Der Artikel behandelt die historischen Erfahrungen im Kampf gegen den Faschismus sowie die Haltung und Entwicklung der kommunistischen Parteien nach dem Zweiten Weltkrieg. Bei dieser Übersetzung handelt es sich um zwei Ausschnitte. Der gesamte Artikel ist im türkischen Original unter folgendem Link zu finden:
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Antifaschismus und die opportunistische Entwicklung der kommunistischen Parteien
Der Zweite Weltkrieg stellte die kapitalistisch-imperialistische Welt vor eine neue Situation und schuf auch für den Sozialismus neue Möglichkeiten. Die bürgerlichen Staaten waren bestrebt, verschiedene Abkommen mit der UdSSR, der führenden Kraft im antifaschistischen Kampf, zu unterzeichnen. Es begann, wenn auch nur vorübergehend, eine relativ friedliche Phase. In den Jahren 1945 bis 1960 erlebte der Kapitalismus einen erneuten rasanten Aufschwung. Das Ansehen, das die UdSSR und die Arbeiter- und kommunistischen Parteien durch ihren Widerstand im antifaschistischen Kampf gewonnen hatten, veranlasste die bürgerlichen Regierungen, soziale Rechte zu verbessern und so neue Revolutionen zu verhindern. Zudem mobilisierten sie die arbeitsfähigen Teile der Bevölkerung, um die durch den Krieg verursachten Zerstörungen zu beseitigen. Die kommunistischen Parteien konnten frei agieren und sogar, wie in Frankreich und Italien, in die Regierungen eintreten. Aufgrund dieser Situation setzte sich in den Parteiführungen die irrige Auffassung durch, man befinde sich in einer krisenfreien, friedlichen Phase, und parlamentarische Kampfmethoden zur Ausweitung der bürgerlichen demokratischen Rechte rückten in den Vordergrund. Die Tatsache, dass in Frankreich und Italien zwei bis drei kommunistische Abgeordnete als Minister in den Regierungen vertreten waren, stärkte die Hoffnung auf parlamentarische Erfolge. Die Lösung „akuter” Probleme wurde zur Hauptaufgabe und führte zu einer schrittweisen Abkehr von der Perspektive des Kampfes für den Sozialismus. Entsprechende Theorien wurden entwickelt. Ansichten, die eine „Lösung der sozialen Probleme in Zusammenarbeit und Frieden” versprachen, waren in den Reihen der Arbeiterklasse und ihrer Parteien einflussreich.
Den ersten Impuls gab Earl Browder, der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der USA. Browder erklärte, dass „Klassenunterschiede und politische Gruppierungen keine Bedeutung mehr haben”. Er sprach von „nationaler Einheit” und davon, dass die Interessen der Arbeiterklasse mit denen der „amerikanischen Mehrheit” übereinstimmten. Browder behauptete, dass durch die bürgerliche Demokratie – deren Beispiel die amerikanische Demokratie sei – alle Widersprüche und Konflikte überwunden und der Sozialismus erreicht werden könne.
Diese Rede war ausschlaggebend dafür, dass die französischen, italienischen und spanischen kommunistischen Parteien, die sich während des antifaschistischen Kampfes durch ihre Beziehungen zur Arbeiterklasse und zu den Volksmassen sowie durch ihre großen Opfer in diesem Kampf hohes Ansehen erworben hatten, ihre revolutionären und sozialistischen Ideen aufgaben. Die Führungen der west-europäischen Arbeiter- und kommunistischen Parteien entwickelten diese Auffassung im Laufe der Zeit weiter und verbreiteten sie. Anstatt die Bedingungen des Sieges über den Faschismus zu nutzen, um die Arbeiterklasse für den Kampf gegen den Kapitalismus zu organisieren und zu mobilisieren, beschränkten sie sich in den Nachkriegsregierungen auf eine „Einheitsfrontpolitik” und verlängerten somit diesen Prozess. Dadurch schlossen sie sich dem kapitalistischen „neuen Aufschwung” an.
Der Angriff Chruschtschows auf den Sozialismus war ein weiterer Faktor für die reformistische Entwicklung dieser Parteien. Chruschtschow erklärte, die sowjetische Gesellschaft habe die Phase des Kommunismus erreicht, und behauptete, ein friedlicher Übergang zum Sozialismus in den kapitalistischen Ländern sei möglich. Die Führer der kommunistischen Parteien Westeuropas theoretisierten im Namen des Antifaschismus eine „Politik der nationalen Einheit” und leugneten die revolutionären Aufgaben im Kampf gegen die Bourgeoisie. Sie vertraten eine ablehnende Haltung gegenüber neuen Revolutionen.
Diese Parteien hatten jedoch an vorderster Front gegen den Faschismus gekämpft, sich das Vertrauen der Bevölkerung erarbeitet und durch den Beitritt neuer Mitglieder ihre Kräfte weiter ausgebaut. Sie hatten die Möglichkeit, den Kampf auf revolutionäre Weise voranzutreiben. Die italienische kommunistische Partei, die sich von der italienischen sozialistischen Partei abgespalten hatte, da diese mit ihrer reformistischen und kompromissbereiten Politik gegenüber dem Mussolini-Faschismus den revolutionären Kampf verraten hatte, arbeitete unter der Führung der leitenden Kader Gramsci und Bordiga mit großem Mut für den Kampf gegen den Faschismus und die Intensivierung des revolutionären Kampfes. Damit erreichte sie, dass sich der Widerstand der Arbeiter, Bauern und Intellektuellen in Norditalien verstärkte. Die gebildeten Partisaneneinheiten führten den Kampf des Volkes gegen den Faschismus an. Auf Initiative der Partei kam es im Mai 1943 vor allem in Turin und anderen Arbeiterregionen Italiens zu starken Streiks, die die Massen zum Kampf ermutigten.
Dennoch gelang es der Kommunistischen Partei Italiens nicht, diesen Kampf in Richtung einer Machtübernahme voranzutreiben. Sie blieb auf die Perspektive der Bildung einer demokratischen Regierung beschränkt. In den 1950er Jahren wandelte Palmiro Togliatti diese Politik der Partei in eine reformistische Versöhnungslinie um. Bereits im März 1944 erklärte Togliatti: „Aufgrund der internationalen und nationalen Bedingungen setzen wir uns die Machtübernahme nicht als Kampfziel. Unser einziges Ziel ist die vollständige Zerschlagung des Faschismus und die Errichtung einer ‚fortschrittlichen, antifaschistischen, echten Demokratie‘. Die Kommunistische Partei Italiens müsse ‚jedes Problem aus der Sicht der Nation, aus der Sicht des italienischen Staates betrachten‘. Diese Auffassung Togliattis war der Nährboden für die reformistischen Ideen, die in der Nachkriegszeit in der Partei vorherrschten. Togliatti formulierte später den „italienischen Weg zum Sozialismus“. Diese Auffassung, die auch als „radikale Veränderung der Gesellschaft durch Reformen” bezeichnet werden kann, ermöglichte es dem italienischen Großkapital, seine Interessen unter dem Deckmantel der „nationalen Verwaltung” durch konkrete Maßnahmen, wie die Präsenz von zwei kommunistischen Ministern in der Regierung, durchzusetzen. Diese Sichtweise führte dazu, dass in den Reihen der Arbeiterklasse die Vorstellung an Boden gewann, revolutionäre gesellschaftliche Veränderungen könnten durch reformistische und parlamentarische Methoden erreicht werden. [13]
Ein weiteres Beispiel war die Kommunistische Partei Frankreichs (PCF). Die PCF stand während des antifaschistischen Widerstands an vorderster Front, setzte die Taktik der Einheitsfront erfolgreich um, gewann das Vertrauen der Massen und konnte ihre Mitgliederzahl um ein Vielfaches erhöhen. Von großer Bedeutung waren die Entschlossenheit, mit der die PCF den faschistischen Besatzern entgegentrat, ihre aufgestellten Partisaneneinheiten, ihre Rolle im französischen Widerstand und im Spanischen Bürgerkrieg, in dem sie sich als revolutionäre Kraft profilierte, sowie ihre Propaganda und Agitation.
Doch diese Partei, die den antifaschistischen Kampf anführte, versäumte es, ihre Organisationen sowie ihre Befreiungs- und Widerstandskomitees, die im Krieg große Erfolge erzielt hatten, zu einer kämpferischen Volksarmee für die Eroberung der Macht zu formieren. Stattdessen schloss sie sich dem „Komitee für ein freies Frankreich“ von de Gaulle an und hielt sich an die Politik der „Volksfront“-Regierung, anstatt den Kampf auf die Ebene einer Revolution zu heben. Der Grund dafür war die Politik der Parteiführung um M. Thorez, die mit der Begründung, dass „die richtigen Bedingungen geschaffen werden müssen“, auf Abwarten setzte. Die Frage war nicht, ob man sich einer Regierung anschließen sollte, die auf der Politik der antifaschistischen Kampffront beruhte, sondern ob man diese Beteiligung zum Vorteil der Arbeiterklasse, der Werktätigen und der unterdrückten Völker nutzen konnte. Die französische Partei erhob eine konjunkturelle Situation zur Dauerstellung und entwaffnete ihre Partisanentruppen in der Nachkriegszeit. Sie interpretierte die Übernahme von Ämtern in der „nationalen Regierung“ von de Gaulle durch Maurice Thorez und zwei weitere Kommunisten als Übergang zur parlamentaristischen Theorie. Diese brachte Thorez in seiner Rede von „anderen Wegen zum Sozialismus“ zum Ausdruck. Als dies zu immer deutlicher werdenden Unruhen innerhalb der Partei führte, kritisierten Thorez und die Parteiführung nach einiger Zeit (im Oktober 1947) diese versöhnliche Haltung selbst. Sie wandten sich einer Politik der Intensivierung des Kampfes der Arbeiterklasse sowie einer revolutionären Linie gegen die Kolonialpolitik des französischen Imperialismus und die Politik des amerikanischen Imperialismus zu. All dies sowie das Ansehen und die Erfahrungen, die die Partei im antifaschistischen Kampf gewonnen hatte, konnten das ideologisch-politische Abdriften der Parteiführung und den Niedergang der Partei zu einer reformistischen Partei jedoch nicht verhindern.
Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich in der Kommunistischen Partei Spaniens in der Nachkriegszeit. Bereits in den 1930er Jahren wurde die Partei zu einem „starken politischen Faktor” in der Entwicklung der spanischen Revolution. Gemeinsam mit den republikanischen, patriotischen Kräften entwickelte sie einen großen Widerstand gegen die faschistische Gefahr während des Spanischen Bürgerkriegs (1936–1939). Die Partei, die ursprünglich nicht Teil der Volksfrontregierung war, kritisierte die Politik gegen die faschistische Bewegung und schloss sich nach dem Putsch Francos der Regierung an, um die Republik mit Waffengewalt zu verteidigen.
Die Kommunistische Partei Spaniens war die entschlossenste und kämpferischste militante Kraft dieser Front. In diesem Krieg leistete das spanische Volk, allen voran die Arbeiter, enorme Opfer. Ein Beispiel dafür war der einmonatige Kampf der Bergleute von Asturien gegen die faschistischen Truppen. Trotz der Verluste von Tausenden Militanten in diesem mit Unterstützung internationaler Brigaden geführten antifaschistischen Krieg gewann die Volksfront bis zum Ende großes Ansehen in der Bevölkerung.
Doch der frankistischen Armee, die von Hitler und Mussolini unterstützt wurde, gelang es, den Widerstand der Kommunisten, Republikaner, demokratischen Kreise und der internationalen revolutionären Kämpfer zu brechen. Die Franco-Bande setzte ihre brutale faschistische Diktatur bis in die 1970er Jahre fort.
Die Kommunistische Partei Spaniens hatte einen Großteil ihrer fortschrittlichsten, erfahrensten und kämpferischsten Mitglieder im Bürgerkrieg verloren. Dies erleichterte es Santiago Carrillo und seinen Mitstreitern, die Parteiführung zu übernehmen, die Partei von ihrem Ziel der Revolution und des Sozialismus abzubringen und auf einen reformistischen Kurs zu bringen. Dieser sah eine „revolutionäre Veränderung“ im Rahmen des bestehenden Systems vor.
Da die Verbindungen der Partei zum revolutionären Kampf der Arbeiterklasse zunehmend abrissen, wurde sie im Laufe der Zeit zu einer reformistischen „linken“ Partei des Systems. Auch die Kommunistischen Parteien Frankreichs, Italiens und Spaniens unter der Führung von Georges Marchais, Enrico Berlinguer und Santiago Carrillo wurden schließlich zu reformistischen Systemparteien, die den Sozialismus vollständig aufgaben.
Die neue politisch-ideologische Linie stützte sich auf die objektive Lage, den technologischen Fortschritt, die Veränderung der alten Klassenpositionen usw. und hatte sich damit abgefunden, „im Rahmen der republikanischen Gesetze zu kämpfen”. Die Beseitigung der politischen und ideologischen Trümmer, die sie hinterlassen hatten, wurde zu einer Aufgabe der neuen revolutionären kommunistischen Parteien.
Die Politik der antifaschistischen Volksfront wurde auch in einigen Balkanländern erfolgreich umgesetzt.[14] Eines davon war Bulgarien. Die faschistische Regierung unter der Führung von Bogdan Filov, die Zar Boris III. Anfang 1940 gebildet hatte, schaffte mit dem Zivilmobilisierungsgesetz die bürgerlichen demokratischen Rechte ab und verbot Streiks, Demonstrationen und Widerstandsaktionen.
Unter dem Namen „Brannik” wurde eine faschistische Jugendorganisation gegründet. Anfang 1941 begann man mit der Errichtung von Konzentrationslagern und die bulgarische faschistische Regierung begann gemeinsam mit den deutschen Faschisten die Invasion der Balkanstaaten.
Daraufhin begann die Kommunistische Partei Bulgariens, den Widerstand der Massen zu organisieren. Sie vereinte sich um das Programm der Vaterlandsfront, das die Vertreibung der deutschen Faschisten sowie eine Politik der Freundschaft mit den Völkern der Sowjetunion und der Freiheit verteidigte. In einem Referendum am 8. September 1946 wurde die Monarchie mit 93,63 % der Stimmen abgeschafft und die Volksrepublik Bulgarien unter der Führung von Georgi Dimitrov gegründet. Die Regierung Dimitrov verstaatlichte große Industrieunternehmen und Banken. Der Tod Dimitrovs am 2. Juli 1949 und sechs Monate später der Tod Vasil Kolarovs führten jedoch zu einer schweren Krise innerhalb der Partei. Unter der Führung von Todor Jivkov, der 1954 zum Sekretär gewählt wurde, passte sich die Partei parallel zur Durchsetzung des modernen Revisionismus dem kapitalistischen, imperialistischen System an. Mit dem Zusammenbruch Osteuropas im Jahr 1989 wurden auch die letzten Überreste der Volksdemokratie begraben.
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DER KAMPF FÜR POLITISCHE DEMOKRATIE GEGEN DEN FASCHISMUS
Das Hauptziel der Marxisten-Leninisten ist die Abschaffung der kapitalistischen Ausbeutung und der Übergang zu einer klassenlosen, ausbeutungsfreien Gesellschaft. Dennoch stehen die Kommunisten Maßnahmen zur Beschneidung bürgerlich-demokratischer Rechte und zur Abschaffung bürgerlich-demokratischer Formen nicht gleichgültig oder neutral gegenüber. Sie nutzen die bürgerliche Demokratie, um die Arbeiterklasse und andere Werktätige auf den Sturz der Kapitalherrschaft vorzubereiten. Zudem versuchen sie, die faschistische Barbarei zu verhindern, indem sie Kräfte mobilisieren, die das Potenzial haben, den Faschismus zu bekämpfen. Das linke Sektierertum, welches keinen Unterschied zwischen den demokratischen und faschistischen Formen des bürgerlichen Staates macht, hat dem Kampf gegen den Faschismus und der Politik der Einheitsfront antifaschistischer Kräfte geschadet. Eine der kleinbürgerlich-reaktionären Ausprägungen dieser Haltung besteht darin, den Kampf für bürgerlich-demokratische Rechte unter dem Vorwand, den Kampf für den Sozialismus in den Vordergrund zu stellen, als irreführend zu betrachten, herabzuwürdigen oder gar zu leugnen. Diese mechanische und oberflächliche Haltung wurde von Lenin und der Kommunistischen Internationale verurteilt.
Lenin schrieb: „Es wäre ein großer Irrtum zu glauben, daß der Kampf um die Demokratie imstande wäre, das Proletariat von der sozialistischen Revolution abzulenken oder auch nur diese Revolution in den Hintergrund zu schieben, zu verhüllen und dergleichen. Im Gegenteil, wie der siegreiche Sozialismus, der nicht die vollständige Demokratie verwirklicht, unmöglich ist, so kann das Proletariat, das den in jeder Hinsicht konsequenten, revolutionären Kampf um die Demokratie nicht führt, sich nicht zum Siege über die Bourgeoisie vorbereiten.” Lenin zufolge bedeutet die marxistische Lösung der Frage der Demokratie, „dass das seinen Klassenkampf führende Proletariat alle demokratischen Einrichtungen und Bestrebungen gegen die Bourgeoisie ausnutzt, um den Sieg des Proletariats über die Bourgeoisie, den Sturz der Bourgeoisie vorzubereiten.“[19]
In seiner Rede auf dem VII. Kongress der Komintern bezog sich Dimitrow auf diese Worte Lenins und sprach von der Notwendigkeit einer Einheitsfrontpolitik gegen den Faschismus in Bulgarien: „Die Kommunistische Partei“, sagte er, „führt ihren Kampf, ohne von ihren großen Programmzielen abzuweichen, ohne die Unabhängigkeit der Partei zu beeinträchtigen, und fordert die sozialdemokratischen, Bauern- und radikalen Parteien auf, ihr Programm und ihre Ziele aufzugeben.“ Seiner Meinung nach war die Einheitsfront der ‚sicherste Weg‘, um das Land aus den ‚Katastrophen und Gefahren‘, die der Faschismus verursacht hatte, und aus der Sackgasse, in die die Bourgeoisie es geführt hatte, zu befreien.“[20]
Wilhelm Pieck wies darauf hin, dass die Politik der Einheitsfront gegen den Faschismus durch die linke Sekte geschwächt wurde und sagte: „Alle bürgerlichen Parteien sind faschistisch, es gibt keine zwei Herrschaftsformen der Bourgeoisie, und es ist nicht Aufgabe der Kommunisten, die Überreste der bürgerlichen Demokratie zu verteidigen – das ist eine völlig falsche Auffassung.“ Solange wir nicht die bürgerliche Demokratie durch die proletarische Demokratie, die Diktatur des Proletariats, ersetzt haben, müssen wir die Massen auf den Sturz der Herrschaft des Kapitals vorbereiten und die bürgerliche Demokratie nutzen, um die proletarische Demokratie zu erringen.
Pieck wies darauf hin, dass sektiererische Auffassungen den Einfluss der kommunistischen Parteien schwächten und die Gewinnung der sozialdemokratischen Arbeiter für den gemeinsamen Kampf verhinderten. „Ohne diese sektiererischen Auffassungen auszurotten, können wir weder eine Einheitsfront mit den sozialdemokratischen Arbeitern bilden, noch können wir die Arbeitermassen, die den Kommunisten noch fernstehen, aber gemeinsam mit uns gegen Faschismus und Krieg, gegen die Angriffe des Kapitals, für ihre eigenen Teilforderungen und zur Verteidigung der Überreste der bürgerlichen Demokratie kämpfen, zu einer breiten Volksfront vereinen.“[21]
Die Schlussfolgerung aus den Diskussionen in der Komintern lautete, dass Marxisten den antifaschistischen Kampf mit dem Kampf für den Sozialismus verbinden sollten. Kapitalistische Ausbeutung und bürgerliche Staatsmacht konnten nur durch die sozialistische Revolution und den Aufbau des Sozialismus beseitigt werden. Wenn von einer systemischen Gegensätzlichkeit die Rede war, dann waren der Sozialismus und die revolutionäre Macht der Arbeiterklasse die Alternative zum Kapitalismus und zur bürgerlichen Diktatur (in welcher Form auch immer).[22]
Das Problem konnte jedoch nicht auf diese Festlegung des Endziels beschränkt werden. Die Formen der bürgerlichen Staatsmacht nicht zu unterscheiden, hätte bedeutet, der Arbeiterklasse die Möglichkeit zu nehmen, sich im Kampf um demokratische Rechte ‚zu schulen‘, und sie damit der Fähigkeit zu berauben, den Kampf für den Sozialismus erfolgreich fortzusetzen. Die Arbeiterklasse war die grundlegende und wichtigste Kraft im Kampf für den Sozialismus. Die Kräfte im Kampf gegen den Faschismus waren jedoch viel größer und ihre Vereinigung im Kampf für die Demokratie war eine Voraussetzung für den Erfolg dieses Kampfes.
Die Politik der Einheitsfront durfte weder auf die „Bildung eines Blocks” mit den sozialdemokratischen und liberal-reformistischen Parteiführern reduziert werden, die sich zum bürgerlichen Staat bekannten und dessen Polizeigewalt legitimierten – was bedeutet hätte, den Klassenkampf durch Kompromisse zu ersetzen –, noch durfte sie einen sektiererischen Ansatz verfolgen, der aufgrund der Kompromisse dieser Parteiführer mit dem Faschismus Sozialdemokratie und Faschismus gleichsetzte. Beide Abweichungen – erstere, die dem Faschismus faktisch die Macht verleiht, und letztere, die Arbeiter und Werktätige, die unter dem Einfluss sozialdemokratisch-reformistischer oder liberal-linker Politik stehen, mit den Führungen dieser Parteien und ihrer Politik gleichsetzt – müssen abgelehnt werden. Obwohl das bürgerliche Parlament und die bürgerlichen politischen Parteien die Funktion haben, die Massen an das System zu binden, und obwohl Wahlen und das allgemeine Wahlrecht unter den Bedingungen des Kapitalismus dazu dienen, die Volksmassen durch die bürgerlichen Parteien für die Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems zu gewinnen, lehnen Marxisten-Leninisten „sektiererisch-linke” Positionen ab, die keinen Unterschied zwischen faschistischem und bürgerlich-demokratischem Staat machen. Denn der Unterschied zwischen Faschismus und bürgerlich-demokratischer Diktatur lässt sich nicht auf die Existenz oder Nicht-Existenz des Parlaments und einiger anderer Institutionen beschränken. Das eigentliche Problem ist, ob die Volksmassen ihre demokratischen Rechte und Möglichkeiten nutzen können. Zwar haben die bürgerlich-demokratischen Institutionen und Formationen die Aufgabe, die Massen im Ausbeutungssystem zu halten, doch erschwert ihre Existenz der Kapitalpolitik, da sie den Massen die Möglichkeit geben, Druck auf die monopolistischen Gruppen der Bourgeoisie und ihre Vertreter auszuüben und die Widersprüche zwischen ihnen auszunutzen. Dies ist auch der eigentliche Faktor, der den Faschismus dazu treibt, die bürgerlich-demokratischen Möglichkeiten zu beseitigen.
EINIGE SCHLUSSFOLGERUNGEN
1. Was den Faschismus von den verschiedenen Formen des Monarchismus, Bonapartismus usw. Herrschaft unterscheidet, die in verschiedenen Epochen der Geschichte aufgetreten sind und sich durch intensive Unterdrückung und Gewalt auszeichnen, ist, dass er unter den Bedingungen des kapitalistischen Imperialismus eine Staatsform der monopolistischen Kapitalherrschaft ist. Seine Verbindung zum kapitalistischen Imperialismus und zum Finanzkapital führt jedoch nicht zu einer strukturellen Zwangsläufigkeit zwischen beiden. Der Faschismus ist nicht absolut unvermeidbar und kann durch Kampf verhindert werden.
2. Der Faschismus ist nicht das Ergebnis des Wettbewerbs bestimmter Monopolgruppen mit anderen Monopolgruppen und der Eskalation dieses Wettbewerbs bis zum Konflikt. Es ist jedoch möglich, dass bestimmte Monopolgruppen eine Verschärfung der politischen Reaktion und den Aufbau einer faschistischen Diktatur stärker anstreben als andere, während andere unter den „gegebenen Umständen” für die Fortsetzung der bürgerlichen Demokratie eintreten. Dies steht nicht im Widerspruch zur politischen Rückständigkeit der Monopole. Der monopolistische Kapitalismus und die kapitalistische Ausbeutung bilden die materiellen Grundlagen für die Fortsetzung des Wettbewerbs und der Interessenkonflikte auch unter faschistischen Bedingungen. Sie nähren die inneren Machtkämpfe der faschistischen Herrschaft und können, wie die Beispiele Italiens und Deutschlands zeigen, sogar zu Attentaten führen. Insbesondere in der Phase des Übergangs zum Faschismus oder bei der Verschärfung von Widersprüchen, die den faschistischen Machtapparat erschüttern, treten die Konflikte zwischen monopolistischen Gruppen und faschistischen Cliquen zutage.[23] Dieser Wettbewerb und diese inneren Konflikte machen zwar keine Monopole zur Kraft und Stütze im Kampf gegen den Faschismus, sie schwächen aber – wenn auch nur vorübergehend – den umfassenden Angriff des Kapitals auf die Arbeiterklasse und die Arbeiterbewegung.
Zwischen Faschismus und kapitalistischer Krise besteht kein unmittelbarer und zwingender Zusammenhang. Die Bourgeoisie kann ihre Herrschaft auch ohne den Übergang zum Faschismus aufrechterhalten, indem sie die Lasten der Krise auf die Arbeiterklasse abwälzt.
Wenn der Faschismus jedoch auf eine „zivile faschistische Bewegung”, eine Partei oder den Wechsel einer Regierung durch eine andere reduziert wird, wird die Funktion der Staatsmacht verschleiert, das Ausmaß der faschistischen Bedrohung und Gewalt unterschätzt und der Umfang des Kampfes gegen den Faschismus eingeschränkt. Der Faschismus kann Massen, die vor allem durch wirtschaftliche und soziale Bedingungen in Hoffnungslosigkeit gestürzt wurden, mit dem Versprechen, ihre Probleme zu lösen, in seine Gewalt bringen. Aufgrund dieser Politik der Ausbeutung und Instrumentalisierung kann der Faschismus jedoch nicht als „Diktatur der Kleinbourgeoisie” bezeichnet werden.
5. Der Faschismus ist nach innen aggressiv und brutal, nach außen expansionistisch, imperialistisch und kriegerisch. Die Rhetorik der „Mission der Nation als Retter und Ordner” ist das Mittel, mit dem die faschistische Politik und Ideologie die Massen für ihre Angriffe im In- und Ausland mobilisiert.
6. Der Faschismus ist weder stark noch schwach, weder abhängig noch imperialistisch, sondern entsteht in Abhängigkeit von inneren und internationalen Bedingungen sowie dem Stand der Klassenverhältnisse. Er ist nicht unvermeidbar. Entscheidend sind der Verlauf und das Niveau des Kampfes.
7. Der Sozialismus ist keine unabdingbare Voraussetzung für die Verhinderung oder Niederlage des Faschismus und faschistischer Diktaturen. Auch ohne Revolution können der Faschismus durch den sich entwickelnden Kampf der Volksmassen besiegt und bürgerlich-demokratische Rechte errungen werden. Beispiele dafür gibt es in Griechenland, Portugal, Argentinien, Chile und der Türkei. Das Problem besteht darin, „daß man es versteht, diese Taktik so anzuwenden, daß sie zur Hebung und nicht zur Senkung des allgemeinen Niveaus des proletarischen Klassenbewußtseins, des revolutionären Geistes, der Kampf- und Siegesfähigkeit beiträgt.“[24] Kommunisten betrachten den Kampf gegen den Faschismus aus einer revolutionären Perspektive und beschränken sich nicht auf reformistische Methoden und demokratische Formen. Was das Ergebnis sein wird, hängt natürlich vom Kräfteverhältnis ab.
Fußnoten:
[13] Enver Hoxha: „Eurokommunismus ist Antikommunismus“, Verlag Roter Morgen, 1980, S. 55 ff.
[14] Ein weiteres Land, in dem die antifaschistische Volksbewegung an Bedeutung gewann, war Griechenland. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Griechenland zuerst von Italien und dann von Deutschland besetzt. Der König und die Regierung flohen aus dem Land, während griechische Patrioten, Kommunisten und Demokraten unter der Führung der von ihnen gegründeten „Nationalen Befreiungsarmee“ gegen die Besatzer kämpften. Diese Zeit war auch geprägt von einem erbitterten Bürgerkrieg zwischen den reaktionären Kräften, die mit den Interessen der imperialistischen Kollaborateure verbunden waren, und den Kräften, die für die Unabhängigkeit Griechenlands und die Demokratie kämpften. Dieses Thema wird in einem separaten Artikel in dieser Ausgabe unserer Zeitschrift behandelt.
[15] Aus dem Türkischen: Dimitrov, G.: Geschichte der revolutionären Jugendbewegung Bulgariens (1999), 2. Auflage, übersetzt von O. Aydın, Evrensel Basım Yayın, Istanbul, S. 153 ff.
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[18] W. I. Lenin: „Die sozialistische Revolution und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen“, in: Lenin-Werke, Band 22, 1960, S. 145.
[19] W. I. Lenin: „Antwort an P. Kijewski“, in: Lenin-Werke, Band 23, 1975, S. 15.
[20] Aus dem Türkischen: Dimitrov, siehe oben, S. 75.
[21] Aus dem Türkischen: Debatten über den Faschismus in der Dritten Internationale, S. 152–153.
[22] Der Leser sollte beachten, dass das Problem hier nicht unter dem Gesichtspunkt der Formen der proletarischen Herrschaft, sondern unter dem Gesichtspunkt des antifaschistischen Kampfes behandelt wird.
[23] In der Türkei betrachtete die Koç-Kapitalistengruppe die Entwicklungen vor 1980 als gefährlich für das kapitalistische System und hielt die international eingeführten neoliberalen Politiken für vorteilhaft für ihre Interessen. Sie unterstützte die faschistische Diktatur der Generäle vom 12. September 1980 unterstützt. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Prioritäten gegenüber den politischen islamistischen Parteien sowie aufgrund von Konflikten mit rivalisierenden Kapitalgruppen, die mit Unterstützung dieser Parteien und ihrer Regierungen staatliche Mittel nutzten, unterstützte sie zumindest eine Zeit lang die despotische Herrschaft der AKP. Darüber hinaus unternahm sie Anstrengungen, oppositionellen politischen Kräften zu mehr Einfluss zu verhelfen.
[24] W. I. Lenin: „Der ‚Linke Radikalismus‘, die Kinderkrankheit im Kommunismus“, in: Lenin-Werke, Band 31, 1966, S. 60.