürokratie ist noch nicht bürgerlich, obwohl sie eine Brutstätte der bürgerlichen Produktion geworden ist“, wie Savran argumentiert, ist Eklektizismus im Namen der „Dialektik“.
Das „Übergangsmodell“ in China ist weder ein Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus noch vom Sozialismus zum Kapitalismus; es ist das Übergangsmodell des bereits kapitalistischen Chinas zum „mittel-fortgeschrittenen“ und allmählich „hohen“ Kapitalismus. Mit anderen Worten, es handelt sich um ein Übergangsmodell, das darauf abzielt, den westlichen/US-Kapitalismus „einzuholen“ und sich an der weltweiten (imperialistisch) kapitalistischen Hegemonie zu beteiligen.
Savran irrt, wenn er versucht, Chinas Situation anhand der Sowjetunion und ihrer „Gesetze des Rückkehrprozesses“ zu definieren. Das sowjetische Modell oder das chinesische Modell der Mao-Ära sind längst nicht mehr die historischen Bezugspunkte des heutigen China. Sieht man von einigen formalen Überresten mit Verschleierungszweck ab, so sind die beiden wichtigsten Bezugspunkte des heutigen China die folgenden: 1. Die beschleunigten und intensivierten kapitalistischen industriellen „Entwicklungs“-Modelle, die auf der staatlichen Koordination und Planung der im Zweiten Imperialistischen Krieg zerstörten kapitalistischen Länder, vor allem Japan, Südkorea, Taiwan und in gewissem Maße Westdeutschland, basieren. 2. Die Modelle der „Neuen Öffentlichen Verwaltung“, der „Governance“, des „effektiven, regulierenden und unternehmerischen Staates“, der „Prüfungs-, Regulierungs- und Koordinierungsgremien“, der „Wirtschaftsstrategie und -politik“ des „neoliberalen“ Kapitalismus, die von den USA ausgehen und sich seit den 1990er Jahren ausbreiten.
Das erste ist das beschleunigte und intensivierte turbokapitalistische Modell der Modernisierung, Rationalisierung, Industrialisierung, Technologisierung, und Monopolisierung, das auf dem „Aufholen“ gegenüber dem westlichen Kapitalismus, der „Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den privaten Monopolunternehmen“ und der kapitalistischen „Planungspolitik“ in Japan, Südkorea und Taiwan seit den Nachwehen des zweiten imperialistisch-kapitalistischen Krieges bis in die 1980-90er Jahre beruht.[11] In diesen Ländern wurde dieses Modell durch den raschen Aufbau und die Entwicklung moderner Infrastrukturen durch den Staat, durch die Fusionen bestimmter „ausgewählter“, mit dem Staat verflochtener Unternehmen, durch den billigen und reichlichen Transfer von Finanzmitteln und Informationen durch den Staat, durch den Transfer erfahrener Arbeitskräfte, Experten und Manager, durch die enorme Konzentration und Zentralisierung des Kapitals, damals „Konglomerat“ oder „Cheabol“ genannt, und durch die Ausbreitung von Zuliefererketten und -netzen umgesetzt. Auf politischer Ebene wurde sie von den militärisch-faschistischen Regimen in Südkorea und Taiwan und in Japan vom Neo-Korporativismus der LDP, die von 1960 bis 1993 allein regierte, durchgeführt. Die Politik dieser Länder bei der Planung der beschleunigten und intensivierten industriekapitalistischen Entwicklung mit ihrer sehr verkümmerten bürgerlichen Demokratie in Japan und ihrer etwas weiter gefassten bürgerlichen Demokratie in Deutschland enthielt sogar Elemente, die technisch und methodisch aus der Zeit des Nationalsozialismus/Faschismus entlehnt und angepasst waren. Einige werden sich vielleicht an das so genannte „japanische Wunder“ und die „asiatischen Tiger“ erinnern. Der japanische Kapitalismus mit seiner gut geplanten, programmierten und organisierten Auswahl vorrangiger Sektoren (Elektronik, Automobilbau, Schiffbau) und ausgewählter Monopolunternehmen, die mit dem Staat verflochten sind, mit seinen Produktions- und Arbeitsorganisierungen wie Qualitätsmanagement, Just-in-Time-Produktion, Lean Production, mit seinen quasi-militarisierten Mechanismen der Arbeitskontrolle und -disziplin, mit seinem „dualen Arbeitsmarkt“ (Stammbelegschaft und Leiharbeiter) begannen, die Weltmärkte zu erobern. Die US-Giganten wie GM, Ford, IBM, GE waren eine Zeit lang nicht einmal auf ihren eigenen Märkten in der Lage, mit den japanischen Monopolen zu konkurrieren. Aber niemand kam auf die Idee, das Modell Japans, Südkoreas und Taiwans bei der Schaffung internationaler Monopole und monopolistischer Wettbewerbsfähigkeit als „gegen den Profit“ gerichtet oder eine „Entwicklung auf nichtkapitalistische Weise“ zu benennen. Dieses turbokapitalistische Modell der industriellen Entwicklung, der Konzentration, der Monopolisierung und des „Aufholens“ gegenüber den fortschrittlichsten kapitalistischen Ländern war ein neues Modell des „Staatskapitalismus“, das die Ausbeutung und die Disziplinierung des absoluten und relativen Mehrwerts der gespaltenen und unterteilten Arbeiterklasse auf zerstörerische Weise erhöhte und intensivierte.
Tatsächlich wurde eine Form der kapitalistischen Planungspolitik in der kapitalistischen Welt erstmals von den USA während der Depression des Kapitalismus in den 1930er Jahren eingeführt. Nach dem Zweiten Imperialistischen Weltkrieg gab es (bis in die 1980er Jahre) fast kein Land in der kapitalistischen Welt, in dem nicht verschiedene Formen der kapitalistischen Planungspolitik umgesetzt wurden. Auch in den so genannten „unterentwickelten“ Ländern begannen die Modelle der „geplanten Entwicklung“ nach den Richtlinien des imperialistischen Kapitalismus umgesetzt zu werden.[12] Das Dogma des Liberalismus, dass alle Formen von Staatseigentum, Kontrolle und Planung „marktfeindlich“ seien, brach angesichts der Tatsache zusammen, dass bestimmte Formen von Staatseigentum, Kontrolle und Planung alle kapitalistischen Volkswirtschaften durchdrungen hatten. Der Liberalismus beließ es nicht nur dabei, „marktfreundliche“ Formen von Staatseigentum, Kontrolle und Planung, indem er dieses Dogma verfeinerte, zu übernehmen, wobei er sie natürlich akribisch von sozialistischen Formen von Eigentum, Kontrolle und Planung trennte. Sie entwickelte auch ihre liberale Theorie weiter. Nach den Anfängen des Neoliberalismus, in denen alle Formen staatlicher Intervention und des Developmentalismus verurteilt wurden, können wir dankbar sein für diese Revision der liberalen Theorien, die in Form der Neuen Institutionsökonomik der Entwicklung aktualisiert werden, weil sie uns erlauben, Ansätze zu entschlüsseln, die den Marxismus mit solchen liberalen Theorien eklektizieren.
Der Liberalismus betrachtet Wirtschaft und Politik, Gesellschaft und Staat als positivistischen Dualismus. Sein Ansatz zum Verhältnis zwischen Markt und Planung ist eine Erweiterung dieses positivistischen Dualismus. Er sieht Markt und Planung, Kontrolle, öffentliches Eigentum als Gegensätze an. Nach dem Durchsetzen bestimmter Formen des öffentlichen Eigentums, der Kontrolle und der Planung in kapitalistischen Volkswirtschaften verfeinert er diesen Ansatz und überträgt ihn auf die neue Situation. Demnach können staatliches Eigentum, Kontrolle und Planung in kapitalistischen Volkswirtschaften möglich und sogar notwendig sein, aber das konstitutive Element, das wesentliche und grundlegende Element ist natürlich der Markt. Staatliche Eingriffe und Maßnahmen in der Wirtschaft können nur als Ergänzung zum Markt, als Korrektor und Regulierer von Marktungleichgewichten und sogar als Vertiefung, Erweiterung und Entwicklung des Marktes existieren.[13]
Roberts‘ Sichtweise der chinesischen Formen von Staatseigentum, Kontrolle und Planung als marktfeindlich/-begrenzend („gegen den Profit“, „weder Wert/Gewinn noch dem Markt unterworfen“) ist eine Erscheinung des liberalen Dualismus. Wie die Liberalen sieht er den Markt und staatliches Eigentum/Kontrolle/Planung als sich gegenseitig ausschließend an. Mit einem Verständnis, das der umgekehrte Zwilling des Liberalismus ist, behauptet er dann, dass „Staatssektor, Kontrolle und Planung“ in China ausschlaggebend sind, nicht der Markt und der Profit. Daraus resultiert auch die Behauptung, dass Privateigentum, Wertgesetz, Profit, Markt (und Mehrwert, den er nie erwähnt), die er in China als zweitrangig ansieht, dem staatlichen Sektor, den er als dominant und nicht-kapitalistisch ansieht, fremd sind. Dieser Ansatz ist eklektisch, undialektisch und ein Skandal der Liberalisierung des Marxismus.
In einer echten sozialistischen Wirtschaft sind kollektives Eigentum, Kontrolle und Planung konstitutive und grundlegende Elemente, die dem Markt entgegengesetzt sind und darauf abzielen, ihn schrittweise einzuschränken und zu beseitigen. In einer kapitalistischen Wirtschaft hingegen werden die staatlichen Formen des Eigentums, der Kontrolle und der Planungspolitik zu Erweiterungen, Ergänzungen und Hebeln des kapitalistischen Eigentums, des Profits und des Marktes. Der Ansatz von Roberts, der die grundlegendsten Unterscheidungen zwischen kapitalistischen Eigentums-, Kontroll- und Planungsformen und denen des Sozialismus als „Übergang“ verwischt und alles durcheinanderwirft, ist durch eine schwere liberale Deformation des Marxismus verkrüppelt.
Unternehmerischer und regulatorischer Staat
Eine neuere historische Referenz für das heutige chinesische Modell ist das Modell des „effizienten, regulierenden, unternehmerischen Staates“ des neoliberalen Kapitalismus, der seit den 90er Jahren den Unsinn des „Minimalstaats“ hinter sich gelassen hat. Der Vorreiter dieses Modells ist wieder der imperialistische US-Kapitalismus. Während der Präsidentschaft Reagans wurde die „jährliche Regulierungsplanung“ per Dekret eingeführt und unter nachfolgenden Präsidenten wie Clinton fortgesetzt. 1993 wurde mit dem „Government Performance Results Act“ die obligatorische Erstellung von Strategie- und Leistungsplänen in allen öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen in den USA institutionalisiert. Damit wurde die Verurteilung jeglicher Form von staatlicher Intervention, Kontrolle und Planung in der Wirtschaft aufgegeben und eine neue Form der kapitalistischen wirtschaftspolitischen Planung eingeführt.
Die Hauptmotive des „neuen Modells“ sind die folgenden: 1. Wirtschaftspolitische Planung, die „Berechenbarkeit und Risikomanagement“ in der kapitalistischen Wirtschaft zugrunde legt und entsprechende „Korrekturen und Anpassungen“ vornehmen kann. 2. Wirtschaftspolitische Planung im Rahmen der „Globalisierung“, die zumindest in bestimmten Schwerpunktbereichen regionale und globale Zusammenhänge einbezieht/beachtet. 3. Zusammenarbeit unter Einbeziehung des öffentlichen und privaten Sektors sowie von direkt oder indirekt mit dem Staat oder dem Kapital verbundenen „NGOs“ und Stiftungen, auch genannt „Governance.“[14]
Zu den Artikeln des „Neuen Institutionalistischen Neoliberalismus“ muss man die „Obersten Aufsichts- und Regulierungsräte“ und „Koordinierungsräte zur Verbesserung des Investitionsklimas“ hinzufügen, die sich in den kapitalistischen Ländern auf Anweisung globaler finanzoligarchischer Organe wie der Weltbank verbreitet haben. Die „Aufsichts- und Regulierungsräte“, die in Schlüsselsektoren wie dem Bankwesen, der Energie und der Telekommunikation ihren Anfang nahmen und sich ausbreiteten, begannen im türkischen Kapitalismus mit der Zusammensetzung der zuständigen Ministerialbürokratie und den Vertretern der größten in- und ausländischen Monopolunternehmen des Sektors und wurde, zusammen mit der Internalisierung der Funktionsweise des Privatkapitals durch den Staat, von Regierung und Staat fortgesetzt.[15]
Viele Formen solcher imperialistisch kapitalistischen Richtlinien und Praktiken, wie z.B. „unternehmerischer Staat, Risikomanagement, öffentlich-private oder Universitäts-Industrie-Kooperation, Aufsichts- und Regulierungsgremien, YOİKK“, usw. sind heute aus dem türkischen Kapitalismus hinlänglich bekannt.
Elemente wie „neues öffentliches Unternehmensmanagement“ auf der Grundlage von Effizienz, Leistung und Rentabilität, „öffentlich-private Partnerschaft“, „Governance“, „Prüfungs-, Regulierungs- und Koordinierungsgremien“ sind von Marxisten in der Welt und in der Türkei ausreichend analysiert und entschlüsselt worden. Es genügt hier festzustellen, dass diese Elemente nicht nur bedeuten, dass die „öffentliche Hand“ dem „privaten“ Kapital mehr Unterstützung bei der Kapitalakkumulation und eine größere Hebelwirkung bietet, sondern auch, dass sie, beginnend mit ihrer Verflechtung und Internalisierung mit dem privaten Kapital und dem Markt, die Kapitalisierung und Marktanpassung der „öffentlichen“ Formen des Eigentums, der Verwaltung, Kontrolle und Planung in einer viel direkteren und tieferen Weise bedeutet. Aus irgendeinem Grund wurde jedoch die „Wirtschaftsverwaltung/Planung“ oder kurz gesagt die „Planungspolitik“, die das zentrale Glied dieses neuen „kapitalistischen Wirtschaftsverwaltungsmodells“ darstellt, nie hervorgehoben.
Korkut Boratav irrt, wenn er die Industriepolitik, die in China unter Xi an die Stelle des zentralisierten Planungskonzepts getreten ist, und die makroökonomischen Wachstumsprognosen, nachdem sie keine verbindlichen Ziele mehr waren, als „eine neue Version des traditionellen Planungsverständnisses“ bezeichnet.[16] Die „Planungspolitik“ oder „industriell-technologische Strategie und Politik“ in ihrer heutigen chinesischen Form (die sich von der der USA stark unterscheidet, aber viele Ähnlichkeiten aufweist) ist keine neue Version des traditionellen zentralisierten Planungsverständnisses. Es handelt sich um eine neue Form, die durch die völlige Aufgabe des traditionellen zentralisierten Planungskonzepts ersetzt wurde und die – obwohl sie sehr unterschiedlich zu sein scheint – in vielen Aspekten mit derjenigen in den USA konvergiert/ähnlich ist. „Planung als System/Planungssystem“, in dem die Planung selbst als grundlegend angesehen wird, und „wirtschaftspolitische Planung/Planungspolitik“ sind sehr unterschiedliche Dinge. Im letzteren Fall wird die Planung nicht mehr als grundlegend und marktbegrenzend angesehen. Sie wird allmählich aus dem gesellschaftlichen Kontext herausgelöst. Sie wird weitgehend auf Techniken und Kriterien der Effizienz, Leistung und Rentabilität reduziert. Mit anderen Worten: Der Markt wird zur „Grundlage“ für alle Kriterien, Methoden, Politiken und Praktiken, einschließlich staatlichen Eigentums, Kontrolle, Koordination und Planung. Der Markt bestimmt die politische Führung und Kontrolle der Wirtschaft, und es werden zunehmend Marktkriterien angewandt. Bei der wirtschaftlichen Kontrolle durch den Parteistaat, wie in China, ist das primäre Kriterium der „Stabilität“ beziehungsweise des „Risikomanagements“, d.h. der Versuch, kapitalistische Produktions- und Marktungleichgewichte so weit wie möglich zu antizipieren und zu regulieren, ebenfalls Teil dieses Bereichs: Auch diese Form der Steuerung geht vom Markt aus und versucht, Marktungleichgewichte mit Marktkriterien und Marktmethoden und -instrumenten zu korrigieren und zu regulieren. So basiert beispielsweise der Versuch, das strukturelle Problem der Überkapazitäten zu prognostizieren und in gewissem Maße zu regulieren, vollständig auf Marktbedingungen und -instrumenten.
Sieht man von einigen formalen Überbleibseln des Sozialismus auf ideologischer Ebene ab, so beruht die „neue Politik der Wirtschaftsplanung“ in China, deren erste Anzeichen sich 2005 zeigten, die aber in der Ära Xi deutlich und in die Praxis umgesetzt wurde, im Wesentlichen auf der Synthese der Turbo-„Entwicklungsmodelle“ von Japan und Südkorea, die wir oben versucht haben, kurz zusammenzufassen, und des Modells des „effektiven, regulierenden, unternehmerischen Staates“, der „Aufsichts-, Regulierungs- und Koordinierungsgremien“ und der „Leistungspolitik der Wirtschaftsführung“, das in den USA seinen Anfang nahm und sich in der gesamten kapitalistischen Welt verbreitete.
Einige haben diese neue „Aufholphase“ des Weltkapitalismus nach den Krisen von 2001 und vor allem 2008, vor allem in China und dann in Russland und in geringerem Maße in Indien und Brasilien, als Modell eines „neuen Typs von Staatskapitalismus“ in den BRICS-Ländern beschrieben.[17] Jedes dieser Länder hat seine eigenen Besonderheiten – zum Beispiel die Abhängigkeit des russischen Staates und vor allem des Putin-Regimes von in ihrem Besitz und unter ihrer Kontrolle befindlichen riesigen Energieunternehmen und ihren Profiten. Da unser Thema China ist, überlassen wir die Diskussion über die „BRICS“ anderen Studien und beschränken uns vorerst auf die folgenden Ausführungen: Im Lichte unserer obigen Bewertungen scheint es möglich, China als „neoliberalen Staatskapitalismus“ oder, mehr oder weniger im gleichen Sinne, als eine Art „halbstaatlichen Kapitalismus“ zu bezeichnen.[18]
Bevor es „Neoliberaler Staatskapitalismus? Neoliberalismus und Staatskapitalismus sind doch unvereinbar!“ heißt, ist hervorzuheben, dass es unter den Bedingungen kapitalistischer Herrschaft nichts anderes als liberaler Fetischismus ist, die kapitalistische Produktion und den Markt sowie staatliches Eigentum, Kontrolle, Koordination und Planung als unvereinbar und einander äußerlich zu betrachten. Wir haben oben gesehen, wie der Neoliberalismus, ganz zu schweigen vom Liberalismus, auch den Staat einschließt bzw. mit ihm verschmilzt. Zählen wir zunächst einige Punkte des Kapitalismus chinesischen Typs als „halbstaatlicher Kapitalismus“ auf:
Privatisierungsverzicht, Schutz und massiver Ausbau ausgewählter SU. Zusätzlich zu ihrem enormen Umsatz, Bindung aller SU an Effizienz-, Leistungs- und Rentabilitätskriterien. Öffnung eines bestimmten Prozentsatzes der Aktien für die internationalen Kapitalmärkte; Handel an den Börsen von New York, London usw.; SU werden von professionellen/technokratischen Managern/CEOs und Verwaltungsräten – manchmal einschließlich privater Anteilseigner – geleitet, die von der traditionellen Staatsbürokratie getrennt sind. SU werden wie Privatunternehmen/Monopole geführt, ohne privatisiert zu werden, und öffnen sich für die weltweiten Kapitalmärkte, wobei immer mehr von ihnen zu den 500 größten Unternehmen der Welt gehören, im Ausland investieren, andere Unternehmen aufkaufen und bestimmte Anteile dieser Unternehmen von Privatunternehmen erworben werden. Riesige Staatsfonds, die riesige SU umfassen, die direkt dem Präsidenten unterstellt sind, ohne dass sie gegenüber irgendjemandem rechenschaftspflichtig sind, einschließlich des Staatsrats (Regierung) und des Volkskongresses (Parlament) sowie staatlicher Rechnungsprüfungsorgane, und bei denen alle Kapitalgeschäfte und -bewegungen geheim gehalten werden können. Monopolisierung der Weltmärkte und Umwandlung der SU in große, hochprofitable, aggressive „Weltmarktakteure“ in Schlüsselsektoren wie Banken, Energie, Telekommunikation, Logistik und bestimmte „ausgewählte“ Privatunternehmen, die mit dem Staat in neuen Technologiebereichen wie erneuerbare Energien, Elektroautos und Industrieroboter verflochten sind. Umfangreiche Infrastrukturinvestitionen des Staates in strategischen Bereichen wie Energie, Telekommunikation und Logistik sowie die verstärkte Positionierung „ausgewählter“ privater Unternehmen in strategischen Bereichen wie neuen Technologien und umfangreiche staatliche Finanzierung, Investitionen und Organisation durch diese Unternehmen. Selektiver „Importsubstitutions“-ähnlicher Protektionismus, d.h. die Auferlegung von Kapitalverkehrskontrollen für Importe und Exporte in Sektoren und Unternehmen, die als vorrangig und strategisch eingestuft werden.[19] Zusammenführung von Kombinationen aus öffentlichen als auch vielfältigen privaten Unternehmen und Institutionen, wie SU, Privatunternehmen, Universitäten, Kommunalverwaltungen usw., um in bestimmten F&E-, Design-, Innovations-, Neuproduktprozessen, sowie finanziellen, industriellen, technologischen, organisatorischen, kommerziellen Themen verschiedene Prozesse einheitlich, kostengünstiger und schneller durchzuführen. Konzentration und Zentralisierung von wirtschaftlicher und politischer Macht, Autorität und Kontrolle weitgehend in einem langfristigen und relativ stabilen Kern von Kabinettsmacht. Anwendung von Neokorporatismus, mit der offiziellen Staatsgewerkschaft als einziger Gewerkschaft sowie Arbeitsbüros und unzähligen parteigebundenen Organisationen, vor allem der Jugendorganisation und der ihr angeschlossenen Stiftung für die Entwicklung der chinesischen Jugend. Niedrige Löhne, eingeschränkte gewerkschaftliche und soziale Rechte, lange und intensive Arbeitszeiten, despotische Regime der Arbeitskontrolle und -disziplin…
Es ist möglich, einen bedeutenden Teil dieser auf den ersten Blick beschreibenden Punkten in den USA und vielen anderen kapitalistischen Ländern, einschließlich der Türkei, zu erkennen, aber das macht sie nicht alle zu „Staatskapitalisten“. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich kapitalistische Staatsformen in einer bestimmten historischen Periode über ihre grundlegenden gemeinsamen Klassenmerkmale hinaus in einer Reihe anderer Aspekte ähneln. Insbesondere Chinas rasanter Wandel und Aufstieg in den letzten zehn Jahren und seine scheinbare politisch-ökonomische Stabilität lassen ihn dem westlichen Kapitalismus immer mehr zum Vorbild werden. Andererseits ähnelt das Modell des „halbstaatlichen Kapitalismus“ eher den westlichen Kapitalismusmodellen, da es den „neoliberalen“ Kapitalismus, die Korporatisierung, das Privatkapital und die Kriterien, Funktionsweisen und Beziehungen des Marktes verinnerlicht hat. Die Modelle der wirtschaftspolitischen Machtkonzentration, die von Staaten wie China, Russland und Indien umgesetzt werden, um mit dem westlichen Kapitalismus gleichzuziehen, ermöglichen es diesen Staaten, das Kapital und die Marktbeziehungen immer stärker zu verinnerlichen und zu institutionalisierten Formen des Kapitals und des Marktes zu werden. Dass andererseits die westlichen kapitalistischen Modelle beginnen, einige ihrer „etatistischen“ Züge anzunehmen, gleicht der Geschichte dessen, dass „wer im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen sollte“.
Wenn wir China als „halbstaatlichen Kapitalismus“ bezeichnen, betonen wir damit, dass die Unterschiede zum westlichen Kapitalismus nicht so groß sind, wie man meinen könnte, und dass sie ineinander übergehender sind. Die USA und China ähneln sich in vielerlei Hinsicht immer mehr; während der Süden der USA auch zu einem profitablen Investitionsgebiet für die Monopole Westeuropas, Japans, Südkoreas und Chinas wurde, die USA in bestimmten Bereichen diesmal gegen China Protektionismus betrieben, sich an einige relativ „etatistische“ Linien klammern und „industriell-technologische Strategien und Politiken“ umsetzten – bzw. ohnehin ein bedeutender Teil der kritischen technologischen Entwicklungen in den USA seit den 1940er Jahren ihren Ursprung im Staat/Pentagon hatte – ist die Tatsache, dass in China ein neuer Typ von „halbstaatlichem Kapitalismus“ herrscht, während der US-Kapitalismus kein Staatskapitalismus ist, nicht nur ein Stufenunterschied. Die Tatsache, dass China, wie Roberts sagt, einen parteistaatlichen Sektor hat, dieser aber, entgegen seinen Aussagen, ein kapitalistischer parteistaatlicher Sektor ist und dass der parteistaatliche „höhere“ Teil der Kapitalistenklasse den chinesischen Kapitalismus in erheblichem (aber nicht absolutem) Maße dominiert, macht China zu einem „halbstaatlichen Kapitalismus“. Andererseits macht die Tatsache, dass der Staat in diesem „halbstaatlichen Kapitalismus“ nicht einer ist, der einen Kapitalismus außerhalb seiner selbst kontrolliert und begrenzt, sondern ein direkter kapitalistischer Unternehmerstaat mit institutionalisierten Formen des Kapitals und des Marktes ist, ihn den USA ähnlich.
Für die Definition des Kapitalismus chinesischen Typs reicht es aus, die von Michael Roberts aus der Sicht der Neuen Institutionenökonomik (einer Synthese aus Neokautskyismus und Liberalismus) unter dem Deckmantel des Marxismus vorgenommene Bewertung Chinas umzukehren: In China kontrolliert die Kapitalistenklasse den Staatsapparat, der sich bereits in eine Ansammlung riesiger kapitalistischer Konzerne verwandelt hat, die vom „hohen“ technokratischen Teil der bürgerlichen Klasse des Parteistaates, dem dominierenden Bestandteil der Kapitalistenklasse, im Namen der allgemeinen Interessen der Kapitalistenklasse kontrolliert werden; in China beherrschen Wertgesetz/Profit, Effizienz/Profitabilität und die Märkte sowohl die Investitionen als auch den hegemonialen großen Staatssektor;; und dieser Staatskapitalismus und der private kapitalistische Sektor, die miteinander verflochten sind, sind verpflichtet, die vorrangigen, intensivierten und beschleunigten industrietechnologischen politischen Ziele des chinesischen Kapitalismus zugunsten eines höheren relativen Mehrwerts und einer höheren Rentabilität im In- und Ausland zu erfüllen.
Der „höhere“ und „dominante“ technokratische Teil der Kapitalistenklasse
Die oberen Ränge des Parteistaats und die Xi-Kernmacht in China definiere ich als das entscheidende Segment der technokratischen Bourgeoisie der Kapitalistenklasse. Um sie als Bourgeoisie zu definieren, genügt es zu wissen, dass fast alle von ihnen, einschließlich Xi Jinping, über ihre Familien, Verwandten und Freunde über ein (dokumentiertes) Vermögen verfügen, das von ein paar hundert Millionen Dollar im kleinsten Fall bis zu mehreren Milliarden Dollar reicht. Aber die Macht des „hohen technokratischen“ Teils der chinesischen Bourgeoisie beruht nicht nur auf im Vergleich zu denen eines Jeff Bezos oder eines Bill Gates bescheidenen Familienvermögen von ein paar hundert Millionen oder ein paar Milliarden Dollar. Es ist im Wesentlichen: 1. die Tatsache, dass ein sehr großer Teil der chinesischen großen privaten Bourgeoisie aus den oberen Rängen der KP hervorgeht und dass die chinesischen Privatkapitalisten Mitglieder der KP werden und in den obersten Führungsorganen der KP und des Staates mitwirken können, und 2. die Tatsache, dass das Eigentum und die Kontrolle des chinesischen kapitalistischen Staates und des staatlichen Sektors de facto und institutionell in ihren gemeinsamen privaten Händen konzentriert sind und von ihnen als einer kleinen Minderheit innerhalb der Gesellschaft und sogar innerhalb des Parteistaates ausgeübt werden. Was Roberts als „Gemeineigentum“ bezeichnet, trifft nur in dem Sinne zu, dass die chinesische Bourgeoisie und innerhalb dieser die oberen Ränge des chinesischen Parteistaats pyramidal, de facto und institutionell öffentliches („im Namen der Öffentlichkeit“) anonym-privates Eigentum besitzen.
Ich verwende den Begriff „technokratisch“ anstelle von „bürokratisch“ in der so genannten „neoliberalen“ Ära des Kapitalismus, in der die traditionellen Staatsbürokratien weitgehend aufgelöst oder dysfunktional gemacht und durch professionelle Manager ersetzt wurden, die den Staat, das Staatseigentum und die Institutionen wie Unternehmen verwalten, und natürlich durch den beispiellosen Technologiefetischismus („Technologie löst alles“-Mentalität) der chinesischen Machthaber. Wichtiger als die Frage, wie viel individuellen oder kollektiven Reichtum die hohen Ränge des Parteistaats besitzen oder ob es sich um Bürokraten oder Technokraten handelt, ist jedoch die Tatsache, dass sie als dominierende Fraktion des chinesischen Kapitals/der kapitalistischen Klasse auch die allgemeinen Interessen des chinesischen Kapitals bestimmen.
Dies ist die grundlegendste Funktion des Xi-Regimes. Sie besteht darin, die allgemeinen Interessen und Ziele des chinesischen Kapitalismus/Kapitals im In- und Ausland zu bestimmen, zu organisieren und zu verwirklichen. Die Tatsache, dass das Xi-Regime Spannungen mit diesem oder jenem Individuum, dieser oder jener Gruppe oder diesem oder jenem Teil der chinesischen Bourgeoisie erfährt, einige von ihnen abschüttelt oder bestraft, zeigt daher nicht, dass das Regime „gegen den Profit“, „gegen die Bourgeoisie“ oder „gegen den Kapitalismus“ ist. Es zeigt die ungleiche Entwicklung und die Widersprüche zwischen Teilen der Bourgeoisie. Die starke Konzentration und Zentralisierung der Macht in den Händen der Xi-Kernmacht ist darauf zurückzuführen, dass die chinesische Bourgeoisie nicht in der Lage ist, durch „gewöhnliche Formen der Kapitalakkumulation“ auf diese enormen Reichtümer zuzugreifen, zu einer neuen und höheren Ebene der Kapitalakkumulation überzugehen, mit dem imperialistischen US-Kapitalismus zu konkurrieren.[20] Es sind gerade die Manager-Bosse dieses „halbstaatlichen Kapitalismus“, die dies im Namen der allgemeinen Interessen des Kapitals und als der mächtigste und am besten organisierte institutionalisierte Teil des Kapitals zu tun versuchen.
Der kapitalistische Staat ist bereits der Mechanismus, der die privaten Interessen verschiedener Gruppen und Teile des Kapitals in die allgemeinen Interessen des Kapitals umwandelt und versucht, durch Darstellung dessen als das allgemeine Interesse der gesamten Gesellschaft, das Volk mitzuziehen. Der chinesische Typ des „halbstaatlichen Kapitalismus“ ist eine typische und spezifische Form des Funktionierens des Klassenstaates auf der Grundlage dieser Dialektik „privat/allgemein“, zunächst zwischen gegensätzlichen Klassen und dann zwischen bürgerlichen Klassensektionen.
China scheint heute, zumindest in einigen Sektoren, fast in der Lage zu sein, mit seinen kapitalistischen SU und Privatunternehmen mit den USA zu konkurrieren. Lässt man jedoch den für dieses Modell des „Staatskapitalismus“ charakteristischen Aspekt der Konzentration aller Macht und Ressourcen unter der Kontrolle und Leitung des Parteistaats in „ausgewählten“ Sektoren und Unternehmen, die als „vorrangig“ gelten, beiseite, so zeigt ein allgemeiner Vergleich, dass die Arbeitsproduktivität in China immer noch etwa 43 Prozent und die Löhne in China etwa ein Zehntel derjenigen in den USA beträgt. Michael Roberts gibt ein weiteres Eklektizismus-Beispiel, wenn er gleichzeitig Chinas Anstieg im Index der menschlichen Entwicklung (HDI) lobt als auch über die rapide Verschlechterung seines Gini-Koeffizienten jammert. Seine weltweite Verbreitung fand der Index der menschlichen Entwicklung mit dem mit „Der Staat in einer sich ändernden Welt“ betitelten „Entwicklungs“-Bericht der Weltbank und wird seither „gemessen“. Im HDI, der auf den absolut fundierten Analysen neo-institutionalistischer Ökonomen wie Amartya Sen und Peter Evans beruht, ist die „menschliche Entwicklung“, die anhand von Marktmotiven wie Kaufkraft/Konsumfähigkeit und Bildungsniveau gemessen und bewertet wird, kein gesellschaftliches Bedürfnis und Ziel, sondern nur ein Mittel zur Steigerung der Arbeitsproduktivität, d.h. der Verwertung des relativen Mehrwerts. „Intellektuelles Kapital, soziales Kapital, der Bildungs-Entwicklungs-Zusammenhang, die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Universitäten“ gehören zum neuen Instrumentarium des Neoliberalismus. Roberts versucht auch, Chinas Aufstieg in der „HDI-Liga“ des Weltkapitalismus als Argument dafür zu benutzen, dass es „nicht kapitalistisch“ sei, wobei er die Tatsache übersieht oder ignoriert, dass dies von den globalen finanzoligarchischen Organen nicht als qualitativer Zweck, sondern als ein an die neuen Erfordernisse der kapitalistischen Arbeitsausbeutung angepasstes Kapitalwerkzeug gesteuert wird. Der HDI misst nicht die qualitative soziale Entwicklung, sondern das „Humankapital“ nach Marktkriterien, während der Gini-Koeffizient den Grad der Ungleichheit misst. Wir sehen, dass es keinen Widerspruch zwischen diesen beiden Indizes gibt, auch wenn der letztere hier die Hauptgrundlage ist. Ebenso sehen wir, dass die Ungleichheit in China sogar in den offiziellen Zahlen rapide zunimmt und in der Realität noch viel schlimmer ist: Sie zeigt die Zunahme der absoluten und relativen Mehrwertausbeutung und die Zunahme und Beschleunigung der Übertragungsmechanismen von Gewinnen und Einkommen von den arbeitenden Massen (und aus vom Parteistaat kontrollierten Quellen) zur Bourgeoisie.
Je mehr sich die Machtkonzentration auf bestimmte Klassen, Schichten, Sektoren und Unternehmen und die durch ausgewählte Machtkapazitäten betriebene Abschöpfung von allen für sie mobilisierten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Mittel, Ressourcen und Kapazitäten vergrößert und beschleunigt, desto schärfer und schneller wird das absolute allgemeine Gesetz der Kapitalakkumulation ihre Wirkung zwischen den Klassen entfalten. Dies ist ein charakteristisches Merkmal des „Staatskapitalismus chinesischen Typs“. Dass das ohnehin ziemlich verkümmerte Sozialversicherungssystem in China wachsender Unzufriedenheit und Reaktionen zum Trotz weder verbessert noch auf inländische Wanderarbeiterfamilien ausgedehnt wurde, oder dass die meisten inländischen Wanderarbeiterfamilien keinen Zugang zu höherer Bildung haben, um die Art von „Facharbeitern“ zu werden, die das Regime sucht – und diese Liste könnte noch ausgedehnt werden – zeigen, wie in der Wirtschaft chinesischen Typs die Bewegungsgesetze des Kapitalismus, entgegen Roberts‘ Behauptung von ihrer Einschränkung, präzise und schnell funktionieren, insbesondere das absolute allgemeine Gesetz der Kapitalakkumulation und das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate (und die Mobilisierung gegenläufiger Faktoren). Es zeigt sich, wie die Mechanismen, mit denen sich China an die Spitze des Weltkapitalismus ringt, gleichzeitig das Ringen an die Spitze des weltweiten Funktionierens des absoluten allgemeinen Gesetzes der Kapitalakkumulation (des Antagonismus der Reichtums-/Armutsakkumulation) bedeutet.
Betonen wir noch einmal: Das Modell des „effizienten, regulierenden, unternehmerischen Staates“ des Kapitalismus ist keineswegs marktfeindlich und restriktiv, sondern auf eine effizientere, uneingeschränktere und relativ stabilere Funktionsweise der kapitalistischen Wert-, Mehrwert-, relativen Mehrwert- und der Rentabilitätsgesetze ausgerichtet.
Das chinesische Modell des halbstaatlichen Kapitalismus beruht gerade auf einer tieferen Verflechtung mit den Bewegungsgesetzen des Kapitalismus, die dazu führt, dass diese verschärft funktionieren.
Aufsicht
Die drei Hauptprioritäten des Xi-Regimes sind: 1. Wirtschaftliche, soziale und politische Stabilität. 2. Innere und äußere Sicherheit. 3. Durch die Hebung der Kapitalakkumulation im Inland und weltweit auf ein neues Niveau durch technologische Entwicklung ebenfalls ein globaler kapitalistischer Hegemon werden.
China ist weder eine „staatlich gelenkte Wirtschaft“ noch eine „Kommandowirtschaft“.[21] China ist auch keine „Kontrollwirtschaft“, obwohl es einige Anzeichen dafür gibt, wie etwa kapitalistische staatliche Kontrolle, Regulierung und Koordination. China ist keine „China Inc.“ (China AG, d. h. ein einziges Gesamtunternehmen mit seinem Staat und Land), wie die Ideologen des westlichen imperialistischen Kapitalismus es darzustellen versuchen.[22] Von einer zentralen Planwirtschaft braucht überhaupt nicht gesprochen zu werden.
Obwohl das Xi-Regime versucht hat, so viel Kontrolle wie möglich in der Partei und ihrem oberen Kern zu konzentrieren, macht die Existenz einer großen Anzahl von Organisationen und „Subjekten“, die auch miteinander konkurrieren, die Kontrollprozesse oft unüberschaubar. Die Aufsichtskommissionen der Partei, die Aufsichtsorgane des Staates, die Aufsichtsorgane der Ministerien (des Staatsrates), die SU, die Privatunternehmen, die Arbeitgeberverbände, die Lokalverwaltungen, usw… So können zum Beispiel die Lokalverwaltungen, die miteinander konkurrieren, die Prioritäten der Parteimacht umdeuten, um ihren eigenen Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen, und sich aus Sorge um Steuereinnahmen, Beschäftigungssicherung und die Anziehung von mehr Investitionen den Regierungsanweisungen, unrentable staatliche Unternehmen zu schließen, widersetzen. Oder sie können, wieder in Konkurrenz zueinander, im Gegenteil Überkapazitäten herbeiführen, um zu zeigen, dass sie die Regierungsprioritäten umsetzen. Xi hat die SASAC einst an den Rand gedrängt und die Kontrolle an Parteikomitees und Sekretäre übergeben. Dies führte jedoch nicht zu den gewünschten Ergebnissen, und er übertrug der SASAC später einige Befugnisse und die Aufgabe der Formulierung von Überwachungs- und Planungsstrategien und wandelte die „Führungsgruppen“ der Partei in verschiedenen Sektoren und Bereichen wieder in „staatliche Aufsichtsbehörden“ um. Solche parteistaatlichen Mechanismen in China sind das chinesische Äquivalent zu den „Aufsichts-, Regulierungs- und Koordinierungsgremien“ des westlichen Kapitalismus.
Die Hauptgründe für die Verwirrung und das Hin und Her bei der Aufsicht lassen sich wie folgt zusammenfassen: Erstens ist an den wieder spürbar werdenden Macht- und Verteilungskämpfen zu erkennen, dass die Dominanz des Xi-Kerns in China, trotz der stärkeren Konzentration und Zentralisierung von Macht und Autorität in ihren Händen, nicht absolut ist. Xis Unfähigkeit, die zweite Pandemiewelle und die Immobilienkrise in den Griff zu bekommen, sowie die (für chinesische Verhältnisse) stagnierende Entwicklung der chinesischen Wirtschaft führen dazu, dass andere Teile der Bourgeoisie und der an den Rand gedrängten Staatsbürokratie und des Militärs zunehmend murrend reagieren. Xis Unfähigkeit, diese Sektoren zu steuern, zeigt sich (wie im Fall von SASAC) in den Zugeständnissen, die er gemacht hat.
Zweitens hat die Stagnation der Reallohnzuwächse und des durchschnittlichen Wohlstandszuwachses (für die unteren Schichten gar rückläufig) seit der Pandemie, Zunahme der Jugendarbeitslosigkeit sowie ein neuer Sprung in der Ungleichheit zur erneuten Zunahme der Unzufriedenheit unter den Massen geführt. Die Tatsache, dass die Wirtschaftssteuerung und die Industriepolitik keine sozialen Bedürfnisse abdecken, wird immer mehr infrage gestellt.[23]
Drittens wird unter den Bedingungen der kapitalistischen Produktion und der Marktdominanz deutlich, dass die Bemühungen zur Kontrolle und Regulierung von Marktungleichgewichten, zumal wieder mit marktwirtschaftlichen Kriterien und Instrumenten, die strukturellen Widersprüche und Ungleichgewichte des Kapitalismus nicht beseitigen können und sich allenfalls auf die „Korrektur“ und den Aufschub der Symptome dieser inneren Widersprüche beschränken werden. Dies bedeutet nicht, dass im Kapitalismus eine von kapitalistischen Motiven geleitete Kontrolle, Regulierung und Koordinierung nicht möglich oder nicht notwendig ist. Im Gegenteil, je mehr sich das Kapital konzentriert und zentralisiert, je mehr es sich monopolisiert, desto mehr werden Kontrolle, Regulierung, Koordinierung und eine Art von Planung notwendig. Das zeigt nur, dass keine wie auch immer geartete Methode und Politik der Kontrolle, Regulierung oder Planung die strukturellen Probleme und Widersprüche des Kapitalismus lösen kann, und dass sie, selbst wenn sie für eine gewisse Zeit im „Risikomanagement“, im „Krisenmanagement“ erfolgreich sind, nicht in der Lage sein werden, den Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktivkräfte und den kapitalistischen Produktionsverhältnissen und den Klassenwiderspruch zu verhindern, im Gegenteil, sie werden ihn letztlich nur noch verschärfen.
Wichtiger sind der Inhalt, die Form und die Kriterien dieser Kontrolle.
In China wird die Kontrolle im Rahmen der drei oben erwähnten Prioritätsringe ausgeübt: Stabilität, Sicherheit und Steigerung der Kapitalakkumulation auf ein neues und höheres technologisches Niveau.
Ein Beispiel für das Kriterium der Sicherheit: Im Jahr 2022 forderte das Regime alle öffentlich-privaten digitalen Plattformen und Social-Media-Anwendungen auf, ihre Sicherheitsmaßnahmen zu verbessern. Die Sicherheitsmaßnahme richtete sich nicht nur gegen die technologische Unterwanderung durch die USA, sondern auch gegen chinesische Arbeiter und jüngere Generationen, die Kommunikations-Apps nutzen, die eine technologische Erkennung und Verfolgung erschweren. Als Chinas digitale Plattformgiganten wie Alibaba, Tencent und Baidu solche Maßnahmen aus Rücksicht auf ihre Kosten und ihre Reputation unterließen, verhängte das Regime gegen sie Sicherheitsstrafen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar. Seit Beginn der Xi-Regierung ist China das erste und einzige Land, dessen Ausgaben für die innere Sicherheit, die so genannte „öffentliche Sicherheit“, seine Ausgaben für die äußere Sicherheit übersteigen. Ein erheblicher Teil der Ausgaben für die „öffentliche Sicherheit“ fließt in technologische Arbeits- und Personenkontrollsysteme und -praktiken.
Ein Beispiel für das Kriterium der wirtschaftlichen Stabilität: Zu einem bestimmten Zeitpunkt gab der Aufsichtsapparat eine Überkapazitätswarnung an Unternehmen aus, die Photovoltaik-Solarpaneele in China herstellen. Aber billige übermäßige Kredite von staatlichen Banken zu Preisen weit unter dem Weltmarkt hatten bereits zu einer überkapazitativen Produktion bei den chinesischen Solarpaneelherstellern geführt. Mit anderen Worten: Wieder war es der chinesische kapitalistische Staat, der die Überkapazitäten förderte, um seinen Anteil und seine Kontrolle über den Weltmarkt für Solarpaneele zu erhöhen. Ab einem bestimmten Punkt zwang derselbe Staat die Solarpaneelhersteller, ihre Produktion zu drosseln, indem er günstige Finanzierungen und Subventionen kürzte. Auf diese Weise wurden private Solarpaneelhersteller vor dem Bankrott gerettet. Doch über Massenentlassungen gab es keinerlei Kontrolle! Eines der wichtigsten wirtschaftlichen Kontrollkriterien in China ist der Versuch, durch die Kontrolle von Investitionen und Krediten strukturelle Überkapazitäten und übermäßige Schulden, auch wenn es nicht möglich ist, sie zu beseitigen, so weit wie möglich abzubauen und zu verlangsamen. Funktioniert das? Manchmal funktioniert es, wie beim Beispiel der Solarpaneele, und manchmal nicht, wie bei der Evergande-Krise. Diese beiden Beispiele verdeutlichen die Doppelmoral des Regimes selbst bei seinen eigenen Überwachungskriterien. So wird bei Überkapazitäten auf den Weltmärkten manchmal gegengesteuert, und manchmal wird im Gegenteil die Überkapazität durch massive Billigfinanzierung, Preisabsprachen und den Aufkauf bankrotter ausländischer Unternehmen bewusst gefördert, um Märkte zu erobern. Noch auffälliger ist, dass sie Unternehmen, die mit einer Krise der Überakkumulation, Überkapazität und Überproduktion konfrontiert sind, zu Schließungen, Entlassungen und Verlagerungen in Billiglohngebiete ermutigt. Es gibt keine Kontrolle gegen Massenentlassungen und die Unterschlagung von Ansprüchen, die die Arbeiter haben. Das Regime hat keine solchen „Kontrollkriterien“. Daher ist es schon zu viel des Guten, überhaupt die Frage zu stellen, für welche Klasse und gegen welche Klasse die Kontrollkriterien gerichtet sind.
Kriterium der Korruptionsbekämpfung: In China sind Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen sowie Mechanismen und Kontrollen zur Korruptionsbekämpfung sowohl Bestandteil der „Stabilisierung“ als auch des „Übergangs zu einem höheren Niveau der Kapitalakkumulation“. In der vorangegangenen Periode hat das beispiellose Ausmaß der Korruption innerhalb von Partei und Staat sowohl die Regierung untergrabende interne Cliquenkämpfe um Macht, Aufteilung und Bandenbildung angeheizt, als auch verschiedenen internen und externen kapitalistischen Kräften die Umgehung der von der Zentralregierung (d.h. dem herrschenden Teil des Bürgertums) vorgelegten „allgemeinen Interessen des Kapitals“ erleichtert. Darüber hinaus behindert es sowohl die enormen Ressourcen, die für die Ankurbelung der Kapitalakkumulation benötigt werden als auch das Tempo größerer Investitionen. Das Xi-Regime nutzt den „Korruptionsbekämpfungs“-Apparat zweifellos auch als politisches Druckmittel und Trumpf. Natürlich ist es wie bei allen Korruptionsbekämpfungspraktiken in kapitalistischen Staaten wichtig, sich daran zu erinnern, dass dies auch bedeutet, die gesamte Korruption in einem Zentrum zu konzentrieren und alle anderen Formen der Korruption von seiner Genehmigung und Beauftragung abhängig zu machen.
Die Artikel und Beispiele können beliebig erweitert werden. Dies reicht jedoch aus, um zu zeigen, dass keine der Kontrollmechanismen, -methoden und -kriterien in China „marktfeindlich“ sind, im Gegenteil, sie sind marktbasiert, mit Marktkriterien und -instrumenten, im Rahmen der Steigerung von Mehrwert und Rentabilität als institutionalisierte Form von Kapital und Markt sowie des Marktrisiko- und Krisenmanagements.
Die Kontrolle innerhalb und über die kapitalistische Wirtschaft in China, ob sie nun von der Partei oder der Staatsbürokratie ausgeübt wird, ist im Wesentlichen eine halbstaatskapitalistische Version des vom westlichen Kapitalismus erfundenen „Risikomanagements“.
Planung
Ein erheblicher Teil der chinesischen SU, insbesondere die unter der Kontrolle von Lokalverwaltungen, wurde bereits von der Planung ausgeschlossen. Die Xi-Regierung fördert die Schließung Tausender weiterer SU, die sich im Besitz der Lokalverwaltungen befinden, mit Ausnahme der größten und strategisch wichtigsten SU. Die Konzentration der Einnahmen in den Händen der Zentralregierung, während die Ausgaben von halbautonomen Lokalverwaltungen getragen werden; der Wettbewerb zwischen den Lokalverwaltungen um qualifizierte Arbeitskräfte und Kapital/Investitionen; die Möglichkeit für staatliche Unternehmen, Institutionen und Verwaltungen (und privaten Unternehmen), sich gegenseitig zu verschulden und Ausgaben mit Schulden zu tätigen; dass auch über das Eigentum der SU alle Arten von spekulativen und fiktiven Kapitaltransaktionen abgewickelt werden können, sie also zu „finanziellem Eigentum“ werden und an die Börse gehen; dass SU und Privatunternehmen gegenseitig Aktien kaufen und verkaufen können; dass die Zuteilung und Zuweisung von Ressourcen auf Effizienz, Leistung, Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität beruht und dass makroökonomische Wachstumsprognosen keine verbindlichen Ziele mehr sind, sind nur einige der Faktoren, die die Planung in China vollends aushöhlen.
Ein sehr kritischer Punkt ist hier: In der sozialistischen Planung sind die Zuteilung von Ressourcen an die Wirtschaft und die Erfüllung/Realisierung sozialer Bedürfnisse niemals voneinander getrennt, sie sind ein und dasselbe. Selbst in den alten Formen der kapitalistischen Planung konnten zumindest in Zeiten rascher Steigerung der Arbeitsproduktivität, auch wenn die sozialen Bedürfnisse nie als vorrangig angesehen wurden, die dringlichsten Bedürfnisse zumindest teilweise unter Marktbedingungen befriedigt werden. In der heutigen industriepolitischen Planung hingegen sind die Zuweisung und Verteilung von Ressourcen an die Wirtschaft und die sozialen Bedürfnisse voneinander getrennt wie Spreu und Weizen, und allmählich werden sogar die dringendsten sozialen Bedürfnisse ignoriert.[24]
Diejenigen, die diese „Industriepolitik“ in China konzipieren und durchführen, „gehen“ lediglich „davon aus“, dass alle Arten von angestauten und sich verschärfenden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Problemen gelöst werden, indem sie ständig über Dinge wie „von selbstprogrammierenden Robotern gesteuerte Produktionssysteme, ferngesteuerte intelligente Häfen, fahrerlose Transportsysteme“ sprechen. Xis jüngste Versuche, soziale Probleme und Bedürfnisse, die in der Industriepolitik nicht vorkommen, mit Gnadens- und Gewissenskampagnen, wie etwa der „Aufruf zum gemeinsamen Wohlstand“ zur Spende der Reichen an die Armen, zu überdecken, sind ein genauer Hinweis auf die Verdrängung sozialer Bedürfnisse aus der Industriepolitik.
Besteht eine Möglichkeit, dass die Immobilienblase in China und ihr Platzen, dieses Ausmaß an Spekulationen, Betrug, Skandalen, dieses Ausmaß an wirtschaftlichen Ungleichgewichten, ohne das Wissen und die Beteiligung von „Parteifunktionären“, ohne deren großen Anteil, durchgeführt werden konnten? In China behauptet der Parteistaat, dass alles, was er tut, „wissenschaftlich“ ist: In Wirklichkeit ist die Wissenschaftlichkeit das offizielle Mäntelchen des Pragmatismus. Es gibt alle Arten von Planung, Kontrolle und Kriterien, soweit es der Kapitalistenklasse passt.
Im Gegensatz zu dem, was Michael Roberts behauptet, kann man nicht sagen, dass eine Form der Planung nicht-kapitalistisch ist, wenn sie nur auf der Grundlage von Preiskontrollen für bestimmte Produktionsinputs und -outputs, für bestimmte Konsumgüter und auf der Grundlage von Protektionismus/Kapitalkontrollen für bestimmte Produktionsbereiche/Produkte erfolgt. Preiskontrollen können auch eingesetzt werden, um die Löhne niedrig zu halten und den Mehrwert/Profit auf bestimmte Sektoren und Unternehmen zu übertragen. Importsubstitution, Klientelismus, Import-Export-Beschränkungen in bestimmten ausgewählten Sektoren und Produkten können, wie wir aus vergangenen Beispielen wissen (und immer mehr kapitalistische Staaten wenden solche Methoden heute an), eingesetzt werden, um die Kapitalkonzentration und Zentralisierung/Monopolisierung im Inland zu verstärken, die Erträge und den Mehrwert/Profit zu erhöhen und, in gewisser Weise, den relativen Anteil des Mehrwerts/Profits international zu steigern. Darüber hinaus könnten auch ausländische Monopole auf dem chinesischen Markt stärker von diesen protektionistischen Praktiken profitieren. Wenn wir, wie Roberts, diese Praktiken als nicht-kapitalistisch/gegen den Profit ansehen würden, müssten wir die Preiskontrolle/Subventionierung von Staatsbetrieben und Grundnahrungsmitteln in der Türkei oder die Duldung des Baus von Baracken auf öffentlichem Land oder die heutige TOKİ als nicht-kapitalistisch ansehen.
In einem beispiellos industriellen kapitalistischen Land wie China[25] ist das kapitalistische Wertgesetz dominant und allmächtig. Roberts‘ Spekulationen, dass in China das Wertgesetz aufgrund des „dominanten staatlichen Sektors, der Preiskontrolle in bestimmten Bereichen und der Kapitalkontrolle“ weitgehend eingeschränkt, in diesen Bereichen nicht angewandt oder abgelenkt wird, zeugt, wenn nicht von grober Ignoranz der marxistischen Werttheorie, dann von einem Entstellungseifer. In jeder kapitalistischen Wirtschaft gibt es eine Reihe von Situationen und Bereichen, in denen das Wertgesetz eingeschränkt, verschoben, abgelenkt wird oder auf spezifischere Weise wirkt. Aber das bedeutet nicht im Entferntesten, dass in einer kapitalistischen Wirtschaft das Wertgesetz nicht grundlegend und vorherrschend ist, dass es ungültig ist, dass jenes Land nicht kapitalistisch ist. Im Gegenteil, solche Anomalien und Besonderheiten in der Funktionsweise des Wertgesetzes werden vom Kapitalismus für mehr Wert/Mehrwert/Profitabilität genutzt. In der kapitalistischen IT-Industrie werden beispielsweise Open-Source-Softwareplattformen und freie Softwarebibliotheken von den IT-Kapitalisten toleriert und sogar gefördert. Der Grund dafür ist, dass sie die Kapital- und Arbeitskraftkosten der IT-Unternehmen senken und die Arbeitsproduktivität der IT-Arbeiter und damit ihre relative Mehrwertausbeutung erhöhen. Daher werden Roberts‘ Spekulationen über das Wertgesetz ohne die geringste historisch-konkrete Analyse der kapitalistischen Produktionsweise, des Mehrwerts und der Klassenbeziehungen in China zu einer Verfälschung der Marxschen Werttheorie und zu einem Angriff auf die Arbeiterklasse, nur um zum Schluss behaupten zu können, China sei „nicht kapitalistisch“.[26]
Planung lässt sich nicht auf einen technischen Prozess, auf eine Beziehung zwischen Dingen oder zwischen Menschen und Dingen reduzieren. So viel Produktionssteigerung, so viel Investitionstempo, so viel technischer Fortschritt sagen für sich genommen nichts darüber aus, ob die Planung erfolgreich war oder nicht. Da dies alles Ausdruck der Beziehung zwischen Menschen und Dingen ist, sagt es nichts über die sozialen Beziehungen aus. Planung ist eine Form der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse, daher ist es notwendig, nicht nur zu betrachten, was geplant wird und was nicht, sondern auch, wie geplant wird, von wem und zu wessen Nutzen. Konnte man in der vorangegangenen Periode der zentralen Planung in China, als 250 Millionen inländische Wanderarbeiter zu extrem niedrigen Löhnen brutal ausgebeutet wurden, indem siedurch 12 Stunden am Tag „auf die nackte Arbeitskraft reduziert“ wurden, als 120 000 Arbeiter jährlich unter den Bedingungen des Fabrik-Schlafsaal-Arbeitsregimes im Stil eines „besseren Gefängnisses“ starben, diese „zentrale Planung“ als „sozialistische Planung“ bezeichnen? Und kann man im heutigen China der Xi-Ära „Planung“ als „nicht-kapitalistische, den Kapitalismus einschränkende, gewinnfeindliche Planung“ bezeichnen, wenn das Problem der sozialen Absicherung von 300 Millionen inländischen Wanderarbeitern, das Problem der Schwarzarbeit von mehr als 100 Millionen Arbeitern, das Problem der Jugendarbeitslosigkeit, die im Jahr 2023 einen Höchststand von 21,3 Prozent erreicht hat, das Problem der Millionen von Obdachlosen, während es Millionen von leeren Häusern und Geisterstädten gibt, nicht einmal auf dem Papier einen Platz finden?
Trendyol (das größte E-Commerce-Plattformunternehmen in der Türkei und das größte fiktive Kapital, dessen Marktkapitalisierung sogar die der Koç Holding übersteigt), das sich im Besitz des chinesischen Private-Equity-Giganten Alibaba befindet, führt auch eine interne Planung durch. Diese Planung sagt algorithmisch voraus, welche Produkte von Kunden aus welchen Bereichen und Segmenten mit einer Genauigkeit von fast 80 Prozent bestellt werden. Und bevor der Kunde das gewünschte Produkt auf der Trendyol-Website anklickt, ist es bereits von den Trendyol-Lieferanten produziert und an das dem Kunden nächstgelegene Distributionszentrum geliefert worden. Bei der Produktion, dem Umlauf und der Verteilung von Waren sind perfekte Technik, Berechnung, Kontrolle und präzise Planung gefragt. Aber es gibt nichts in dieser Planung, das nicht „dem Wert/Gewinn und dem Markt unterworfen“ ist. Im Gegenteil, sie dient dazu, den Mehrwert und den Gewinnanteil, den Trendyol aus den von ihm vertriebenen Produkten erhält, zu erhöhen, die Ausbeutung der Zehntausenden von Arbeitern, die es direkt und indirekt beschäftigt, zu steigern und alles weiter zu vermarkten. Auch hier gibt es Kontrolle. Es ist die Kontrolle von Trendyol der durchaus gut geplanten und beschleunigten Mehrwertausbeutung, des Raubes und der Verwertung über die Arbeiter seiner Lieferanten, in der Logistik sowie Kunden. Wir wissen nicht, ob Michael Roberts die Planung von Trendyol, einer Tochtergesellschaft von Alibaba, als „nicht-kapitalistische“ Planung bezeichnen würde, aber sicher ist, dass diese Form der Planung nicht nur keine Maßnahmen gegen die unterdrückerischen Arbeitsbedingungen, die Ausbeutung, die Prekarität, die Verstümmelung und die Ausplünderung der Zehntausenden von Arbeitern, die unter ihrem Diktat beschäftigt sind, enthält, sondern sie auch bis zum Äußersten konditioniert. Genauso wie die gegenwärtige Form der Planung in China – die weit davon entfernt ist, das 996-Arbeitssystem (72-Stunden-Arbeit an 6 Tagen pro Woche) abzuschaffen und die Explosion der Jugendarbeitslosigkeit durch Arbeitszeitverkürzung zu lösen – die 72-Stunden-Arbeit auf der einen Seite und die Explosion der Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite bedingt.
Die Höhe der Investitionen Chinas in neue Technologien in den letzten 10 Jahren und seine sprunghafte Entwicklung bei den mittleren Spitzentechnologien sind nicht zu übersehen. Die offizielle Industriepolitik Chinas, die in den letzten Jahren als „qualifizierte Produktivkräfte“ bezeichnet wurde, beinhaltet jedoch keineswegs das Ziel „qualifizierter Produktionsverhältnisse“ (d.h. die schrittweise Reduzierung und Abschaffung des Privateigentums, des Marktes und der Warenkapitalbeziehungen sowie die Vergesellschaftung der Produktions- und Eigentumsverhältnisse).[27] Im Gegenteil, sie versucht, die Aufmerksamkeit von der historisch-konkreten Analyse der kapitalistischen Produktions-/Klassenverhältnisse in China abzulenken. Als solche erinnert sie zu sehr an die „Theorie der Produktivkräfte“ der in den Kapitalismus und den imperialistischen Kapitalismus ihrer eigenen Länder eingebunden Parteien der gelben Zweiten Internationale. Es wird davon ausgegangen, dass sich mit der Entwicklung der „qualifizierten Produktivkräfte“ und der Anpassung der bestehenden Produktionsverhältnisse an diese auch ein „Sozialismus chinesischen Typs“ entwickeln wird.
Zweifellos stellt die Qualität der Vergesellschaftung der Produktivkräfte auf einem neuen und fortgeschritteneren Niveau eine der Bedingungen für einen Sozialismus dar, der viel weiter fortgeschritten ist als die engen sowjetischen und chinesischen Beispiele in der Geschichte. Die Ideologie und Politik der „qualifizierten Produktivkräfte“ ohne die marxistische Perspektive der Vergesellschaftung der Produktivkräfte, ihre Unvereinbarkeit mit den kapitalistischen privaten Produktionsverhältnissen und die damit verbundene Perspektive des unversöhnlichen Klassenantagonismus und -kampfes wird jedoch nur dazu führen, dass alles auf eine größere Menge an Arbeitswert reduziert und die Ausbeutung der Arbeit mit absolutem und relativem Mehrwert zunimmt und intensiviert wird.
Der Slogan von den „qualifizierten Produktivkräften“ schließt zweifellos Wissenschaftler, Ingenieure und technisches Zwischenpersonal ein. Aber was ist mit den ungelernten inländischen Wanderarbeitern, auf deren Rücken China aufgestiegen ist und die mehr als die Hälfte der Arbeiterklasse ausmachen? Je nach Region liegt der Mindestlohn zwischen 300 und 400 Dollar. Die Jahresgebühr für die schlechteste staatliche Universität in China beginnt bei 3 000 Dollar und steigt auf 50 000 Dollar oder mehr in „qualifizierten“ wissenschaftlich-technischen Instituten und Universitäten. (Hatte jemand von „Preiskontrolle“ gesprochen?) Und in Chinas Industriepolitik steht nichts darüber, was mit den Wanderarbeitern geschehen soll, die zu immer flexibleren und prekäreren Bedingungen verdammt sind und ständig von geschlossenen oder zum Lohndumping ins Landesinnere oder ins Ausland verlegten Fabriken, oft auch ohne Auszahlung ihrer Löhne, auf die Straße geworfen werden. Es gibt auch nichts in der Industriepolitik, um die Unterschlagung der Arbeiterrechte durch das Kapital zu verhindern und/oder zu kompensieren, trotz der zunehmenden Welle der monatelangen (Teil-)Einbehaltung der Löhne oder der Entlassungen ohne Abfindung, die sich seit der Pandemie in China vom Bauwesen über das verarbeitende Gewerbe auf die gesamte Wirtschaft ausgeweitet haben. Roberts hat Recht, wenn er sagt, dass das Wertgesetz in China beschnitten wurde, allerdings in umgekehrter Weise: Das Wertgesetz „funktioniert nicht“, wenn es um die Ansprüche von Millionen von Arbeitern in Höhe von Billionen von Yuan geht, die vom Kapital unterschlagen wurden!
Soziale Stabilität
China hat in seiner 170-jährigen Geschichte drei große Revolutionen (1861, 1911, 1947) und drei große Wellen von Massenaufständen und Widerstand in seinen letzten 45 Jahren Geschichte erlebt (1989, Aufstände der armen Bauern gegen die Einhegungen ab Ende der 1990er Jahre, Wellen von selbständigen Massenstreiks im Zeitraum 2005-2015 und Massenaktionen von bis zu 180 000 Menschen jährlich).
„Mit der globalen Krise des Kapitalismus 2008-9 und den Krisen der übermäßigen Kapitalakkumulation, der Überkapazitäten und der Überproduktion in China wurden auch die seit Jahrzehnten aufgestauten klassenmäßigen, sozialen, geschlechtlichen und nationalen Widersprüche explosionsartig offengelegt.
„Während und nach 2008/9, als 30-40 Millionen Arbeiter ihre Arbeit verloren und die Lebensmittelpreise vor dem Hintergrund stark sinkender Löhne in die Höhe schossen, begannen die Arbeiterproteste im großen Industriegürtel an der Ostküste Chinas zuzunehmen. Sie wurden massenhaft und militant. Im März 2008 brach der tibetische Aufstand aus. Im Mai 2008 verursachte das Erdbeben in Sichuan, bei dem 70 000 Menschen, darunter 10 000 Schüler, durch den Einsturz von Schulgebäuden getötet wurden, großes Leid und Empörung. Im selben Jahr wurden Zehntausende von Menschen aus ihren Häusern und die Armen aus der Stadt vertrieben, um zahlreiche Stadien, Einrichtungen, Straßen und andere Infrastruktur für die Olympischen Sommerspiele in Peking zu bauen, was zu Protesten führte. Im selben Jahr kam es auf dem Land, wohin Millionen von Arbeitslosen zur Rückkehr gezwungen wurden, zu Aufständen arbeitsloser Arbeiter und armer Bauern. In Xinhua wurden bei einem Aufstand von mindestens 30 000 Menschen wegen der Vergewaltigung und Ermordung eines jungen Mädchens in der örtlichen Polizeistation mehr als 100 Staats-, Polizei- und Parteigebäude verwüstet und niedergebrannt. Im Juli 2009 brach der uighurische Aufstand in Xinjiang aus. Im selben Jahr kam es in Nanjing zu Zusammenstößen zwischen Tausenden von Studenten und der Polizei, nachdem die Polizei Studenten verprügelt hatte, die als Straßenverkäufer arbeiteten, um ihre Ausbildung zu finanzieren. Die Studentenproteste nahmen zu, nachdem der Staat ankündigte, die Diplome protestierender Studenten zu entziehen. Im Jahr 2010 kam es zu großen, selbständigen militanten Massenstreiks in Honda- und anderen Autofabriken in China.
„Die Tatsache, dass die Nähte all dieser klassenmäßigen, sozialen, geschlechtlichen, nationalen und politischen Widersprüche in China zu platzen begannen, zeigte, dass das bestehende Modell der Kapitalakkumulation an seine Grenzen gestoßen war.“[28]
Die Umstrukturierungsprogramme für Wirtschaft, Gesellschaft und Staat, mit denen der Xi-Kern, der 2012 an die Macht kam, ab 2015 begann, waren das Ergebnis der vorherigen Form der Kapitalakkumulation, die in jeder wirtschaftlichen, sozialen und politischen Hinsicht unhaltbar geworden war, und der Suche der chinesischen Bourgeoisie und ihrer „hohen“ parteistaatlichen Komponente nach einer neuen Form der kapitalistischen Akkumulation und Machtkonfiguration und -koordination im Namen ihrer gefährdeten allgemeinen Interessen. Keines der gigantischen Kapitalprogramme und Projekte, die Xi ankündigte, wie die „Neue Seidenstraße“ und „Made in China“, waren Xis eigene Erfindung. Sie wurden inmitten des zunehmenden Drucks und der Macht- und Verteilungskämpfe der oberen Schichten der chinesischen Partei- und Staatsbourgeoisie seit 2005 im Rahmen der Suche nach einem Ausweg diskutiert. So gab es beispielsweise bereits lange vor der Xi-Regierung Überlegungen, den traditionellen Planungsansatz aufzugeben und zu industriell-technologischen Politikplänen überzugehen, oder erste Entwürfe für die Schaffung eines global-institutionalisierten Kanals für exzessive Kapitalakkumulation.[29]
Der heutige chinesische Kapitalismus ist, obwohl er zweifellos seine eigenen Besonderheiten aufweist, in der Tat weitgehend eine an China angepasste Synthese aus den „erfolgreichsten“ Modellen früherer kapitalistischer „Entwicklungs“-Erfahrungen und den neuen institutionalistischen Versionen des neoliberalen Kapitalismus der 90er und 2000er Jahre. In dieser Hinsicht kann man sogar sagen, dass China der strikteste Verfolger und, nach Anpassung an seine eigenen Bedingungen, Anwender der Richtlinien globaler finanzoligarchischer Gremien wie der Weltbank ist, wie z.B. „effektiver, regulierender, unternehmerischer Staat“, „Kampf gegen Korruption“, „neue institutionalistische Entwicklungsökonomie“, „Aufsichts-, Regulierungs-, Koordinierungsgremien“, „Risikomanagement/Krisenmanagement“, „Übergang zu neuen Technologien“ und vielleicht vor allem „neoliberale Arbeitsorganisierungen“.
Das chinesische Regime hat genügend Führungserfahrung, um zu wissen, dass 100 Millionen Arbeiter und Werktätige mit einer starken historischen Tradition der Revolution, der Rebellion und des Widerstands nicht allein durch Repression unterworfen werden können. Unter dem Xi-Regime wurde der Mindestlohn real fast um das Doppelte und die Angestelltenlöhne real fast um das Dreifache erhöht. Das Hukou-System wurde teilweise gelockert. Die Zahl der jährlichen Arbeitsmorde[30] wurde von 120 000 auf 20 000 reduziert. Die Einhegungen auf dem Lande wurden eingeschränkt, wenn auch nicht abgeschafft. Es wurden groß angelegte Korruptionsoperationen durchgeführt. Die Gehälter und Nebenbezüge der SU-Führungskräfte wurden auf das Achtfache des Durchschnittslohns in demselben Unternehmens begrenzt.
Dies waren jedoch nicht die Segnungen des Xi-Regimes für die Massen, sondern die historischen Errungenschaften der großen Kampfwellen der Arbeiterklasse und der Werktätigen im Zeitraum 2005-2015, die das alte Regime der Kapitalakkumulation auf der Basis von Auftragsfertigung zu extrem niedrigen Löhnen im Fabrik-Schlafsaal-Stil unhaltbar machten. Der Anstieg der Reallöhne war auch auf das Ende des reichlichen Angebots an inländischen Wanderarbeit zurückzuführen, die im Rahmen der ursprünglichen Akkumulation vom Land in die Städte gezogen worden waren. Darüber hinaus nutzte das Xi-Regime eine Zeit lang Reallohnerhöhungen, um das Kapital zu zwingen, im allgemeinen Interesse der chinesischen Bourgeoisie in Technologie zu investieren. Unabhängig von technologischen Investitionen förderte es natürlich auch den Transfer von Kapital in Chinas Hinterland und andere Länder, in denen die Löhne niedriger sind. Wurden all diese Infrastrukturinvestitionen nicht auch getätigt, um die Freizügigkeit des Kapitals zu erhöhen und auf neue und billigere Reserven an Arbeitskräften zuzugreifen?
Das Xi-Regime hat nicht davor zurückgeschreckt, sich das, was die Massen durch ihre Kämpfe errungen haben, in verschiedenen Formen wieder anzueignen. Es hat die Beschäftigung inländischer Wanderarbeiter, die in großen Produktionsbetrieben konzentriert war, in den „Dienstleistungssektor“ verlagert, wo die Löhne niedriger, die Arbeitszeiten länger, zersplitterter und prekärer sind.[31] Flexible, prekäre, Schwarzarbeitsformen wurden populär. Das 996-Arbeitssystem (72 Stunden „freiwillige“ Arbeit an 6 Tagen pro Woche), die schrittweise Lockerung des alten Grundprinzips der Minimierung der Arbeitslosigkeit…
Mit der teilweisen Lockerung des Hukou-Systems ist ein Großteil der zuvor durch das Regime der Fabrik-Schlafhäuser vom städtischen Leben und der Gesellschaft ausgeschlossen inländischen Wanderarbeiter, in eine Situation geraten, in der sie eine sich in miserablen Behausungen im Stadtumland anhäufende „stagnierende relative Überschussbevölkerung“ in schlecht bezahlter, prekärer, befristeter Arbeit bilden und durchneokorporativistische Mechanismen „durch Inklusion ausgeschlossen“ sind.
Trotz der viel gepriesenen Reallohnerhöhungen in China sind die Löhne immer noch sehr niedrig. Je nach Region liegt der Mindestlohn bei 300-400 Dollar, was immer noch weit unter dem Mindestlohn in der Türkei liegt. Das Wohnungsproblem, das mit der Einschränkung des Fabrik-Schlafsaal-Systems durch die eigenen Kämpfe der Wanderarbeiter entstand, die Miete für ein, zwei Zimmer mit Gemeinschaftstoilette in den prekären Arbeitergebieten, in China städtische Dörfer genannt, reichen aus, um diese „reale“ Erhöhung wieder aufzuheben.
Während der Pandemiezeit wurden die Löhne zum ersten Mal in den letzten fünfzehn Jahren eingefroren, und die Löhne der breiten unteren und mittleren Angestelltenschichten, die aufgrund des zunehmenden Bedarfs an technisch ausgebildeten Fachkräften eine Zeit lang rasch gestiegen waren, sind in den letzten Jahren wieder gesunken. Die Propaganda, dass „wir zu einem Land des mittleren Wohlstands geworden sind“, beruhte auf dem steigenden Konsum der Angestellten, die sich selbst für die Mittelschicht hielten. Den mit der Krise 2001-2008 in der Türkei erlebten Schock des „vergeblichen Studiums“ begann die schnell wachsende Angestelltenschicht in China, in den 2020er Jahren in einer Welle verheerender Proletarisierung zu erleben. Die Stagnation des Wachstums des Binnenkonsums in China in den letzten Jahren ist nicht unabhängig von der Lohnstagnation bzw. dem -rückgang, den unterschlagenen Löhnen, den Entlassungswellen und dem Explodieren der Jugendarbeitslosigkeit.[32]
Fazit
Was es in China gibt, ist kein „Sozialismus chinesischen Typs“ oder „Übergang, der weder kapitalistisch noch sozialistisch ist und der nicht vom einen zum anderen übergehen kann“, sondern Kapitalismus chinesischen Typs. Es ist ein halbstaatlicher Kapitalismus. Die Tatsache, dass es sich um eine Art Staatskapitalismus handelt, bedeutet nicht, dass er weniger oder eingeschränkt kapitalistisch ist als der westliche Kapitalismus. Es zeigt nur, dass er dem US-imperialistischen Kapitalismus in vielen Bereichen und Fragen noch unterlegen ist und dass er versucht, diese Lücke auf diese Weise zu schließen. Kann China diese Lücke weiter und in mehr Schlüsselbereichen schließen, und was wird geschehen, wenn es dies tut, und was, wenn es dies nicht tut und in eine Stagnationsphase eintritt, wie es einst Japan tat? Zwar lassen sich aus diesem Artikel zunächst einige bescheidene Schlussfolgerungen ziehen, doch erfordern diese Fragen eine tiefergehende Analyse Chinas und eine umfassendere Analyse der unüberbrückbaren Widersprüche des Weltkapitalismus insgesamt und der USA im Besonderen, deren Welthegemonie im Rahmen des Prozesses und der Richtung der historischen Entwicklung weiter ins Stocken gerät und weiter an Höhe verliert. Das bescheidene ursprüngliche Ziel dieses Artikels war der Versuch, Chinas Produktionsweise zu benennen.
Das zweite Ziel dieses Papiers ist es, dies im Versuch, ihr eine gewisse theoretische Tiefe zu geben, in einer Polemik mit Michael Roberts zu tun. Das heutige China kann nicht mit einem Ansatz analysiert werden, der in der Sowjetunion der 30er Jahre, die auch schon oft nicht richtig analysiert wird, verhaftet ist und/oder mit einem Verständnis von „Gemeinwohlorientierung“ als Ersatz für Sozialismus bzw. als reformistischer Übergang zum Sozialismus im Kapitalismus. Es ist unmöglich, das heutige China und die Welt mit den Konzepten der sowjetischen Geschichte und chinesischen Geschichte nach 1947, die viel enger, deformierter und ideologisierter sind als die von Marx, zu verstehen, vor allem mit dieser „Gemeinwohl“orientierung. Im Gegenteil, es wäre noch fortschrittlicher, die sowjetische und chinesische Geschichte von der Entwicklungs- und Zerfallsebene des heutigen Kapitalismus, einschließlich der USA und Chinas, und von den Bedingungen eines viel weiter fortgeschrittenen Kommunismus mit seinen sich vertiefenden inneren Widersprüchen aus zu analysieren.
Wenn man sich andernfalls dazu breitschlagen lässt, wie Roberts selbst die gegenwärtige Form der „Gemeinwohlorientierung“ in China, zum Preis von neokautskyanischen, sozialdemokratischen, neoinstitutionalistischen, liberal-verrissenen theoretischen Skandalen als nicht-kapitalistisch/profitfeindlich zu bezeichnen; kann dies nur dazu dienen, das Weltproletariat, das heute eine seiner größten Schwellen bei der vom historischen Entwicklungsprozess und -richtung, von der kommunistischen revolutionären Basis und Achse ausgehenden Überwindung des kapitalistischen Systems und der unversöhnlichen Widersprüche in ihm erlebt, nur täuschen und seinen Horizont weiter auf den Kapitalismus beschränken. Ein Verständnis von „Sozialismus“ oder „Nicht-Kapitalismus“, das sich auf „Staatseigentum, Preiskontrolle, traditionelle Planung usw.“ beschränkt und diese als technische und materielle Beziehungsformen, nicht als Formen gesellschaftlicher Beziehungen behandelt, kann heutzutage nur ein Versinken im Kapitalismus unter anderem Namen sein.
Wir brauchen ein Verständnis des Sozialismus, das weit über die der historischen Erfahrungen hinausgeht und den Kommunismus von Anfang an einbezieht. Auf dem Niveau der Entwicklung, des Verfalls und der inneren Widersprüche des heutigen Kapitalismus gibt es dafür mehr Möglichkeiten und Dynamik als je zuvor. Und zwar nicht nur in neuen Technologien wie „smarte Technologien“ und „Künstliche Intelligenz“, sondern auch in der Entwicklung des quantitativ und qualitativ revolutionären destruktiven und konstruktiven Potenzials der Arbeiterklasse, in der Entwicklung des Potenzials zur massenhafteren Bildung vielfältig vergesellschafteter Individuen, in der Entwicklung des Potenzials zur schnelleren Auslöschung nicht nur des Mehrwerts, sondern auch der Arbeitsteilung und des Wertgesetzes, in der Entwicklung des Potentials zur Arbeitszeitverkürzung beginnend mit 30 Stunden pro Woche, in der Entwicklung des Potentials, dass die Arbeit von einer notwendigen Bedingung und Grundlage der Produktion zu einer vielseitigen freien schöpferischen Tätigkeit wird, in der Entwicklung des Potentials zur Befreiung durch die Vergesellschaftung insgesamt. Es entwickeln sich Potenziale nicht nur für die Etablierung von Eigentums- und Verwaltungsverhältnissen auf einem viel höheren Niveau, sondern auch für die Etablierung der ebenso wichtigen Produktions- und Reproduktionsverhältnisse von einem neuen und viel weiter fortgeschrittenen Niveau der Vergesellschaftung aus und für die Etablierung des Verhältnisses der Gesellschaft zur Natur auf eine restaurative, schützende und wiederbelebende Weise. Das müssen unsere Referenzen für den Sozialismus sein, sie müssen viel fortschrittlicher und zukunftsorientierter sein.
Der Versuch, aus einer heute völlig entleerten „Gemeinwohlorientierungs“-Kiste ein „nicht-kapitalistisches“ oder „sozialistisches China“ herauszuholen, kann nur eine lahme Illusionsdarbietung sein.
Wir sehen nicht wie die von der „Gemeinwohlorientierung“ Geblendeten etwas „Nicht-Kapitalistisches“ darin, dass China und sogar die USA mit dieser oder jener Art von Kontrolle, Regulierung, Koordination, industriell-technologischer Planungspolitik zu kämpfen haben (die im westlichen Kapitalismus in der kommenden Periode wahrscheinlich zunehmen wird), sondern etwas ganz anderes: dass der Grad der Konzentration, Zentralisierung und Vergesellschaftung der Produktivkräfte, der Grad des „sozialen Kapitals“ nach Marx im Kapital, solche Praktiken trotz aller neoliberalen Klügelei notwendig macht. Und wir sehen, dass solche Praktiken, die sich in der kommenden Periode mit der Vertiefung der inneren Widersprüche, Krisen und Turbulenzen des Kapitalismus weiter ausbreiten und intensivieren können, zwar im Kapitalismus für sich genommen nicht „außerkapitalistisch“ sein können, aber zu den Zeichen der Tendenz der historischen Notwendigkeit zum Sturz des Kapitalismus und zur Errichtung eines viel weiter entwickelten Sozialismus gehören sowie die Möglichkeit, Notwendigkeit und Potenziale, nur durch den Sturz der Diktatur des finanzoligarchischen Kapitals einen Sozialismus zu errichten, der auf viel fortschrittlicheren Planungs-, Kontroll-, Eigentums-, Produktions-, Reproduktions-, Verwaltungs- und Naturverhältnissen beruht, die sowohl die des traditionellen Sozialismus als auch des heutigen Kapitalismus radikal überschreiten.
Artikel aus der Teori ve Eylem (Türkei), Ausgabe 65
[1] Michael Roberts ist ein Wirtschaftswissenschaftler, dessen Blog thenextrecession.wordpress.com in der linken Szene der Türkei und weltweit bekannt ist und verfolgt wird. Er ist ein führendes Mitglied der IIPPE (International Initiative for Promoting Political Economy) und ihrer Arbeitsgruppe zur politischen Ökonomie der Entwicklung Chinas. Roberts‘ Artikel werden auch im BRIQ Belt & Road Initiative Quarterly und in der türkischen Zeitschrift Aydınlık veröffentlicht.
[2] Roberts, M. (2022) ‘China: A Socialist Model of Development?’, BRIQ Belt & Road Initiative Quarterly, 3(2), 24-45. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-90242-8
[3] In einer Reihe von Artikeln über China räumt Roberts ein, dass die Gewinnraten in China gesunken sind, versucht aber zu erkennen, dass dies auf die Immobilienblase und -krise sowie auf Reallohnsteigerungen zurückzuführen ist, dass im verarbeitenden Gewerbe ein hohes Investitionstempo herrscht und dass bei einem Rückgang der Gewinnraten auch die Investitionen sinken müssten. Siehe zum Beispiel: Roberts, M. (2024a) China’s unfair ‘overcapacity’. https://thenextrecession.wordpress.com/2024/04/10/chinas-unfair-overcapacity/.
[4] Roberts, M. (2023) ‚China as a transitional economy to socialism?‘, Journal Of Global Faultlines, 9(2). https://doi.org/10.13169/jglobfaul.9.2.0180.
Roberts hat zahlreiche Artikel verfasst, in denen er ähnliche Argumente aufwärmt, ohne viel hinzuzufügen. Siehe zum Beispiel Roberts, M. (2020) ‚China: Three Models Of Development‘, Journal für Entwicklungspolitik, XXXVI(1), S. 10–39. https://doi.org/10.20446/JEP-2414-3197-36-1-10 und Roberts, M. (2024b) China’s next decade. https://thenextrecession.wordpress.com/2024/03/08/chinas-next-decade/.
[5] Oğuz, H.Ş. (2013) ‚Kurumsalcı bir kurgu olarak kalkınmacı devlet: tarihsel ve kuramsal bir eleştiri‘, Amme İdaresi Dergisi, 46(4), S. 107–128. https://app.trdizin.gov.tr/makale/TVRVM056WTVPUT09/kurumsalci-bir-kurgu-olarak-kalkinmaci-devlet-tarihsel-ve-kuramsal-bir-elestiri-.
[6] Für eine Kritik am Konzept der „Entwicklung“ in spätkapitalistischen Ländern siehe Tuna, Ş.G., Öztürk, M.Y. und Ercan, F. (2008) ‚Günümüz Gerçeğinden Hareketle Geçmişe Bakmak (2006-1960): Kalkınma mı Sermaye Birikimi mi?‘, “İş,Güç” The Journal Of Industrial Relations And Human Resources, 10(4), S. 59–86. https://dergipark.org.tr/tr/pub/isguc/issue/25499/268893. (Erweiterte Fassung des Textes des TMMOB-Industriekongresses 2007). Die Autoren entschlüsseln den Begriff „Entwicklung“, der zu einem ideologischen Fetisch geworden ist, um die Ausbeutung und Widersprüche des Kapitalismus in spätkapitalistischen Ländern zu verdecken, und schlagen stattdessen den Begriff der Kapitalakkumulation vor.
[7] Oğuz, ebd.
[8] In China waren 2016 ehemalige oder derzeitige zentrale oder lokale KP-Mitglieder Gründer oder Eigentümer von 95 der 100 größten Privatunternehmen und 8 der 10 größten privaten digitalen Plattform-/Internetunternehmen (siehe Roberts, M. (2021) When did China become capitalist? [PDF]. https://thenextrecession.files.wordpress.com/2021/09/china-iippe-1.pdf.). Es ist ein schlechter Scherz, dass Roberts diese Daten als Hinweis darauf präsentiert, dass der chinesische Kapitalismus nicht kapitalistisch ist. Noch witziger ist, dass Roberts im selben Artikel die kapitalistische Marktsanierung unter Deng Xiaoping als „Chinas NÖP“ lobt!
[9] Die Gewinne des „Risikokapitals“ erscheinen und werden als Entschädigung für das hohe Verlustrisiko dargestellt, das es eingeht, aber in Wirklichkeit handelt es sich um einen hohen Investitionsanteil am Mehrwert, der aus der Arbeit der technologischen Innovation, der Hunderttausende von Technologiearbeitern ihr ganzes Können widmen, und aus dem Mehrwert, der von den Arbeitern bei der Produktion der von den wenigen Erfolgreichen entwickelten Produkte erzielt wird, stammt.
[10] Savran, S. (2023) Kapitalizmden Sosyalizme Geçişin ve Sosyalizmden Kapitalizme Geçişin Yasaları. https://www.youtube.com/watch?v=0CSKsSKHB_8.
[11] Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Konzentration und Zentralisierung des Monopolkapitals im Kapitalismus und den kapitalistischen Formen der Planung. Der Grad der Vergesellschaftung der Produktivkräfte und die Konzentration des Monopolkapitals machen schließlich eine Form der Planung erforderlich. Umgekehrt gilt auch: Die Fähigkeit eines spätkapitalistischen Landes, Monopole zu schaffen, die seine Wettbewerbsfähigkeit, seinen Gewinnanteil und seine Kontrolle auf den internationalen Märkten erhöhen, erfordert ebenfalls eine Form der Planung.
[12] In dieser Zeit wurden die „unterentwickelten“ Länder unter dem Einfluss der Sowjetunion von dem Gespenst der „geplanten Entwicklung auf nicht-kapitalistische Weise“ heimgesucht. Der Diskurs der „weder kapitalistischen noch sozialistischen, sondern nicht-kapitalistischen Entwicklung“ ist von den Marxisten hinreichend entschlüsselt und entlarvt worden. Dennoch weist Michael Roberts‘ Einschätzung des heutigen Chinas viele Parallelen zu den Diskursen über „Entwicklung mit nicht-kapitalistischen Mitteln“ der Vergangenheit auf. Waren Erstere eine Tragödie, entwickelt sich Letzteres zu einer Komödie!
[13] Uçar, A.Y. (2014) ‚Kapitalizmde Planlama: Tarihsel ve Toplumsal Çözümleme‘, Amme Idaresi Dergisi, 47(3), S. 43–68. https://app.trdizin.gov.tr/makale/TVRjNU9UY3hNUT09/kapitalizmde-planlama-tarihsel-ve-toplumsal-cozumleme-.
[14] Uçar, ebd.
[15] Cebeci, A. (2012) Bilmediğimiz Kapitalizm: Gizli Elin Kurumsallaşması: YOİKK. Istanbul, Türkei: Sav Yayınları. Schon der Titel von Cebecis wichtigem Buch ist für unser Thema aussagekräftig und erhellend: „Der Kapitalismus, den wir nicht kennen“ zeigt, wie Bewertungen, die ohne Kenntnis des Kapitalismus und seiner Veränderungen vorgenommen werden, zu großen Illusionen führen können, wie z. B. Roberts‘ Bewertung Chinas, die auf abstrakten und fetischistischen Annahmen über Eigentums-, Kontroll- und Regulierungsmechanismen beruht. Das Konzept der „Institutionalisierung der unsichtbaren Hand/Markt“ zeigt, dass solche Kontroll-, Regulierungs- und Koordinierungsgremien, die Institutionalisierung des Kapitals und des Marktes, Ausdruck ihrer Intensivierung und Verstärkung sind – ganz zu schweigen von einem Gegensatz zum Markt und seiner Einschränkung. Nachdem die Organe der Überwachung, Regulierung und Koordinierung der expandierenden Reproduktion des Kapitals selbst zur institutionalisierten Form des Kapitalismus/Marktes und der Ziele der maximalen Ausbeutung/Profitabilität geworden sind, ist es daher nur noch ein formaler Unterschied, ob diese Überwachung, Regulierung und Koordinierung durch den Staat/die herrschende Partei oder durch eine Kombination aus Vertretern des Staates und der privaten Unternehmen durchgeführt wird.
[16] Boratav, K. (2024) ‚Çin ekonomisinde dinamizm ve durgunlaşma‘, soL, 15 Mai. https://haber.sol.org.tr/yazar/cin-ekonomisinde-dinamizm-ve-durgunlasma-391823.
[17] Şimşek, O. (2015) ‚Yeni Devlet Kapitalizminin Yükselişi Küresel Ekonomi Politik Bir İnceleme‘, Atılım Sosyal Bilimler Dergisi, 5(2), S. 106–144. https://hdl.handle.net/11494/4603.
[18] Nathan Sperbers Beschreibung Chinas als „Quasi-Staatskapitalismus“ entspricht mehr oder weniger meinem Ansatz des „neoliberalen Staatskapitalismus“, trotz einiger wichtiger Unterschiede in Analyse und Ansatz. Wenn Staatseigentum, Kontrolle, Koordinierung und politische Planung selbst auf kapitalistischen Kriterien und Zielen beruhen, wenn sie selbst eine institutionalisierte Form der Kapitalakkumulation/des Marktes sind, dann ist „Quasi-Staatskapitalismus“ eine angemessene Beschreibung. Siehe Sperber, N. (2019) ‚Planning in China and quasi-State capitalism‘, Actuel Marx, (1), S. 35–53. https://www.cairn-int.info/article-E_AMX_065_0035–planning-in-china-and-quasi-state.htm.
[19] Anstatt bestimmte technologische Produkte von fortschrittlicheren Technologieunternehmen mit Sitz in den USA zu kaufen, versucht China, diese Produkte durch Importsubstitutions-Kapitalkontrollen, wenn auch zu höheren Kosten, selbst zu produzieren und zwingt sie durch seine bevormundende Monopolstellung zur Verwendung auf seinem heimischen Markt. Roberts‘ Darstellung von Chinas Praxis der Importsubstitution, des Protektionismus und der Kapitalkontrollen in bestimmten Technologiebereichen als „nicht-kapitalistisch, gegen den Profit“ erinnert wiederum an liberale Ökonomen. Marx hingegen definiert Protektionismus in der kapitalistischen Entwicklung als ein Mittel zur Integration in den kapitalistischen Weltmarkt und als ein Mittel zur Schaffung eines Monopols auf dem Weltmarkt, ausgehend vom heimischen Markt. Siehe Marx, K. (1972) ‚Rede über die Frage des Freihandels‘, in Karl Marx – Friedrich Engels – Werke, Band 4. Berlin: Dietz Verlag, S. 444–458. http://www.mlwerke.de/me/me04/me04_444.htm.
[20] In der Tat ist dies keine Situation, die nur für China und die spätkapitalisierten Länder typisch ist. Würde sich die Kapitalakkumulation darauf beschränken, dass einzelne Kapitalisten lediglich einen Teil des von den von ihnen beschäftigten Arbeitern absorbierten Mehrwerts in Investitionen umwandeln, läge der imperialistische Kapitalismus der USA, ganz zu schweigen von dem Chinas, heute in Trümmern. Während der Mehrwert im Kapitalismus immer von grundlegender Bedeutung ist, führen die verschiedenen Formen des Kolonialismus, Mechanismen der ursprünglichen Akkumulation, das Kreditsystem, das Finanzkapital als Verschmelzung von Bank- und Industriekapital, die Monopole und natürlich die verschiedenen Formen der Reproduktion und Regulierung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse durch den kapitalistischen Staat, die Mechanismen der „Ressourcenzuteilung“ und die despotischen Arbeitsorganisierungen zur maximalen Intensivierung, Zentralisierung, Beschleunigung und Steigerung der Kapitalakkumulation. Heute führen die Krise des Kapitalismus, seine ungleichmäßige Entwicklung, die Verschärfung der Konkurrenz zwischen den kapitalistischen Mächten, der Höhenverlust der Welthegemonie des imperialistischen US-Kapitalismus dazu, dass der US-amerikanische und der westliche Kapitalismus mehr und mehr auf diese Methoden zurückgreifen. Was den chinesischen Kapitalismus als eine Art „halbstaatlichen Kapitalismus“ halbwegs einzigartig macht, ist sowohl seine Kombination von absoluter und relativer Mehrwertausbeutung mit billigerer Arbeitskraft als auch seine intensivere Nutzung kapitalistischer Staatsmechanismen wie ursprüngliche Akkumulation, billiges Kreditsystem, Aufsichts-, Regulierungs- und Koordinierungsgremien als institutionalisierte Kapital- und Marktmechanismen.
[21] Hirson, M. (2019) State Capitalism and the Evolution of “China, Inc.”: Key Policy Issues for the United States, U.S.-China Economic And Security Review Commission. https://www.uscc.gov/sites/default/files/Hirson_USCC%20Testimony_FINAL.pdf
[22] Chuang (2022) Is China a capitalist country? https://chuangcn.org/2022/03/china-faq-capitalist/
[23] Die Xi-Regierung sucht nach einigen „Stabilisierungsmaßnahmen“, die auch die Massen wieder in Erwartungshaltung bringen sollen. In diesem Zusammenhang wird nun, nachdem seit dem Evergrande-Skandal drei Jahre lang kein Finger gerührt wurde, während infolgedessen Wohnungen im Wert von 4,1 Billionen Dollar leer standen, treibt sich das Gerücht eines Entwurfs um, wonach ein Teil dieser Einheiten von den Lokalverwaltungen, natürlich durch weitere Verschuldung, aufgekauft werden soll, um zu niedrigeren Preisen an Kaufkräftige verkauft oder vermietet werden soll. Das ist das „öffentliche Eigentum“, das Roberts fetischisiert! Während es Millionen von Obdachlosen gibt, könnenMillionen von leer stehenden Häusern nichteinmal „verstaatlicht“ werden. Mit dem Aufkauf einiger von ihnen verfolgt der Staat primär das Ziel, die Bau-/Immobiliengesellschaften zu retten. Und während versucht wird, die gekauften Häuser zu ihrem bereits gefallenen Wert weiterhin zu verkaufen und zu vermieten, statt sie kostenlos oder zu einem symbolischen Preis an die Bedürftigen zu verteilen, bleiben den inländischen Wanderarbeitern, die sich den Kauf oder die Miete solcher Siedlungswohnungen nicht leisten können, die toilettenlosen Bruchbuden in Stadt und Land.
[24] Uçar, ebd.
[25] Die Industrieproduktion Chinas ist größer als die der nachfolgenden neun Länder, darunter die USA, Deutschland, Japan und Südkorea! Siehe Boratav, ebd.
[26] Es ist Tradition, die Angriffe gegen den und Verfälschungen des Marxismus von Marx‘ wissenschaftlich-kritischen Werttheorie her auszuführen. Denn ist die Marxsche Werttheorie einmal akzeptiert, werden die Ausbeutung und die Widersprüche im Kapitalismus, die Bewegungsgesetze des Kapitals, mit einer eisernen Geschichtslogik darauf errichtet. Deshalb versuchen alle Neo-/Postmarxisten, von Sweezy und Samir Amin über Harvey und Negri bis hin zu Roberts, Bereiche im Kapitalismus zu entdecken, in denen das Wertgesetz nicht oder nicht richtig funktioniert, ungültig oder inkommensurabel ist, um auf der Grundlage zu versuchen, einige neo-/postmoderne „Subjekte“ zu erfinden, die die Arbeiterklasse beiseiteschieben. Bei Negri ist das „Subjekt“, das die Arbeiterklasse ersetzt, die „Menge“, bei Roberts ist es der chinesische Parteistaat!
[27] Auch der Slogan des chinesischen Regimes von den „qualifizierten Produktivkräften“ ist ein Wortspiel. Eine höhere Produktivität erreicht habende ausgebildete und technische Arbeitskräfte und neue Technologien werden als reine Gebrauchswerte dargestellt. Damit wird der Kapital- und Warencharakter solcher Arbeitskräfte, Technologien und anderer Produktionsmittel verschleiert. Dies ist eine Form des liberalen positivistischen Dualismus, der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse als einander äußerlich betrachtet. Dass Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse ineinandergreifen, dass das Bestimmungsverhältnis zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen nicht nur einseitig in dem Sinne ist, dass erstere letztere bestimmen, dass kapitalistische Produktionsverhältnisse auch die Produktivkräfte nach dem Kriterium der Rentabilität formen und begrenzen, und vor allem, dass die gesellschaftliche Entwicklung der Produktivkräfte und kapitalistische Produktionsverhältnisse unvereinbar sind, wird verschwiegen. So können wir besser verstehen, warum Roberts die Frage des Mehrwerts ignoriert, genauso wie er den „staatlichen Sektor außerhalb des Marktes/Profits“ betrachtet. Die vom staatlichen Sektor beherrschten Produktivkräfte sind also auch „extern“ zu den kapitalistischen Produktionsverhältnissen! Eigentlich gibt es auch keinen Löffel!
[28] Filizler, F.Y. (2022) ‚Xi Jinping Döneminde Çin’de Sınıf Savaşımları ve Covid İsyanı‘, Devrimci Proletarya E-Kitap Dizisi, 9.
[29] Kennedy, S. und Blanchett, J. (2021) Chinese state capitalism: Diagnosis and prognosis, Center For Strategic And International Studies. https://csis-website-prod.s3.amazonaws.com/s3fs-public/publication/211007_Kennedy_Chinese_State_Capitalism.pdf?34C5XDb775Ws8W6TZ6oMGPlWhIY8Z.rf
[30] Innerhalb der Arbeiterbewegung in der Türkei wird bei tödlichen Arbeitsunfällen von Arbeitsmorden gesprochen. Anm. d. Übers.
[31] In China ist der Anteil der inländischen Wanderarbeiter in der verarbeitenden Industrie zwischen 2008 und 2021 von 38 Prozent auf 27 Prozent gesunken, während der Anteil der im „Dienstleistungssektor“ Beschäftigten von 33 Prozent auf über 50 Prozent gestiegen ist. Siehe Chuang (2023) Isn’t China the world’s sweatshop? https://chuangcn.org/2023/05/china-faq-sweatshop/
[32] Zum neuen Arbeitsregime und den jüngsten Klassen- und Massenkämpfen in China unter Xi siehe Filizler, F.Y. (2022) ‚Xi Jinping Döneminde Çin’de Sınıf Savaşımları ve Covid İsyanı‘, Devrimci Proletarya E-Kitap Dizisi, 9.